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Internationaler Fußball

Charakter abhanden

Oliver Fritsch | Samstag, 3. September 2005 Kommentare deaktiviert für Charakter abhanden

Raphael Honigstein (SZ 3.9.) erläutert Sven-Göran Erikssons schweren Stand in England: „Was die Resultate angeht, muss sich der Schwede wenig vorwerfen lassen. Dennoch hat Erikssons Popularität einen historischen Tiefstand erreicht. In den von seinen endlosen Interview-Banalitäten frustrierten Medien ebenso wie an der Basis. Die anfängliche Anerkennung für seine modernen, mit vielen urenglischen Eigentümlichkeiten aufräumenden Methoden ist der Sorge gewichen, dass der Mannschaft unter der Leitung des skandinavischen Poesieliebhabers der Charakter abhanden gekommen sei. England ist seit 1966 an Niederlagen gewöhnt. Doch diese müssen zumindest glorreich und heroisch sein, keine müden Kapitulationen wie bei der WM 2002 in Japan und Korea oder der EM 2004 in Portugal. Auf dem Papier hat England die beste Mannschaft seit vierzig Jahren, das Team scheint aber in Erikssons Strategie gefangen zu sein, es verteidigt tief und versucht viel zu früh, Vorsprünge zu verwalten. Das Feuer ist erloschen. Und schlimmer noch: Der Stolz ist weg. Freundschaftsspiele hatten die Engländer stets ernster genommen als andere, bis Eriksson sie mit Auswechslungsorgien ad absurdum führte. Was der Schwede unter Professionalität versteht, kritisiert das Fußballland als fehlenden Patriotismus.“

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Schöne Vorstellung

Das Streiflicht (SZ 3.9.) ist desillusioniert: „Gerade wird gemeldet, das Fußballnationalteam Botswanas gelte als verschollen. Die Mannschaft hätte in Madrid gegen die B-Elf von Real spielen sollen. Die Fußballer aus Botswana waren tatsächlich in Madrid, allerdings kamen sie nur bis zum Fanshop und ins Museum von Real. Danach waren sie verschwunden, das Spiel fiel aus. Es ist eine schöne Vorstellung, jeder Nationalspieler Botswanas hätte sich im Fanshop ein Trikot von David Beckham gekauft und wäre derart verkleidet untergetaucht, im Gewusel einer großen Stadt, in der sowieso jeder Zweite in einem Real-Trikot rumläuft. Man hätte dem Ganzen einen romantischen Gedanken abgewinnen können. Wenn alle Menschen gleich aussehen, weil sie das gleiche Trikot tragen; wenn eine Gruppe mir nichts, dir nichts in einer anderen aufzugehen vermag – dann beweist das doch, wie gleich Afrikaner und Europäer tatsächlich sind. Die Hintergründe der ‚Verschollenheit’ (Duden) der Nationalmannschaft von Botswana sind aber wohl andere. Während die Mannschaft in Madrid noch gesucht wird, berichtet die botswanische Zeitung Mmegi in ihrer aktuellen Ausgabe, das Ganze sei ein Boykott. (…) Kaum ein Mensch bleibt verschollen, auch kaum eine Wahrheit. Meist ist es eh dieselbe: Es geht sowieso nur ums Geld.“

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