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Am Grünen Tisch

Weltsport: Ohne Schmiergeld kein Vertrag

Oliver Fritsch | Donnerstag, 13. März 2008 Kommentare deaktiviert für Weltsport: Ohne Schmiergeld kein Vertrag

Sensation in Zug: Großer (größter?) Sportskandal nun aktenkundig

Neues aus Zug: Die Katze ist jetzt schon aus dem Sack, und Jens Weinreich bezeichnet es als „Sensation“: Mehr als 85 Millionen Euro Schmiergeld habe die ISL/ISMM in den zwölf Jahren ihrer Existenz an Sportfunktionäre gezahlt. Das räumten die Angeklagten freimütig ein, allerdings ohne Namen von Empfängern nennen zu wollen oder zu können.

Weinreich (Berliner Zeitung) wird in allen Befürchtungen bestätig und schreibt es uns allen noch mal hinter die Ohren: „Es ist jetzt belegt, dass im olympischen Weltsport kein attraktiver Vertrag ohne Millionen an Schmiergeldzahlungen zu akquirieren war. Die Behauptungen von IOC-Funktionären, der Bestechungsskandal des Winters 1998/99 habe zur Flurbereinigung beigetragen, ist eher ein Witz. Die ISMM hat bis zur Pleite im Frühjahr 2001 weiter Millionen unter Ehrenamtlern aller Kontinente verteilt. Fast alle dieser Figuren sind noch in Amt und Würden, ob nun in der Fifa oder in anderen olympischen Sport-Weltverbänden. Man darf diese Zahlen ruhig nachklingen lassen: 138 Millionen [gemeint sind Franken, of] über nur zwölf Jahre, von einer Firma! Wer vermag zu ahnen, wie viel Bestechungsgeld seit 1981, als die Kommerzialisierung der Olympischen Welt beschleunigt wurde, von Marketingfirmen, Olympiabewerbern, WM-Bewerbern, EM-Bewerbern und anderen verteilt worden ist? Niemand! Wer aber jetzt noch leugnet, dem ist nicht zu helfen. Der sollte einen Arzt seines Vertrauens aufsuchen – oder dabei helfen, die Namen aller Schmiergeldempfänger öffentlich zu machen.“

Thomas Kistner (SZ) weist auf den erheblichen bundesrepublikanischen Beitrag hin: „Erstmals offiziell testiert am Zuger Strafgericht ein deutsches Bestechungssystem, kreiert vom Adidas-Patron und ISL-Gründer Horst Dassler, dessen einstige Schachfiguren übrigens – dies die wichtigste Mitteilung – noch heute die Geschicke des Weltsports leiten. Zutage tritt ein Schmiergeld-System, das mit Irrsinnssummen weit jenseits von Scham- oder Peanuts-Grenzen hantierte. Weil die Existenz dieses Systems nicht mal der Hauptbeschuldigte bestreitet, gilt: Funktionäre, die Vertraute oder Günstlinge jener Dassler-Ära waren, haben spätestens jetzt ein äußerst heftiges Glaubwürdigkeitsproblem. Zumal, wenn sie heute hohe Ämter von Fifa über IOC bis hin zum Deutschem Olympischen Sportbund bekleiden. Denn eines ist klar: Für Saubermänner war in Dasslers System definitiv kein Platz.“

Beziehungspflege

Am brisantesten, wenn auch wohl gelassen vorgetragen, sind die Aussagen des einstigen ISL-Verwaltungsratschefs Christoph Malms, die in allen Zeitungen angeführt werden: „Die Begünstigung von namhaften Persönlichkeiten im Sport zur Förderung von sportpolitischen und wirtschaftlichen Zielen stammt aus den Siebzigerjahren, als Sport zu einem Wirtschaftsfaktor wurde. Mit der Tatsache, dass die ISL seit ihrer Gründung derartige Praktiken anwandte, wurde ich (…) Anfang der Neunzigerjahre (…) konfrontiert. Auf mein wiederholtes Drängen, die Begünstigungen einzustellen, wurde mir von Jean-Marie Weber, dem Nachfolger Dasslers bei der ISL, klar gemacht, dass diese Beziehungspflege zu weiter bestehenden Verpflichtungen geführt hätten und seit dem Ableben von Horst Dassler allein seine Aufgabe und Verantwortung bleiben würden.“

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