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Confed-Cup

Stabilität

Oliver Fritsch | Mittwoch, 22. Juni 2005 Kommentare deaktiviert für Stabilität

Stefan Osterhaus (NZZ 22.6.) berichtet vom 2:2 Deutschlands gegen Argentinien: „Ungewöhnlich hoch war das Tempo innerhalb der ersten halben Stunde, die die Deutschen als das engagiertere Team auswies. (…) Dass Timo Hildebrand sich nicht ein Mal durch energische Interventionen auszeichnen musste, verdeutlicht, dass die Mannschaft Klinsmanns allmählich an jener Stabilität gewinnt, die noch in den letzten Matches schmerzlich vermisst wurde.“

mehr über das 2:2 zwischen Deutschland und Argentinien: morgen

Deutsche Tugenden

„Mexiko ist die Entdeckung des Turniers“, schreibt Frank Heike (FAZ 22.6.): „Seit der Argentinier La Volpe im Oktober 2002 den Posten des mexikanischen Nationaltrainers angenommen hat, zeigen die Mittelamerikaner einen dynamischen, laufintensiven, gut organisierten Fußball, der nicht zu verspielt und dabei nicht auf Zerstörung ausgelegt ist. Insofern paßt das Etikett „die Griechen Mittelamerikas“ nicht, das mancher Betrachter dem Team nach dem 1:0 gegen Brasilien anheftete. (…) Ihre Taktik erfordert Mannschaftsgeist, Unterordnung, enorme Laufstärke und viel Leidensfähigkeit, auch noch in der 90. Minute aufzurücken und Bälle abzufangen. Man könnte fast sagen: deutsche Tugenden. Daß die Mexikaner auch ballsicher sind und ihn ungern wieder hergeben, ist altbekannt.“

Modern

Thomas Kilchenstein (FR 22.6.) fügt hinzu: „Mexiko spielt modern und laufintensiv, die Spieler sind ballsicher – auch die Verteidiger. Die ganze Mannschaft ist ständig in Bewegung. Sie verteidigt, falls nötig, auch mal mit acht, neun Mann, attackiert oft zu zweit oder zu dritt den ballführenden Gegenspieler.“

Dr. Roque und Mister Junior

Christoph Biermann (SZ 22.6.) beschreibt die zwei Gesichter Roque Juniors, Abwehrspieler in Brasilien und Leverkusen: „In der Saison nach dem Titelgewinn Brasiliens in Yokohama war Roque Junior beim AC Mailand nur vier Mal eingesetzt worden. Einen Sommer später wurde er an Leeds United ausgeliehen und ist seitdem in England unvergessen – als Witzfigur. „Selbst in der schlechtesten Defensive von Leeds aller Zeiten, schaffte Roque Junior es noch herauszustechen“, spottete der Guardian. So spielte er in nur sieben Partien für Leeds, erlebte dabei 25 Gegentore und kehrte unter großem Gelächter des englischen Publikums nach Italien zurück. Dass Roque Junior später sagte, „das Höllentempo in England“ habe ihm „gefallen“, dürfte also zu den größeren Verdrängungsleistungen des internationalen Fußballs gehören. Zurück in Italien wurde der Mann mit dem Erscheinungsbild eines Funkmusikers der siebziger Jahre an den AC Siena ausgeliehen, wo er auch nur fünf Partien absolvierte. (…) In Leverkusen wird erzählt, dass sich brasilianische Spieler immer wieder danach erkundigen würden, ob ihre Einsätze im Klub live in der Heimat gezeigt würden. Es gehört nicht viel detektivisches Geschick zu der Vermutung, dass Roque Junior dazu gehört. Der 44-malige Nationalspieler ist nämlich ein Dr. Roque und Mister Junior: auf internationaler Bühne hui, auf nationaler Bühne na ja. In der Seleçao blieb er auf diese Weise aber trotz eines Platzes auf der Ersatzbank in Mailand, trotz Pleiten, Pech und Pannen in Leeds und trotz nicht unbedingt spektakulärer Leistungen in Leverkusen eine unverrückbare Säule.“

