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Bayer stürzt wie so oft, wenn’s drauf ankommt, Bayern debattiert lieber über Stilfragen

Oliver Fritsch | Samstag, 5. April 2008 Kommentare deaktiviert für Bayer stürzt wie so oft, wenn’s drauf ankommt, Bayern debattiert lieber über Stilfragen

Pressestimmen zu den Viertelfinalhinspielen der deutschen Klubs

Klaus Hoeltzenbein (SZ) fällt beim 1:1 gegen Getafe dass den Bayern ein Spielmacher fehlt: „Wer sorgt – neben Ribérys anarchischen Tempodribblings – für die Regie? Wer sorgt für Tempowechsel, wer kann den Ball auch in des Gegners Hälfte behaupten, jetzt, da die Bayern wegen des Auswärtstores von Getafe aus der Position des Zurückliegenden starten? Fakt ist, dass direkt hinter den Stürmern, dort, wo beispielsweise Europas aktuelle Spitzenteams aus England dem Gegner heftig wie phantasievoll zusetzen, zuletzt oft ein freier, weiter Raum zu entdecken war. Zwischen Abwehr und Angriff öffnet sich eine kreative Kluft.“

Oliver Kahn sagte nach dem Spiel, der Ausgleichstreffer kurz vor Ende sei „eher ein Vorteil für uns, sonst hätten wir vielleicht nicht mehr hundert Prozent gegeben im Rückspiel.“ Nach verschuldeten Gegentoren im Europapokal hatte er auch schon mal angekündigt, das Rückspiel notfalls alleine zu gewinnen – ein Versprechen, das er übrigens nicht halten konnte.

Schlechter Stil

Elisabeth Schlammerl (FAZ) weiß, große Worte einzuschätzen: „Wer Kahn zuhörte, bekam beinahe den Eindruck, der Torhüter sei in der 90. Minute absichtlich im Strafraum ein bisschen umhergeirrt, damit den Spaniern dieser Tor-Triumph auch ja noch gelingen würde. So weit würde Kahn aber natürlich nicht gehen, und seine Geste nach dem 1:1 zeigte schon deutlich, wie sehr ihn dieser Treffer wurmte. Kahn hat den Ton in der Stunde vor Mitternacht angegeben, und alle stimmen fröhlich ein ins hohe Loblied auf die eigene Stärke. Das Ausgleichstor ist für die Bayern offensichtlich nicht mehr als eine kleine Panne auf dem Weg zum großen Triumph im Mai in Manchester. Die Bayern wirkten allesamt so, als ob sie gerade einen ersten Crash-Kurs beim künftigen Trainer Jürgen Klinsmann, dem stets positiv denkenden Schwaben, hinter sich hätten.“

Nun, so könnte man sagen, Kahn bestreitet ein Treffen mit Klinsmann; über dessen Anwesenheit im Stadion hat er seine eigene Meinung (Abendzeitung): „So etwas habe ich in meiner gesamten Karriere noch nie gehört oder erlebt, dass ein Trainer, der erst ab der kommenden Saison in der Verantwortung steht, schon in der laufenden Saison auf der Tribüne sitzt. Ich halte das für keinen guten Stil.“ Die er mit Und Lothar Matthäus teilt: „Ich würde so etwas unter Kollegen nicht machen. Damit hat er gegen einen Ehrenkodex verstoßen. Ich halte das für respektlos.“

Klinsmann in München – das könnte heiter werden.

Leverkusener Scheitern, ein ewig wiederkehrendes Phänomen

Und jährlich grüßt Bayern Leverkusen – Thomas Klemm (FAZ) fühlt sich beim 1:4 gegen Zenit St. Petersburg wie im Film: „Das aktuelle Drama mit dem Titel ‚Frühlings Erschlaffen’ ist auf der europäischen Bayer-Bühne gewissermaßen eine Wiederaufnahme aus der vergangenen Spielzeit. Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor hatten die Leverkusener ein ähnliches Trauerspiel im Uefa-Pokal erlebt, ebenfalls im Viertelfinalhinspiel, ebenfalls im eigenen Stadion: Beim damaligen 0:3 ließen sie sich von CA Osasuna auskontern. Der Geist der Mannschaft war zwar lernwillig, aber der Körper zu schwach, um den Tempomachern von Zenit zu folgen. Es ist nicht nur der eine oder andere Leverkusener Fußballprofi, der gerade eine glücklose Zeit durchmacht, es ist eine Krise des Kollektivs.“

Ulrich Hartmann (SZ) stimmt ein: „Ein Albtraum wie gegen Osasuna: früher Rückstand, offenes Messer, Blamage, chancenlos im Rückspiel. Die Schwäche erreicht den Klub zur ungünstigsten Zeit. Es geht in diesen Wochen um das Gelingen einer ganzen Spielzeit, und an genau diesem Druck droht die Mannschaft zu scheitern.“

Daniel Theweleit (taz) verliert Hoffnung und Geduld: „Es handelt sich um eine verheerende Dynamik, die sich da in Leverkusen ergeben hat. Der heftige Sturz lässt darauf schließen, dass niemand in Leverkusen reifer ist als vor einem Jahr oder vor zwei Jahren. Wie der Virus einer schlimmen Krankheit in einem Körper ohne Immunsystem hat sich die Formschwäche im Kader ausgebreitet. Vielleicht liegt die Wurzel des Übels gar nicht bei den Spielern, vielleicht steckt das Problem vielmehr irgendwo im Wesen dieses Klubs. Es ist ein ewig wiederkehrendes Phänomen, dass die Mannschaft ihre schlechten Phasen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt nimmt – in den großen Momenten.“

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