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Kompliziertestes Fußballgebilde Deutschlands

Oliver Fritsch | Dienstag, 13. Mai 2008 Kommentare deaktiviert für Kompliziertestes Fußballgebilde Deutschlands

Köln steigt auf, doch Trainer Christoph Daum ist nicht zum Feiern zumute

Michael Eder (FAZ) erlebt in der Stunde des Aufstiegs die Fortsetzung und vielleicht den Höhepunkt des Kölner Rosenkriegs: „Selten zuvor hat man einen Trainer gehört, der Eigenartigeres zu sagen hatte zum triumphalen Aufstiegstag seiner Mannschaft. Sein Habitus war der eines dieser professionellen Trauerredner, die man für Beerdigungen verpflichten kann. Daum und der FC, das wurde am größten Kölner Fußball-Feiertag seit langem noch einmal deutlich, ist eine eigenartige Beziehung. Der Startrainer und der Klub, bei dem er seine bemerkenswerte und skandalträchtige Karriere begann und den er als Herzensangelegenheit betrachtet, sind für den Aufstieg eine Zweckehe eingegangen, die selbst die Rückkehr in die Bundesliga kaum noch retten kann. Das Verhältnis zwischen ihm und der Vereinsführung um Präsident Overath ist, gelinde gesagt, gespannt. Zu sperrig waren die Auftritte von Daum, zu holprig die Saison, ehe die Mannschaft kurz vor deren Ende und gerade noch rechtzeitig zu Klasse und Sicherheit fand. Auch der Aufstieg änderte nichts daran, dass Daum in der Stunde des Sieges wie ein Außenstehender wirkte, der sich in eine Feier verirrt hat, in der er keinen Anschluss findet. Was seine Verhandlungsposition betrifft, so ist er in einer komfortablen Situation: Bis Ende Mai kann er sich entscheiden, ob er seinen bis 2010 dotierten Vertrag erfüllt oder diesen kündigt – oder ihn nicht kündigt und sich ausbezahlen lässt, falls der Verein ihn nicht mehr will. Die Pokerpartie ist eröffnet, das Kölner Saisonfinale heißt: Daum gegen den FC.“

Philipp Selldorf (SZ) rehabilitiert den Kölner Trainer: „Die größten Skeptiker müssen nun anerkennen, dass Daum seine Arbeit pünktlich und überzeugend erledigt hat. Wie versprochen, brachte er das Team in Form und Stimmung. Ob er sein Werk in Köln fortsetzt, hängt allein von ihm ab. Die Vereinsführung um Präsident Wolfgang Overath ist in die Defensive geraten, Daum hat wieder den Rückhalt des Publikums. Die Chance, in die Erste Liga zurückzukehren und endgültig die Schmach der Vertreibung vor acht Jahren zu überwinden, könnte ihn bewegen, die Kränkungen zu vergessen. Daum ist immer noch ein unberechenbarer Charakter, und seine Manöver bleiben undurchsichtig. Aber in der Bundesliga wäre er eine Attraktion.“

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) fasst zusammen: „Köln wurde seinem Ruf als Hauptstadt des Frohsinns mal wieder gerecht. So wie der 1. FC Köln in dieser Saison seinem Image als vielleicht kompliziertestes Fußballgebilde Deutschlands entsprach. Denn so hingebungsvoll diese Rückkehr in die Bundesliga zelebriert wurde, große Strecken des Jahres waren geprägt von Sorgen, Zwietracht und Selbstzerstörung.“

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