indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

WM 2006

Gruppe A

Oliver Fritsch | Freitag, 16. Juni 2006 Kommentare deaktiviert für Gruppe A

Nur ein paar Meter höher als Hamburg

3:0 gegen Costa Rica – Jörg Schindler (FR) über die überraschend starken Ecuadorianer: „So kann man sich täuschen. Gerade mal sechs Meter über dem Meeresspiegel, machten die Höhenkicker den größten Erfolg ihrer 82-jährigen Fußballgeschichte perfekt. Sie bezwangen die Mannschaft aus Costa Rica mühelos. (…) Wenn es nach Trainer Suárez geht, kann es nun so weiter gehen. Respekt habe er vor den Gastgebern – aber keine Angst. Wieso auch? Immerhin liegt Berlin noch ein paar Meter höher als Hamburg.“ Axel Kintzinger (FTD) betreibt Fußball-Zoologie: „Von Muhammad Ali ist die Strategie überliefert, wie ein Schmetterling um den Gegner herumzuflattern, um dann wie eine Biene zuzustechen. Ecuador macht es etwas anders: Das Team tapert wie ein Bär im Mittelfeld umher – und schlägt dann zu wie ein Falke, der sich aus heiterem Himmel auf das Kaninchen stürzt.“

Ecuador wird mutig

Tobias Schall (Stuttgarter Zeitung) wirft ein: „Das Team, dem Experten kaum Chancen auf das Erreichen der nächsten Runde eingeräumt hatten, ist mutig geworden – und seine Auftritte geben dazu durchaus Anlass. Wenngleich das wahre Leistungsvermögen ein wenig im Dunkeln bleibt, lieferten doch sowohl die Polen als gestern auch Costa Rica, vorsichtig formuliert, äußerst durchschnittlichen Fußball ab. Das ist freilich nicht die Schuld der defensiv gut organisierten und technisch bisweilen ansehnlich spielenden Mannschaft, die auch gestern eiskalt ihre Chancen nutzte. Ob dies aber für mehr als das Achtelfinale reicht, ist fraglich.“

Gruppe B

Kein prickelnder Wein aus lauem Wasser

Sie hätten „die konditionell beste Mannschaft“ aller Zeiten, auch vom „besten Mittelfeld“ war die Rede. Doch nach den bisherigen Spielen ist Ernüchterung eingetreten. Frank Junghänel (BLZ) zweifelt nun an der Weltmeisterlichkeit der Engländer: „England konnte zwar mit Mühe und Not gewinnen und den Einzug in das Achtelfinale sichern, einen kommenden Weltmeister stellt man sich jedoch anders vor. Ein richtig schöner Sieg täte den Engländern Not, wenn man ihre Titelambitionen ernst nehmen soll. Bis jetzt konnten sie noch nicht überzeugen.“ Die taz ist durch das 2:0 gegen Trinidad und Tobago enttäuscht von der englischen Mannschaft: „Was das Publikum sah, war ein grottenmieser Kick, bei dem die Engländer ihren Kontrahenten allenfalls ebenbürtig waren. Ein konfuser Haufen, diese Stars. Und ein moralisches Fiasko für jene Mannschaft, der man selbst nach dem glücklichen 1:0 gegen Paraguay zutraute, es in diesem Turnier ganz weit zu bringen. Stattdessen unterstrichen die karibischen Kicker, dass man aus einer stabilen Abwehr heraus englische Ansprüche mehr oder weniger elegant totlaufen lassen kann. Alle Juwelen Englands versagten wie Memmen.“ Im selben Artikel wird die Wirkung Wayne Rooneys auf das englische Spiel und die englischen Fans erläutert: „Auch der eben fußgenesene Heiland hatte kein Rezept, die Seinen, die glorios favorisierte Elf von England, über Trinidad & Tobago siegen zu lassen. Auch er konnte aus lauem Wasser keinen prickelnden Wein machen: Rooney, erst nach zwei Dritteln der Spielzeit eingewechselt, vermochte das Niveau der Partie nur unwesentlich zu heben. Aber er sah in der Schwüle des Abends wenigstens motiviert aus – lief und bot sich an, flankte und dirigierte sein Team: Kein Wunder, dass man ihn liebt und den Song ‚Let It Be‘ für ihn umgetextet hat: ‚Wayne Roo Ney‘!“

Sie warteten

Christian Zaschke (SZ) beschreibt die Taktik der Trinidader und Tobagonier: „Die Engländer hatten sich offenbar keine Gedanken über den Gegner gemacht. Das mag daran gelegen haben, dass all ihre Gedanken um Wayne Rooneys lange verletzten Fuß kreisten. Es wäre allerdings sinnvoller gewesen, sich mit der Auswahl von Trinidad & Tobago zu beschäftigen, denn die war erneut keineswegs der kleine Gegner, den man im Vorbeigehen besiegt. Wie in der Partie gegen die Schweden standen sie gut gestaffelt und begegneten den englischen Angriffen wie ein Segelboot, das einen Sturm abwettert. Jeder Segler weiß, dass jeder Sturm irgendwann vorübergeht, und die Spieler von Trinidad agierten in dem Wissen, dass England nicht ewig würde anrennen können an diesem heißen Abend. Sie warteten.“ Peter Heß (FAZ) hofft nach dem 1:0 Schwedens gegen Paraguay auf England als Achtelfinalgegner der Deutschen: „Nach den bisherigen Leistungen sollte es die deutsche Nationalelf vor allem vermeiden, auf Schweden zu treffen. Die Skandinavier trafen bisher zwar erst einmal. Aber irgendwann muß ihr Schußpech einmal enden. Wie gegen Trinidad und Tobago spielte sich Lagerbäcks Mannschaft zahlreiche Gelegenheiten heraus und hätte einen höheren Sieg verdient gehabt. Dabei spielten und kämpften sie besser als es die Engländer bei ihren beiden Siegen taten.“

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