Dieser Trainer hat was

Japan und Zico, wie passt das, Roland Zorn (FAZ 22.6.)? „Vielleicht ist es das langlebige Überlegenheitsgefühl des einstigen Souveräns am Ball, das die ihn scharenweise umschwirrenden japanischen Reporter manchmal schaudern läßt. Wer vertraut sich schon einem oft Unnahbaren und lange Unerreichbaren an? Deshalb klagen sie in Japan bei scheinbar günstiger Gelegenheit halblaut über angebliche taktische Defizite Zicos. Doch alles Gejammer stößt sich an der Wirklichkeit, mit der Zico locker Pluspunkte sammelt: Er ist mit Japan 2004 Asienmeister geworden, hat mit seiner Mannschaft 2005 als erster die WM-Qualifikation geschafft und spielt auch beim Confed Cup eine kleine Hauptrolle. Ein Sieg über Brasilien, und alle Welt würde über Zico und sein Team reden. (…) Dieser Trainer, kein Zweifel, hat was – gerade weil er sich nicht in die Karten gucken läßt. Vor allem eines verkörpert Zico zum Nutzen seines Teams beispielhaft: unerschütterliches Selbstbewußtsein.“

Wie jetzt? Tore schießen? Geht das?

Japan und Zico, das passt ganz hervorragend, findet Christof Kneer (SZ 22.6.): „So ist das also, wenn der brasilianische Trainer einer japanischen Nationalmannschaft bei einem Turnier in Deutschland Fragen beantworten muss: Ein Deutscher fragt. Ein anderer Deutscher übersetzt ins Japanische. Ein Japaner übersetzt ins Portugiesische. Dann antwortet Zico, und dann geht die Reise von Brasilien über Japan zurück nach Deutschland. Es gehört seit jeher zur Folklore eines solchen Turniers, dass Pressekonferenzen doppelt so lange dauern, aber halb so viel bringen. Man könnte immerhin herrliche empirische Studien darüber erstellen, wie sich simple Fragen auf ihrer Reise durch die Kontinente mit gefühlter Bedeutung aufladen, weil Sind-sie-mit-dem-Ergebnis-zufrieden auf Japanisch noch geheimnisvoller klingt als auf Portugiesisch. Aber im Falle von Zicos Japan sind solche Pressekonferenzen mehr als nur eine flotte Marginalie. Sie sind wahrer als alle anderen Pressekonferenzen bei diesem Turnier, weil sie eine Fortsetzung des Spiels mit anderen Mitteln sind. So wie diese Pressekonferenzen gehen, so ungefähr spielt Japan auch. Es geht hin und her und her und hin, und am Ende springt nicht viel dabei heraus. Der Japaner hat schon viele Dinge erfunden, aber die Effizienz gehört nicht dazu. (…) Wie jetzt? Tore schießen? Geht das?“

Druck im Verein, Druck im Nationalteam

Ralf Weitbrecht (FAZ 22.6.) schildert den Karriereknick Angelos Charisteas’: „Es läuft derzeit wenig rund. Seit seinem Weggang aus Bremen sind bei seinem neuen Arbeitgeber Ajax Amsterdam die zündenden Momente bislang ausgeblieben. In 15 Spielen erzielte er fünf Tore; zudem wird Charisteas bei seinen Angriffsbemühungen immer noch an seinem schwedischen Vorgänger Zlatan Ibrahimovic gemessen. Druck im Verein, Druck auch im Nationalteam. Als Europameister trägt auch Charisteas an der Bürde, im vergangenen Jahr eine Sternstunde erlebt und geradezu Märchenhaftes erreicht zu haben. Der unverhoffte Erfolg aber hat neue Begehrlichkeiten und Hoffnungen geweckt, die aktuell beim Confederations Cup bitterlich enttäuscht worden sind.“

FR: Kritik der griechischen Presse an Otto Rehhagel

FAZ: Riquelme – Meister in der Kunst des Nötigen

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