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Gefühlter Erstligist

Oliver Fritsch | Freitag, 9. November 2007 Kommentare deaktiviert für Gefühlter Erstligist

Wenn es nicht Köln wäre, würde sich Richard Leipold (FAZ) darüber wundern, dass der recht erfolglose Christoph Daum beim Publikum so populär ist; außerdem rät Leipold den Kölnern, die Nasen zu senken: „Wenn der Erfolg ausbleibt, gerät meist der Trainer als vermeintlich schwächstes Glied in die Kritik. In Köln ist es anders. Während Wolfgang Overath ausgebuht und ausgelacht wird, bekommt Daum sogar Beifall. Der Fußball-Lehrer geht nicht immer clever vor, so etwa bei seinem phantasievollen Flirt mit Chelsea oder bei seiner absurden Schiedsrichterschelte, aber sobald er den Kontakt zur Masse oder zu den Klubgremien voller bedeutender Kölner Wirtschaftskapitäne spürt, ist er in einem Maße präsent wie nur wenige seiner Berufskollegen, gerade als Erfolgstrainer ohne Erfolg. ‚Was wir bisher abgeliefert haben, dafür kann ich mich nur entschuldigen’, sagt Daum. Es sei ihm nicht gelungen, seine Erfolgsmentalität auf die Spieler zu übertragen. ‚Als Verantwortlicher stehe ich zu Recht in der Kritik. Ich habe kein Patentrezept.’ Wenn einer so etwas sagt, klingt es wie ein Offenbarungseid, aber die Menschen jubeln ihm dennoch zu und schmähen lieber Overath, der den Status der Ikone in der Stadt auch einmal hatte, als er sich noch weigerte, FC-Präsident zu werden. Es mag leicht sein, mit einer Mannschaft aufzusteigen, die erstklassig besetzt ist, aber es ist schwer, mit einem Klub aufzusteigen, der sich von Kopf bis Fuß für erstklassig hält. Aus Köln kommt regelmäßig die Botschaft, der Verein sei ‚ein gefühlter Erstligist’. Warum dieses Gefühl auch nach diversen Abstiegen aus der höchsten Klasse noch so stark ist? Die Antwort liegt auf dem Fuß wie eine gute Flanke. Ein schönes Stadion, großartige Fans, professionelle Strukturen, die neben dem Erzrivalen Mönchengladbach teuerste Mannschaft der Zweiten Liga: Da erhebt sich eher die Frage: Wie ist es möglich, nicht aufzusteigen? Aber die gefühlte Erstklassigkeit überträgt sich vom Vorstand, von der Geschäftsführung – Manager Michael Meier predigt seit einem Jahr wieder ‚elitäre Arroganz’ – auf die Mannschaft. Und das ist nicht gut.“

FAZ: Jeder gegen jeden beim 1. FC Kaiserslautern – Chaostage auf dem Betzenberg

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