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Internationaler Fußball

Der Fußball teilt die Italiener, doch er eint sie auch

Oliver Fritsch | Dienstag, 16. Mai 2006 Kommentare deaktiviert für Der Fußball teilt die Italiener, doch er eint sie auch

Stefan Ulrich (SZ/Meinungsseite) lotet das Befinden der italienischen Seele nach dem Moggi-Skandal aus: „In so einem Land ist es mehr als ein Skandal, wenn sich das Spielfeld als Korruptionssumpf erweist. Es ist eine Katastrophe. Wer nach den Gründen für diesen tödlichen Ernst des Fußballspiels fragt, der muss in der Geschichte suchen. Italien ist nicht nur, wie Deutschland, eine verspätete Nation, sondern auch eine Nation wider Willen. Der viel besungene Risorgimento, die Einigungsbewegung im 19. Jahrhundert, war eher das Kabinettstück einer piemontesischen Elite, als dass er einer landesweiten Erhebung der Massen zu verdanken wäre. Bis heute ist die Verbundenheit vieler Bürger mit ihrem Landstrich, ihrer Stadt oder ihrem Wohnviertel ungleich größer als mit dem Staat. Dieser Campanilismo, der Lokalpatriotismus, tobt sich nicht mehr in militärischen Gemetzeln zwischen souveränen Stadtstaaten und Fürstentümern aus, sondern in Fußball-Schlachten rivalisierender Clubs. La squadra, die Mannschaft, gibt dem Turiner, Genuesen, Florentiner oder Neapolitaner jene Heimat zurück, die er in der großen Nation verloren hat. Ein 3:1 der Fiorentina, ein 1:0 der AS Roma bedeuten daher viel mehr als nur drei Punkte in der Tabelle. Sie sind ihren Anhängern ein Akt stolzer Selbstbestätigung und erfolgreicher Verteidigung der Heimat. Nur: Der Fußball hat noch eine zweite Dimension. Er teilt die Italiener, doch er eint sie auch. Die Liga-Spiele am Sonntag richten das ganze Land von Bozen bis Bari auf eine Sache aus. Zugleich sind die Nationalmannschaft und einige berühmte Vereine zum Stolz aller Italiener und zum Inventar der Staatsnation geworden. (…) Im Fußball wie im Staatswesen fehlt der Respekt für Recht und für Regeln. Nicht die bessere Leistung, sondern die besseren Beziehungen entscheiden allzu oft über Sieg und Niederlage.“

BLZ: Italiens scheidender Innenminister Pisanuist in den Moggi-Skandal verwickelt

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