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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Torwartjäger

Oliver Fritsch | Donnerstag, 8. September 2005 Kommentare deaktiviert für Torwartjäger

Ein Torwart der Nummer 9 – eine Frechheit, empört sich das Streiflicht (SZ 8.9.): „Es überrascht nicht, dass Jens Lehmann, der sehr geschickt darin ist, das Falsche zu sagen und zu tun, auch diesmal danebengelangt hat. Die 9 ist die Nummer der Stürmer. Die ewig angreifenden, bombenden, vollstreckenden Torjäger sind die natürlichen Feinde des ewig abwehrenden Torwarts, und sich als Torwart wie ein Stürmer anzuziehen ist so, als würde sich ein Hase ein Fuchsfell überstülpen und damit die ohnehin gespannte Beziehung zwischen Hase und Fuchs zusätzlich belasten. Die Stürmer schießen längst zurück. ‚Schade, dass immer mehr mit Traditionen im Fußball gebrochen wird’, klagt Uwe Seeler, Nummer 9. ‚Die 9 gehört nun mal einem Torjäger’, schimpft Dieter Hoeneß, Nummer 9. ‚Die Beleidigung lassen wir uns nicht gefallen’, wütet, in der Bild-Zeitung, Hans Krankl, Österreichs wahre Nummer 9 und derzeit Nationaltrainer. Gerade ist er mit seiner Mannschaft in Aserbaidschan, aber Aserbaidschan ist nicht weit. Schon morgen um 9 wird er zurück sein und, wie er sagt, ‚die großen Helden des Weltfußballs organisieren’, gegen Jens Lehmann. Die großen Helden des Weltfußballs werden mit ihm nicht zimperlich umgehen. Sie wollen die 9. Sie wissen, wo das Tor steht. Sie wissen, wo der Torwart steht. Sie werden blitzschnell reagieren, das haben sie gelernt. Sie werden ihn jagen, sie sind Torjäger. Torwartjäger. Jäger der verlorenen Zahl.“

BLZ: Dank Lukas Podolski gewinnt die deutsche Auswahl 4:2 gegen Südafrika

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Bildstrecke Spieltag/WM-Qualifikation, faz.net

Politische Schlangengrube

Thomas Scheen (FAZ 8.9.) kommentiert George Weahs Kandidatur für das Amt des Präsidenten Liberias: „Warum, um Gottes Willen, sucht einer, der mit 38 Jahren, einem Vermögen von etlichen Millionen Dollar und einem französischen Paß in der Tasche die angenehmen Seiten des Lebens genießen könnte, seine Zukunft in der politischen Schlangengrube Liberia? Denn Weahs Heimat ist nicht irgendein Land. In Liberia ballt sich alles, was schlecht ist in Afrika: Bürgerkrieg ohne Ende, Grausamkeiten jenseits aller Vorstellungskraft, Hunger, Seuchen, Diamantenschmuggler und Waffenschieber; ein Land, das bis zum Sturz von Präsident Charles Taylor vor zwei Jahren von einer Clique regiert wurde, die sich als Generalstabschef der Armee einen 28 Jahre alten ehemaligen Kindersoldaten mit besonderem Hang zur Grausamkeit hielt. Einer von der Sorte, die ihr Territorium mit den abgeschlagenen Köpfen seiner Gegner zu markieren pflegte. Ein Land, in dem nur noch die wenigsten Häuser ein Dach auf dem Giebel haben, die Strommasten gefällt sind und das Kupfer der Drähte verkauft, wo es kein fließendes Wasser gibt und kaum medizinische Versorgung. Weah sagt, sein politisches Engagement sei ‚Gottes Wille’ und nebenher der Wunsch von Nelson Mandela. (…) Tatsächlich ist der frühere Stürmerstar einer der wenigen zu Reichtum gekommenen Liberianer, die ihre Heimat nicht vergessen haben.“

Hintergrund-Links zum Thema Weah:

liberiansoccer.com
NYT

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