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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

WM 2006

Mafioso-Mienen

Oliver Fritsch | Samstag, 10. Dezember 2005 Kommentare deaktiviert für Mafioso-Mienen

Fifaismus – wenn die Redakteure der Süddeutschen Zeitung hohe Fußballfunktionäre sehen oder hören, bekommen sie meist Ausschlag. Thomas Kistner (SZ) läuft es kalt den Rückenrunter, wenn Joseph Blatter über die böse Welt klagt: „Als der brasilianische Fußballboss Ricardo Teixeira den Goldpokal auf die Bühne schleppte und mit tiefgefrorener Mafioso-Miene dem Fifa-Granden Sepp Blatter hin wuchtete, der ihn an Gerhard Mayer-Vorfelder reichte, gusseiserner Halbpräsident des DFB, der das Amt zum Leidwesen vieler erst nach der WM verlässt – da sah die Welt schon mal im Schnelldurchlauf, wer so alles im Schaufenster dieser WM steht. Indes, man kann es ja auch so sehen: Gerade ein Führungstrio wie dieses bezeugt mit jeder Affäre mehr, wie unverwüstlich der Fußballsport ist. So unverwüstlich wie das Losglück der deutschen Elf (…) Diese WM, hat Blatter noch gesagt, werde Friedensbotschaften in eine Welt entsenden, die ‚böse, verrückt und kriegerisch ist’ – und zugleich tolerant genug, solche Reden eines skandalumtosten Weltsportlenkers zu schlucken. Mehr Realitätssinn offenbarte der Bundespräsident. Auf die Frage Heidi Klums, was es bedeute, dass nun ‚die ganze Welt auf uns’ schaue, antwortete Horst Köhler wahrheitsgemäß: ‚Das bedeutet, dass die ganze Welt auf uns schaut.’ Das war das große Hurra des braven Amateurs.“ Christof Kneer (SZ) fügt hinzu: „Man darf sich wünschen, dass das fußballerische Niveau des Turniers zumindest über dem Niveau der Funktionärsparade liegen möge. ‚Wir werden den Weltpokal mit ins Haus des Deutschen Fußball-Bundes nehmen und ihn so lange verliebt anschauen, bis er sich wieder an uns gewöhnt hat’, säuselte Mayer-Vorfelder, und gewinnend lächelte sein Nachbar, der in seiner brasilianischen Heimat wegen Korruption verurteilte Teixeira. Und genauso gewinnend lächelte der Nachbar des Nachbarn, Joseph Blatter, dem derzeit die Korruptionsfahnder im Nacken sitzen. Später kam noch das Maskottchen Goleo, dem die Geschmackspolizei seit seiner Geburt im Nacken sitzt. (…) Das Beste an dem neuen Ball: Auf ihm finden sich auch die vier freundlichen Heiterbeulen aus dem WM-Logo – ist das nicht eine freundliche Aufforderung, mal ein bisschen in sie hineinzutreten?“

Welches Ausmaß wird die WM annehmen, wie wirkt sie aufs Ausland? Felix Reidhaar (NZZ) schildert seine Vermutung: „Was der sparsam auf den Vierjahresturnus reduzierte Höhepunkt im Fussballgeschäft bewirken wird, liess sich schon durch das hochklassig besetzte Freundschaftstreffen der Konföderationen ahnen. Das Probe-Turnier stiess in der Öffentlichkeit (inklusive Medien) auf eine Resonanz, wie sie eindrücklicher und übertriebener fast nur Deutschland verzeichnen kann, das europäische Fussballland schlechthin, mit den weltweit höchsten durchschnittlichen Zuschauerzahlen in der ersten Spielklasse. Die publizistische Lawine, die damals losgetreten wurde, wälzt sich seither mit ständig steigendem Umfang in Buch- und Filmform auf die Konsumentenschaft zu. Die Materialschlacht wirkt heute schon abschreckend und ruft nach Konzentration auf das Massgebliche.“

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