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Internationaler Fußball

Image-Schaden

Oliver Fritsch | Dienstag, 16. Mai 2006 Kommentare deaktiviert für Image-Schaden

Gewalt i Stadion nach der Züricher Meisterschaft beim Spiel in Basel – Felix Reidhaar (NZZ) nimmt sie zum Anlaß, eine Diskussion über Moral zu entfachen: „Fest steht, dass in Basel unermesslicher Image-Schaden für den Schweizer Fussball und das Euro-08-Land angerichtet wurde. In einem Land, in dem gerne mit dem Finger auf verrohte Sitten in anderen Ländern gezeigt und verächtlich Spott über ausländische Krawallmacher andersartigen Temperaments und unterschiedlicher Mentalität – Beispiel Türken – geschüttet wird, sind Ordnung und Anstand in Sportarenen offenbar auch nicht gewährleistet. ‚Basel‘ als Einzelfall zu bezeichnen, würde der unwürdigen Situation nicht gerecht. Aufruhr von extremen Minderheiten gibt es regelmässig in anderen Fussballarenen des Landes. (…) Man kennt noch übergeordnete Ursachen dieses Gewaltphänomens in unserer Gesellschaft und der dadurch brüchig gewordenen Sicherheitssituation. Fanatismus, Subjektivität und Parteilichkeit scheinen ganz allgemein in ständigem Steigen begriffen. Wer sich – beispielsweise als Medienvertreter – der objektiven Darstellung im Klubfussball, aber auch des eigenen Nationalteams verpflichtet fühlt, wird mit Kanonaden elektronischer Sendungen aus einem im Internetzeitalter grenzenloser gewordenen Spektrum eingedeckt und kann sich unappetitlicher Fanpost zuweilen kaum erwehren. Auch unter Jungjournalisten wächst die Zahl der Aficionados. Strenge Sachlichkeit ist immer weniger ‚in‘, gefühlsmässiges Beteiligtsein immer mehr. Der Darstellung von eruptierenden Emotionen und martialischen Wortbildern in Zeitungen gilt das Augenmerk, was daraus in Sachen Nachahmungstrieb geschieht, bleibt für den Augenblick unerheblich. Was in jüngster Vergangenheit zudem an Gaunereien im Fussballgeschäft von Nachbarländern an die Oberfläche tritt, kann auch nicht als geeignete Vorbildfunktion dienen.“

Betrug an den Emotionen

Oliver Meiler (BLZ) erläutert den Sturz Luciano Moggis, des Generaldirektors von Juventus Turin, vor dem Hintergrund der Wahlniederlage Silvio Berlusconis: „Es ist schon eine merkwürdige Galerie gefallener Halbgötter, die in diesen Tagen die Italiener beschäftigt: Luciano Moggi und Silvio Berlusconi gehören dazu, außerdem die Herren mit den wohlklingenden Namen Bernardo Provenzano, Cesare Previti, Stefano Ricucci. Wie schnell sie doch alle fielen – in einem einzigen Monat. Einer nach dem andern: der Medientycoon, der Mafiaboss, der Magistratenschmierer, der Milliardenscheffler, der Mauschler des Fußballs. Und zwar seit den Parlamentswahlen. Es wäre verlockend zu sagen, der Fall des ersten Dominosteins – Berlusconis Abwahl – habe die anderen niedergerissen. Die Justiz habe sich erst dann frei gefühlt zu handeln. Doch dafür bedarf es etwas mehr historischer Distanz. In Italien passiert etwas, etwas Großes: Im besten Fall ein Paradigmenwechsel – sicher aber ein Oktavenwechsel im Grundtenor. Das Land wird sich über die eigene Unzulänglichkeit, über falsche Mythen und Tugenden bewusst. Am deutlichsten wird das am Skandal im Fußball. Im Calcio, dieser Passion von Millionen, diesem Kulturfaktor sondergleichen, diesem Spielplatz der Macht, der Mächtigen und der Milliarden. Man hatte denen da oben ja viel zugetraut. Aber den Betrug an den Emotionen, den erträgt das Volk nicht. (…) Warum gerade jetzt diese Erschütterung? Warum fallen die Götter der Schlitzohrigkeit gleichzeitig und reihenweise? Das letzte Mal fühlte sich das Klima in Italien vor etwa fünfzehn Jahren so ähnlich an. Anfang der neunziger Jahre wollten Mailänder Staatsanwälte den Korruptionssumpf von Tangentopoli, dieser Verfilzung von Politik und Wirtschaft der Ersten Republik, trocken legen. Zu einer dauerhaften Moralisierung hat es damals nicht gereicht: Im neuen, eben erst bestellten Parlament sitzen wieder 93 Politiker aus eben jener Ersten Republik. Politiker, deren Karriere zu Ende schien, befleckt für immer, definitiv.“

Der Mann, der den Calcio getötet hat

Birgit Schönau (SZ) schildert Moggis Weltferne: „Moggi verabschiedete sich von seinem alten Leben, derart am Boden zerstört, dass er Mitleid erregen musste. Die Gesichtsfarbe von ungesundem Gelb, die Augen hinter den dicken Brillengläsern mit Tränen gefüllt, die befehlsgewohnte Stimme brüchig wie die eines alten Mannes, sagte Moggi nur: ‚Ich bitte euch um den Gefallen, mir keine Fragen zu stellen. Ich habe keine Lust und keine Kraft, zu antworten. Ich habe keine Seele mehr, sie ist mir getötet worden.‘ Vielleicht war es der einzige authentische Moment in dem absurden Theater dieser Wochen – der Mann, der den Calcio getötet hat, klagte darüber, dass er seiner Seele beraubt worden sei. Das ist Moggis Wahrheit, die Wahrheit des bis vorgestern Allmächtigen, der nach Belieben Spiele verschieben und Tabellen diktieren konnte, weil ihm ein Hofstaat von Lakaien ohne Rückgrat, Würde und Moral dabei zu Diensten war. Dieser Fußball war die Seele des Luciano Moggi – Fußball wie er ihn verstand.“

Berappelt

Eine Meldung aus dem Lokalsport – die Wetzlarer Neue Zeitung schreibt über das Spitzenspiel der Kreisliga A (Wetzlar) SG Reiskirchen/Niederwetz–FSG Quembach/Kraftsolms 2:1 (0:1): „Der Gast erwischte Reiskirchen/Niederwetz in diesem Derby vor der stattlichen Kulisste von 300 Zuschauern eiskalt und zog durch Timo Sänger bereits nach sieben Minuten in Front. Allerdings berappelte sich die SG und versuchte die Angriffe der in der ersten Halbzeit starken Quembacher Elf einzudämmen. Dies gelang nach der Pause durch Tobias Semmlinger (67.), der den Ausgleich besorgte. Vor allem die Offensive der Gäste hatte die SG nun besser im Griff. Und durch Oliver Fritschs (74.) Treffer blieben die Punkte zudem bei der Heimelf.“

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