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Ball und Buchstabe

Hoyzer-Rucksack

Oliver Fritsch | Dienstag, 8. März 2005 Kommentare deaktiviert für Hoyzer-Rucksack

Michael Jahn (BLZ 8.3.) erklärt die schlechten Schiedsrichterleistungen vom Bundesliga-Sonntag: „Man darf davon ausgehen, dass die zum Teil katastrophalen Auftritte der Referees Nachwirkungen des Manipulationsskandals sind. Wenn sie in die Stadien einlaufen, tragen sie unsichtbar den Hoyzer-Rucksack mit sich.“

Kulanz der Fans hört auf

„Manuel Gräfe verhängt in Nürnberg drei Strafstöße – und liegt dreimal daneben“, klagt Boris Herrmann (SZ 8.3.): „Die Kulanz der Fans mit den Schiedsrichtern hört bei der ersten Fehlentscheidung gegen die eigene Mannschaft auf. Gräfe hat bei seinen Einsätzen besondere Stresssituation auszuhalten. Gemeinsam mit den Kollegen Lutz Michael Fröhlich, Felix Zwayer und Olaf Blumstein hatte er beim DFB gegen Robert Hoyzer ausgesagt und wurde zunächst sogar selbst verdächtigt, in die Spielmanipulationen verwickelt zu sein. Bei aller gebotenen Rücksicht muss sich Gräfe vorhalten lassen, dass er den Zuschauern im Frankenstadion zu viele Gelegenheiten bot, ihren Unmut auszuleben.“

Schonzeit vorbei

Da hilft auch keine Werbekampagne, stellt Thomas Klemm (FAS 6.3.) fest: „Die Schonzeit für die Schiedsrichter ist vorbei. Hielten sich Fans und Vereine unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Skandals mit öffentlicher Kritik zurück oder zeigten sich sogar solidarisch mit den Unparteiischen, so entdeckten sie in den vergangenen Wochen die Referees wieder als Buhmänner. Für Rückschläge im Wettstreit um internationale Startplätze machten Bundesligaklubs die Unparteiischen ebenso verantwortlich wie für Tiefschläge im Abstiegskampf. (…) Die grüne Karte der Sympathie werden die Schiedsrichter auch so schnell nicht wieder sehen.“

Schieds- und Linienrichter sind dazu verdammt, die einzig Dummen zu sein

Klaus Hoeltzenbein (SZ 8.3.) befürwortet den Videobeweis: „Ein Beispiel, wie es anders geht: Im American Football ist der Videobeweis erlaubt. Jede Mannschaft darf zwei Mal pro Halbzeit einen Schiedsrichter-Beschluss anfechten, binnen 90 Sekunden muss entschieden sein, ob der Pfiff bestätigt oder widerrufen wird. Das muss nicht als Modell für den Fußball taugen, nur hat sich in den USA gezeigt, dass Videobeweise helfen können, ein schneller, athletischer, raffinierter werdendes Spiel und seine Schauspieler fairer zu beurteilen. Für den Fußball hat Joseph Blatter gerade erst sein Dekret erlassen: So lange er im Amt ist, werde über den Videobeweis nicht einmal diskutiert. Somit bleibt’s beim Theater nach historischen Regeln. Schieds- und Linienrichter sind dazu verdammt, die einzig Dummen zu sein. Und das Volk ruft: teert und federt sie!“

Jan Christian Müller (FR 8.3.) stimmt ein: “Derzeit machen nur die Ersatzspieler, Trainer und Manager am Spielfeldrand davon Gebrauch, vermehrt auch die Fans per Videotafel und bald dann via Handy. Eines nicht allzu fernen Tages gibt es dann nur noch drei Blöde im Stadion: die beiden mit der Fahne und der mit der Pfeife.“

Büßerrolle gleich Heldenrolle

Das Streiflicht (SZ 8.3.) erspürt instinktsicher Analogien: „Das war gut, Schiedsrichter, ja, das war toll! Vor allem, weil Gagelmann nicht den Versuch unternahm, seine fußballhistorische Schuld auf den Assistenten Glindemann abzuschieben – obwohl dessen Fahne doch deutlich größeren Anteil am Skandal hatte als Gagelmanns Pfeife. (…) Die Tugend der Stunde ist die Tugend der Zerknirschung. Die Kunst der Stunde ist die Kunst der Selbstbezichtigung. Wer dachte beim Anblick des wackeren Gagelmann nicht sogleich an den reumütigen Selbstbezichtiger Fischer, dem der Auftritt freilich erst beim zweiten Versuch gelang? Beim ersten hatte er noch die Linienrichter, die Fähnchenschwenker, die Glindemanns des Auswärtigen Amts für seine Fehlentscheidungen in Mitverantwortung genommen. Jetzt aber findet er langsam in die Pose der Demut, in die Rolle des Büßers hinein, und er wird sie demnächst, da darf man sicher sein, zur Heldenrolle machen. Denn wenn die Deutschen erst erkennen, welch ein totaler Versager ihr Fischer ist, werden sie ihn wieder lieben, vermutlich bis zur Raserei. Weil ein zerfurchter und zerknirschter Fischer, der zu seinen Fehlern steht (und zwar in Zeitlupe!), einfach noch mehr Sexappeal hat als ein dreister und feister. Da kann der Untersuchungsausschuss so viele Tore schießen, wie er will – zählen wird keines!“

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