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Interview

Wir sind längst noch nicht da, wo der FC Bayern ist

Oliver Fritsch | Sonntag, 6. März 2005 Kommentare deaktiviert für Wir sind längst noch nicht da, wo der FC Bayern ist

Klaus Allofs mit Andreas Burkert & Klaus Hoeltzenbein (SZ 5.3.):
SZ: Wenn Sie die Spieler ziehen sehen, leidet da nicht Ihr Selbstwertgefühl?
KA: Ich weiß doch, wo ich meinen Vertrag unterschrieben habe, ich kenne die Rahmenbedingungen. Schlimm wäre es gewesen, wenn ich nach Ailtons Weggang hier Klose als Nachfolger vorgeschlagen hätte, und es hätte geheißen: Wir teilen die Auffassung, aber wir können es nicht, das Geld ist nicht da.
SZ: Die Bayern, von denen Sie selbst in dieser Woche erst behauptet haben, dass sie Ihre Bremer fürchten würden, haben solche Sorgen nicht.
KA: Wir sind längst noch nicht da, wo der FC Bayern ist. Auch wenn wir in den letzten Jahren große Sprünge gemacht haben, obwohl wir mit unseren Verpflichtungen sehr gut lagen. Besonders was die Champions League angeht, da sind die fehlenden Jahre nicht zu überspringen. Wenn wir uns aber weiterentwickeln wollen, sollten wir vielleicht manchmal ein bisschen bayern-mäßig spielen. Ein kleines bisschen wenigstens.
SZ: Was meinen Sie damit?
KA: Wir kennen ja fast nur eine Richtung: immer nach vorne.
SZ: Zur Freude des Publikums. Schon früher hieß es: Wenn das Flutlicht eingeschaltet wird, rennt Bremen los. Das scheint der Grundcharakter geblieben zu sein, auch unter Thomas Schaaf: Der einstige Verteidiger lässt stürmen.
KA: Das wollen wir auch nicht ändern. Aber zum Beispiel zuletzt beim 4:0 gegen Bochum: Da kommt es bei den Bayern nicht vor, dass der Gegner in der letzten Viertelstunde noch zweimal alleine aufs Tor zuläuft. Ich fände es auch gut, wenn man mal sagt: So, jetzt machen wir den Sack zu! Jetzt lassen wir die anderen laufen. Andererseits ist es natürlich auch toll, wenn die Spieler sagen: Weiter so, mein Dienst ist noch längst nicht beendet für heute.

Den Gebührenzahler zahlen zu lassen, finde ich vermessen

Willi Lemke mit Kai Niels Bogena (Welt 5.3.)
Welt: Wie beurteilen Sie den Finanzskandal um die Borussia? Muß die DFL ihr Lizenzierungsverfahren verschärfen?
WL: Nein, aber die Auflagen müssen genau eingehalten werden – nämlich für alle gleich. Ich kann mich erinnern, daß wir mit Werder vor etwa 20 Jahren mit dem Bus zu einem Benefiz-Turnier nach Dortmund gereist sind, weil es denen zu diesem Zeitpunkt finanziell auch sehr schlecht ging. Unsere Einnahmen haben wir damals deshalb in Dortmund gelassen. Daran wurde ich in den letzten Jahren häufig erinnert, als die Borussia den einen oder anderen Supertransfer getätigt und wenig auf das Geld geachtet hat. Da habe ich immer gesagt: irgendwann fahren wir mit dem Bus wieder nach Dortmund.
Welt: Wie muß die DFL mit dem Klub jetzt umgehen?
WL: Ich hoffe und bin mir sicher, daß der Lizenzierungsausschuß jetzt keine Lex Dortmund macht, denn ein Klub wie der BVB hat natürlich eine gewisse Lobby. Aber bei der DFL arbeiten ehrenwerte Leute, die nicht zwischen einem kleinen Klub und Borussia Dortmund unterscheiden werden. Das ist auch durch die Öffentlichkeit sichergestellt, die jetzt ganz genau hinsieht, was dort passiert.
Welt: Bei Werder wäre solch ein Finanzdesaster undenkbar?
WL: Solange meine Kollegen in der Geschäftsführung und ich im Aufsichtsrat irgend etwas zu sagen haben, wird so bei uns nicht gewirtschaftet werden. Unsere Fans können sich auf uns verlassen.
Welt: Uli Hoeneß sprach sich kürzlich dafür aus, bei den anstehenden Verhandlungen über einen neuen TV-Vertrag 500 Millionen Euro herauszuschlagen zu wollen. Wenn nötig, sollten dafür sogar die Gebühren für ARD/ZDF erhöht werden. Teilen Sie seine Ansicht?
WL: Es ist zunächst absolut positiv, über das Fernsehen mehr Geld einzunehmen. Aber es vom Gebührenzahler bezahlen zu lassen, finde ich vermessen. Der Weg, es über Pay-TV zu machen, ist viel vernünftiger, weil so jeder selbst entscheidet, ob er sich das leisten kann. Der kleine Mann darf nicht dafür zur Kasse gebeten werden. Ich könnte mir vorstellen, daß durch den Börsengang von Premiere eine deutlich bessere Ausgangssituation entsteht, um zu neuen Verhandlungsergebnissen zu kommen.

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