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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Internationaler Fußball

Korruption, Gewalt, Rechtsbruch

Oliver Fritsch | Mittwoch, 19. Oktober 2005 Kommentare deaktiviert für Korruption, Gewalt, Rechtsbruch

Italiens Fußball scheint nachhaltig Schaden zu nehmen. Die Berichte über die Skandale der Serie A, Korruption, Gewalt, Rechtsbruch, Oligarchie etc., lesen sich heute anders als noch vor einem Jahr. Damals belächelten viele Autoren die „italienische Folklore“, heute sorgen sie sich heute um die Zukunft des Calcio. Drei von vielen Symptomen: deutlicher Zuschauerschwund in den Stadien, Alterung der Fans und „Entsportlichung“.
In England fürchtet man eine dauerhafte Dominanz Chelseas. Sein berechnender Stil wiederspricht englischer Fußballromantik.

Fussball ist der veraltete Sport eines überalterten Landes

Peter Hartmann (NZZ) schreibt über Italiens Fußball, seinen Wert und seine Inszenierung: „Die Zuschauerzahlen der Serie A sinken seit 1992 kontinuierlich: Von damals durchschnittlich 34 200 auf 24 900. Das hängt gewiss auch mit der Verwässerung durch die Aufstockung auf zwanzig Mannschaften zusammen und damit, dass Klubs wie Napoli, Genoa und Torino abgestürzt sind. Nur noch etwa 10 Prozent der Einnahmen stammen aus den Eintritten, die Erlöse aus den TV-Rechten sind auf 54,3 Prozent gestiegen, deshalb ist es auch sinnlos, den Einfluss des Fernsehens zu verteufeln. Pay-per-view-Angebote sind wie Peep-Shows: Mit fünf Euro ist man bei Murdochs Sky-Satelliten-Programmen ebenso dabei wie bei den terrestrisch verbreiteten Sendern La7 von Telecom Italia oder bei Berlusconis Mediaset. Dieser Markt wächst, mittlerweile schalten sich 12 Millionen Kunden zu. Der postmoderne Fussball der Beckhams und Ronaldinhos ist ein dramaturgisch zerdehntes Schauspiel mit eingestreuten Werbeschnipseln, dessen Unmittelbarkeit aufgehoben wird durch unzählige Wiederholungen. Es ist ein anderes Spiel. Deshalb greift die italienische Sinnkrise viel tiefer: Dem Calcio läuft die Jugend davon. ‚Der alte Mechanismus, dass sich die Liebe zum Fussball von den Vätern auf die Söhne überträgt, scheint gebrochen’, mutmasst La Repubblica. ‚Fussball ist der veraltete Sport eines überalterten Landes.’ (…) Der Held der italienischen Jugend ist der Motorradkünstler Valentino Rossi. Die Kinder spielen Basketball, und am Fernsehen amüsieren sie sich mit Wrestling-Shows und kaufen 25 Millionen Bildchen von Eddie Guerrero und Rey Misterio und nicht mehr die Albumfotos von Totti und Vieri.“

Respekt ja, Bewunderung nein

Christian Eichler (FAS) nennt den Vorbehalt gegen Chelsea: „Wenn Chelsea wenigstens ein wenig was fürs Fußballherz täte, ein bißchen Ballzauber böte. Aber es ist wohl kein Zufall, daß in der Londoner Weltauswahl mit mindestens 13 Spielern, die für die WM 2006 in Deutschland qualifiziert sind, kein einziger Brasilianer spielt. Ungerührt wie jeden gegnerischen Angriff hat Chelsea den Vorwurf gekontert, ‚langweilig’ zu spielen. Trainer Jose Mourinho forderte nach dem 4:1-Sieg in Liverpool von den Stilkritikern den fälligen ‚Respekt’ ein. Respekt verdienen sie auch. Bewunderung oder gar Begeisterung aber ist etwas anderes. Zu kalt, zu klinisch beherrscht Mourinhos Team Ball und Gegner.“

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