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Frontale Treffer in aller Öffentlichkeit

Oliver Fritsch | Samstag, 10. November 2007 Kommentare deaktiviert für Frontale Treffer in aller Öffentlichkeit

Die Presse stellt sich auf die Seite Ottmar Hitzfelds und verurteilt dessen Kritiker Karl-Heinz Rummenigge

Andreas Hunzinger (FR) rügt Karl-Heinz Rummenigge für dessen abfällige Bemerkungen über Ottmar Hitzfeld, den Mathe-Lehrer aus Lörrach: „Dass sich Boss Rummenigge zu einem derart wuchtigen Hieb gegen den Trainer bemüßigt fühlt, zeugt von offensichtlichem Realitätsverlust und ist wohl einer persönlichen Aversion gegen Ottmar Hitzfeld geschuldet. In einer Zeit, in der die Spitzenklubs von einem Spiel zum nächsten gejagt werden, ist es selbstverständlich und notwendig, den Profis Verschnaufpausen zu gönnen. Dafür unterhalten Vereine wie die Bayern hoch dekorierte Kader mit einer Stärke von mindestens 25 Mann. Rummenigges Attacke ist somit nicht nur überflüssig, weil der FC Bayern nach wie vor die besten Chancen hat, in die nächste Runde des Uefa-Cups einzuziehen. Sie ist unfair und anmaßend. Wenn Herr Rummenigge die Nachlässigkeiten der Profis gegeißelt hätte, hätte er richtiger gelegen. So tritt er seinem Trainer vors Schienbein, der in München größte Anerkennung genießt und von dem alle wollen, dass er bleibt. Hitzfeld wird nun vielleicht noch etwas ernsthafter über die Offerte nachdenken, Schweizer Nationaltrainer zu werden.“ Elisabeth Schlammerl (FAZ) fügt eine Deutung Rummenigges Äußerungen an: „Es waren nicht nur kleine Seitenhiebe, sondern frontale Treffer – und das in aller Öffentlichkeit.“

Auch Andreas Burkert (SZ) steht auf Hitzfelds Seite: „Man muss bis zur Ära eines gewissen Erich Ribbeck zurückblättern im Geschichtsbuch des FC Bayern, um derlei beißende wie konkrete Kritik am eigenen Trainer zu finden, wie sie Rummenigge aussprach. Gegen Ende der ersten Amtszeit Hitzfelds ist es zwar ebenfalls Rummenigge gewesen, der mehrfach die Gutmütigkeit des Cheftrainers anprangerte. Aber das war harmlos und eher der Enttäuschung über das Ende einer Mannschaft nach dem Europacup-Triumph 2001 geschuldet. Es ist nicht ganz einfach, Rummenigges offenbar spontanen Angriff auf Hitzfelds Reputation zu deuten. Denn dessen Team hat bisher meist überzeugt, es ist unbesiegt und wird fraglos die K.o.-Runde des Uefa-Cups erreichen. Doch dass Hitzfeld dem Schweizer Verband kürzlich Avancen machte und damit eine Bewerbung für 2008 einreichte, hat dem Vorstand wohl weniger gefallen. (…) Dass Hitzfeld den von seinen beiden Volltreffern erlösten Problemfall Podolski nach 58 Minuten abzog und den vorzüglichen Entertainer Ribéry kurz darauf – das empfanden Hitzfelds Vorgesetzte als Betrug am Kunden und auch sportlich fragwürdig. Die Rolling Stones spielen ja auch nicht vier Songs weniger, weil sie zwei Tage später wieder ein Konzert geben. So ticken sie. Dabei hatte Hitzfelds Rotationself eine Stunde beste Unterhaltung geboten, samt Spielfreude und Engagement.“

direkter-freistoss: Hitzfeld, ein Trainer, der in dieser Saison nicht viel zu gewinnen hat

Tief Hans ante portas

Nach dem 0:2 gegen Everton – Volker Kreisl (SZ) beteuert sein Gefallen an der Schnoddrigkeit Hans Meyers: „Eine Katastrophe. Schon wie er das Mikrofon mit dem kleinen farbigen Senderlogo hält – ein schlimmer Fehler. Als Krisenverantwortlicher bleibt man im Fernsehen lässig, versteckt vielleicht eine Hand in der Hosentasche, hebt aber auf keinen Fall die Stimme. Schwappt einem Ärger hoch, dann zeigt man das nicht, sondern macht eine spitze Bemerkung und lächelt dazu. Ein Stilberater würde Hans Meyer wohl zudem darauf hinweisen, dass ein gut geschnittenes Sakko einen Trainer heutzutage irgendwie erfolgreicher erscheinen lässt als so eine bauschige Trainingsjacke. Ein Rhetorikberater würde ihm einflüstern, dass Worte wie ‚Schwachsinn’, ‚idiotisch’ und ‚Scheißdreck’ keinen guten Eindruck machen. Und ein PR-Berater würde ihm sagen, dass er um Gottes Willen nicht immer mit dem Mikro herumfuchteln soll, wenn er sich schon live in Rage redet, weil die Zappelei nur auf Nervosität schließen lässt, und weil man dann nur die Hälfte versteht und als Rezipient ganz gaga wird. Das Problem: Hans Meyer interessiert das alles einen Scheißdreck. Er hatte wieder mal eine Suada gegen vorschnelle Rückschlüsse zum Besten gegeben, und so wird das noch Wochen weitergehen. (…) Der Fußballmedien-Kritiker Meyer wird noch lange seinen Kampf gegen verzerrte Wahrnehmungen führen. Verwirrend sind seine Auftritte dabei nur für Beobachter, die das übliche Abstiegskampfmilieu mit gebeugten Spielern, heuchelnden Vorständlern und aktionistischen Trainern erwarten. Führt sich Meyer vor einem Millionenpublikum auf, als stünde er in der Mannschaftskabine, dann deshalb, weil ihm die Außenwirkung egal ist. Unter Umständen kann so eine offen gezeigte Abneigung gegen das Fußball-Abstiegssystem mehr bewirken als jede beratergestylte Haltung. Die Spieler könnten daraus ableiten, dass das eigene Spiel immer noch wichtiger ist als das, was andere davon halten.“

Roland Zorn (FAZ) hingegen stutzt: „Wer Hans Meyer am Donnerstagabend über den Weg lief, kam ihm auch in die Quere. Einen Fernsehreporter, der ein paar zugegeben nicht wohlbedachte Fragen loswerden wollte, bürstete der diesmal gar nicht witzige, überhaupt nicht charmante, nur noch übellaunige Thüringer ab wie einen Spieler, der Meyers lauten Aufforderungen und hohen Anforderungen nicht genügt. Dabei fuchtelte der TV-erprobte Fußballfuhrmann mit dem Mikrofon herum, als sausten erste Ausläufer des für die Nacht vorschnell prognostizierten Nordseesturms durch die Katakomben. Sturmwarnung, Tief Hans ante portas, so mutete die Nürnberger Variante in dieser Nacht des fränkischen Missvergnügens an. Dabei hatten sich die ‚Clubberer’ doch so gefreut, erstmals seit 1988 wieder die europäische Bühne geentert zu haben.“

direkter-freistoss: Hans Meyer und die Presse, ein zweischneidiges Verhältnis

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