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Schalke 04–US Palermo 3:0

Oliver Fritsch | Samstag, 18. März 2006 Kommentare deaktiviert für Schalke 04–US Palermo 3:0

Ein bißchen Ehre

Richard Leipold (FAZ) beschreibt so etwas wie einen Aufstand: „Wir schreiben das Weltmeisterschaftsjahr 2006. Ganz Deutschland ist von italienischen Fußballmannschaften unterjocht. Ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Kickern bevölkerter Klub aus dem Ruhrgebiet hört nicht auf, Widerstand zu leisten. (…) Der deutsch-italienische Vergleich war für die Alemannen zuletzt niederschmetternd ausgefallen. ‚Man kann sagen, daß die Ehre ein bißchen wiederhergestellt ist‘, behauptet Gerald Asamoah. Ein bißchen Ehre, das klingt so paradox wie ‚ein bißchen Frieden‘, der Titel, mit dem Deutschland vor vielen Jahren den europäischen Song-Contest gewonnen hat. Im Fußball wie im Schlager darf die Logik hintanstehen, wenn es darum geht, das deutsche Gemüt aufzuhellen und dabei auch noch erfolgreich zu sein. An diesem Wochenende soll ein bißchen Spannung hinzukommen, nicht nur auf Wunsch der Schalker. Wie im Europapokal wollen die Königsblauen sich auch in der Bundesliga zum Anwalt einer großen Gemeinde machen. Vor dem Auswärtsspiel gegen Bayern München vertreten sie die bisher kleinlaute Interessengemeinschaft der Verfolger. Slomka rechnet mit Zuspruch aus allen Himmelsrichtungen.“

Etwas mysteriös

Christoph Biermann (SZ) fügt hinzu: „Plötzlich ist allenthalben Großes möglich, nach den turbulenten Wochen des Winters scheinen sich die Schalker unter einem guten Stern zu bewegen. ‚Einige werden sich ärgern, dass gerade Schalke 04 als letzter Verein noch international dabei ist‘, sagte Manager Assauer, der immer noch gerne so tut, als wäre sein Klub ein Underdog, dem das Establishment nichts gönnt. Diese Selbststilisierung hat mit der Wirklichkeit wenig zu tun, aber sein Klub ist wirklich aufgewertet, weil er als einziger die deutsch-italienischen Duelle siegreich überstand. Und hatten die Königsblauen in der Champions League gegen den AC Mailand nicht weit besser ausgesehen als der FC Bayern?“ Daniel Theweleit (BLZ) rätselt über den Schalker Aufstieg: „Die Wurzeln dieser Serie sind nicht einfach zu erkennen. So genannte Läufe von Fußballmannschaften haben immer etwas mysteriöses, ihre seltsamen Windungen liegen nicht in Trainerhand, vielmehr wurzeln sie in einer komplexen Mixtur: Stimmungen im Team, Konstellationen im Spielplan, Selbstbewusstseinsschübe nach den ersten Siegen, Faktoren wie Glück und Zufall.“

Keine Ära

Katrin Weber-Klüver (taz) befaßt sich mit Schalkes Gegner: „Die Erfolglosigkeit in der Dämmerung der Ballack-Zeit ist ein Hinweis darauf, dass eine Zeit zu Ende geht, ohne dem Anspruch einer Ära gerecht geworden zu sein. Das, was mit Ballacks Abschied auseinanderbrechen wird, ist nicht die große Mannschaft, die es hatte werden sollen. So gesehen bricht womöglich gar nicht so viel auseinander. Wenn jetzt die Münchner Sprachregelung die ist, dass man unbedingt das nationale Double gewinnen wolle, weil das noch keinem Verein zweimal hintereinander gelungen ist, dann ist das deprimierend. Double-Double hört sich fast so schlimm an wie Doppelwhopper. Und hat vermutlich für einen Verein, der jedes Jahr auszieht, um die Champions League zu gewinnen, einen ähnlichen Sättigungseffekt. Zum Abschluss nun noch eine gute Nachricht für alle Fußballästheten: Die Partie wird auf einem heutzutage selten gewordenem sattgrünen Untergrund ausgetragen. In der Allianz-Arena ist gerade ein neuer Rasen ausgerollt worden.“

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