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Interview

Ich halte diesen Vertrag für politisch grenzwertig

Oliver Fritsch | Dienstag, 13. September 2005 Kommentare deaktiviert für Ich halte diesen Vertrag für politisch grenzwertig

Karl-Heinz Rummenigge mit Elisabeth Schlammerl (FAZ 13.9.)
FAZ: Sie haben großen Widerstand gegen den neuen Fernsehvertrag der Champions League angekündigt, dagegen, daß die deutschen Spiele von der nächsten Saison an ausschließlich live beim Pay-TV-Sender Premiere zu sehen sind.
KHR: Ich halte diesen Vertrag für politisch grenzwertig, wenn alle Rechte ins Pay-TV wandern, und außerdem ist die Höhe der Zahlung nicht so, daß man so einen Zirkus veranstalten muß. Bei einer Sitzung der Uefa habe ich meinem Ärger Luft gemacht und deutlich gesagt, daß wir in Zukunft in solche Entscheidungen eingebunden werden wollen, denn wir sind Mitinhaber dieser Rechte. Es wird wohl großzügig ein deutsches Spiel pro Klub in der Gruppenphase im Free-TV angeboten. Das ist immerhin ein erster Schritt. Ob es der letzte ist, muß man mal abwarten.
FAZ: Aber der FC Bayern fordert seit Jahren höhere Fernsehgelder, weil sich der Klub benachteiligt sieht im Vergleich zu Spanien, Frankreich, Italien oder England, wo viel höhere Summen gezahlt werden. Ist das nicht ein Widerspruch?
KHR: Man muß festhalten, daß die Summen in diesen Ländern deshalb höher sind, weil sie keine monopolistische Kultur haben. Aber es ist natürlich ein Witz, daß die französische Liga, die nicht unbedingt besser ist als die Bundesliga, das Doppelte bekommt. Trotzdem muß man diese Themen mit großer Sensibilität angehen und nicht mit dem Fallbeil.
FAZ: Gut möglich, daß auch bei der Vergabe der Bundesliga-Rechte Premiere den Zuschlag bekommt.
KHR: Natürlich müssen wir alle mehr Geld haben, um international im Transfermarkt wettbewerbsfähiger zu werden, aber es geht nicht allein ums Geld, es geht darum, den Wünschen der Fans gerecht zu werden. Ich bin felsenfest überzeugt, daß die DFL dieses Thema intelligenter und mit mehr Sensibilität behandelt als es die Uefa getan hat.
FAZ: Aber das Free-TV stößt offensichtlich an seine finanziellen Grenzen. Ist die Konsequenz also, sich doch mit weniger Geld zufriedenzugeben?
KHR: Natürlich will keiner mehr Geld zahlen, und wir wollen mehr Geld haben. Aber man darf nicht außer acht lassen, daß das Sponsoring in der Bundesliga aktuell wichtiger ist. Das Sponsoring bringt im Moment viel mehr Geld ein als die Fernsehrechte. Die gesamte Bundesliga ist daran interessiert, daß ihre Sponsorpartner weiter einem Millionenpublikum zugänglich gemacht werden. Wir werden kluge Entscheidungen fällen müssen, um uns bei diesem Spagat nicht zu verletzen.

Rummenigge versteht nicht, wie das Geschäft läuft

Lars-Christer Olsson, Uefa-Generaldirektor, mit Martin Henkel (Welt 13.9.)
Welt: Karl-Heinz-Rummenigge hat die Uefa nach der Vergabe der TV-Rechte für die Champions League 2006 bis 2009 an Premiere als Diktator bezeichnet. Ist das für Sie nachvollziehbar?
LCO: Persönlich getroffen hat mich das nicht. Aber nachvollziehbar? Nein.
Welt: Deutschlands Branchenkrösus befürchtet, daß Premiere die Bayern-Spiele dazu benutzen wird, mehr Kunden zu locken. Die Klubs dagegen büßen ohne Präsenz im Free-TV Sponsorengelder ein.
LCO: So funktioniert das seit Jahren auch schon in anderen Ländern. Und wenn ich mich korrekt erinnere, dann hat Bayern München vor Jahren schon darauf gedrängt, ihre Spiele nur noch im Pay-TV zeigen zu dürfen. Ich bezweifle, daß Bayern München daraus das Recht ableiten kann, mich zu kritisieren.
Welt: Können Sie Rummenigge verstehen?
LCO: Kann ich. Aber Bayern München verdient viel Geld durch die Champions League. Das ist ein Wettbewerb mit gleichberechtigten Teilnehmern, die alle auf die gleiche Art verdienen und ausgebeutet werden. Es kann nicht sein, daß ein Klub ausschert und meint, er brauche Sonderrechte.
Welt: Bayern befürchtet weniger Werbeeinnahmen.
LCO: Vielleicht ist das so. Aber alle Champions-League-Spiele werden in 227 Länder übertragen. Wie kann man sich besser weltweit präsentieren? Vielleicht verlieren sie einige Werbpartner in Deutschland, der Gewinn an Popularität im Ausland dagegen ist enorm und um einiges größer als im deutschen Binnenmarkt. Wir haben einen exklusiven Kreis an Werbepartnern, die sehr viel Geld bezahlen. Und dieser Kreis wächst und somit auch der Anteil der Bayern am Gewinn.
Welt: Rummenigge wirft der Uefa vor, sie hätte vor der Vergabe nicht mit dem Klub-Forum gesprochen.
LCO: Ich denke, Herr Rummenigge versteht nicht, wie das Geschäft läuft. Wir schreiben öffentlich aus, erhalten drei, vier Angebote und dann wird das beste ausgewählt. Wieso sollten wir jeden einzelnen um Erlaubnis fragen? Unsere Aufgabe besteht darin, soviel für die europäischen Klubs herauszuschlagen wie möglich. Also entscheiden wir uns für das gewinnbringendste Angebot.

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