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Internationaler Fußball

Freier Fall

Oliver Fritsch | Donnerstag, 11. August 2005 Kommentare deaktiviert für Freier Fall

Dirk Schümer (FAZ 11.8.) beschreibt Italien vor der Saison: „Wie soll im Hickhack von Richtern, Präsidenten und Funktionären der normale Tifoso noch den Überblick behalten? Wie sollen sich Spieler, die momentan meist in den alpinen Trainingslagern abwarten, professionell auf eine Saison vorbereiten, wenn sie – wie der an Genoa ausgeliehene Nationaltorwart Abbiati – noch nicht einmal wissen, bei welchem Klub sie antreten werden? Daß knapp die Hälfte der Erstligavereine noch keinen Vertrag über die Pay-TV-Rechte abgeschlossen hat, weil der Sender Sky die Tantiemen um rund dreißig Prozent zu kürzen beabsichtigt, ist da nur noch ein weiteres Indiz für den freien Fall, in dem sich Italiens Fußball gesellschaftlich und ökonomisch befindet. Während Großklubs wie Inter und AC Mailand wie immer aus der milliardenschweren Kasse ihrer Präsidenten finanziert werden und wenigstens Juventus Turin sich mit solidem Haushalten maßgeblich aufs internationale Geschäft konzentriert, bricht im hinteren Mittelfeld die Substanz des Spielbetriebs langsam, aber sicher weg. Nun rächt sich auch, daß der italienische Fußball über Jahre zum Spielcasino obskuren Geldes geworden ist. Das zeigt nicht nur der Fall Genoa, das juristisch eigentlich auf den Antillen spielen müßte. Sogar frühere Meister wie AS und Lazio Rom oder Parma werden nun von Banken kontrolliert, nachdem Finanzjongleure und Bankrotteure über Jahre undurchsichtige Geschäfte mit Spielerbeinen gemacht haben; traditionsreiche Klubs wie Florenz, Venedig, Perugia wurden planmäßig in die Pleite gewirtschaftet.“

Aderlass

Thomas Roser (NZZ 11.8.) sorgt sich um Polens erste Liga: „Die grossen Namen des europäischen Fussballs gastieren in Polen fast nur noch für Freundschaftsspiele oder die lästige Qualifikation für die Champions League. Für polnische Klubs sind die Auftritte auf der internationalen Bühne trotz gelegentlichen Überraschungserfolgen meist vor der Winterpause wieder vorbei. Mit 38 Millionen Einwohnern ist das Land zwar ähnlich gross wie Spanien. Doch trotz dem enormen Potenzial kann sich die schwache Ekstraklasa weder wirtschaftlich noch sportlich mit den Ligen West- oder Südeuropas messen. Dabei zählen Legia Warschau und Wisla Plock noch zu den besser gepolsterten Vereinen in Polens chronisch unterfinanziertem Profifussball. Denn dieser teilt sich in eine mit begrenzten Mitteln operierende, aber von kapitalkräftigen Unternehmen gesponserte Spitzengruppe und das grosse Feld der von dubiosen ‚Investoren’ geführten Habenichtse. (…) Die relativ guten Auftritte von Polens Nationalteam in der WM-Qualifikation haben das Auslandsinteresse an den heimischen Spitzenspielern erhöht, den Aderlass der Ekstraklasa aber beschleunigt.“

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