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Am Grünen Tisch

Hoffenheim, Feindbild der Gestrigen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. September 2008 Kommentare deaktiviert für Hoffenheim, Feindbild der Gestrigen

DFB will Dietmar Hopp gegen Schmähungen schützen / In einem Prozess in Koblenz stehen nicht nur ein ehemaliger und ein aktueller Funktionsträger der TuS vor Gericht, sondern auch die „undurchsichtigen Machenschaften in der Provinz“ (FAZ) / Es ist keine Quizfrage: Wo findet die EM 2012 statt / Hebt die EU die Ländergrenzen im Pay-TV-Markt auf und beendet das Monopol von Premiere?

Der DFB will die anhaltenden Beleidigungen Dietmar Hopps durch Gegner-Fans künftig sanktionieren. Am letzten Sonntag war im Dortmund-Block ein Transparent zu sehen, auf dem Hopp im Fadenkreuz abgebildet ist. Michael Eder (FAZ) hält das einerseits für einen „missglückten Dummejungenstreich“. Andererseits werde darin eine bieder-konservative Haltung sichtbar: „Emporkömmlinge sind nirgendwo gern gesehen, wo sich geschlossene Zirkel im Stillstand selbst berauschen, wo nicht Können und Vision, sondern Verharren und Tradition die Zugehörigkeit bestimmen. Hoffenheim wird zum Feindbild der Gestrigen, die Entwicklungen verschlafen und unternehmerisch mehr als einmal gescheitert sind.“

Michael Rosentritt (Tagesspiegel) fürchtet, dass die Maßnahme des DFB nicht wirken werde: „Die Schmähungen und Beleidigungen gegen Hopp sind nicht zu rechtfertigen, aber sie gehören leider zum Fußball wie ein Schiedsrichter, der das jedes Wochenende aufs Übelste über sich ergehen lassen muss. Schmähungen und Verunglimpfungen sind Alltag im Fußball und übrigens nicht nur da. Fakt ist aber auch, dass der DFB sich mit seinem Vorstoß keinen Gefallen getan haben dürfte. Erst recht nicht jenem Menschen, den er eigentlich schützen wollte. Denn was wird passieren? Die Fans werden sich angestiftet fühlen, sie werden kreativer vorgehen.“ Arnd Festerling (FR) hingegen schreibt: „Das Einschreiten des Verbands war überfällig.“

Welt Online verfolgt unverfolgte Spuren und erhärtet die Indizienkette in der Sache: War das Bundesligaspiel Hannover gegen Kaiserslautern (5:1, November 2005) manipuliert? „Möglicherweise stieg der FCK wegen Betrugs aus der Bundesliga ab.“

Daniel Meuren (FAZ): protokolliert den Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Koblenz, der klären soll, wer die Verantwortung für die mangelhafte Transferwirtschaft bei der TuS Koblenz trägt, die dem Zweitligisten unter anderem Punktabzüge in der letzten und in dieser Saison durch die DFL eingebrockt hat: der ehemalige Geschäftsführer Hermann Gläsner oder Aufsichtsratschef Walterpeter Twer. „Die Öffentlichkeit könnte mehr über die Gepflogenheiten im Profifußball erfahren und die Grauzonen der Spielervermittlerszene“, vermutet Meuren. Twer ist auch Teilhaber beim Mittelrhein-Verlag, der die Rhein-Main-Zeitung herausgibt, die wichtigste Lokalzeitung im Koblenzer Raum – „ein guter Nährboden für undurchsichtige Machenschaften“, beanstandet Meuren. Trainer Uwe Rapolder übrigens soll angeblich mehr als eine Million Euro Jahresgehalt überwiesen bekommen, und der Verein könnte nebenbei gegen die 50-plus-eins-Regel verstoßen haben.

Zweifelhafter Pluspunkt

Olaf Sundermeyer (Berliner Zeitung) ist durch Polen und die Ukraine gereist und hat alte und neue Probleme gesammelt, die die beiden Länder mit den Vorbereitungen auf die EM 12 plagen: Stadienbau, Verkehr, Gewalt, Geld …

Knut Kohn (Stuttgarter Zeitung) erörtert EM-Spekulationen und Lösungsmöglichkeiten: „Die Liste der möglichen Ersatzgastgeber ist inzwischen lang: Italien, Spanien, Irland und England. Möglich ist allerdings auch, dass der Daumen nur für die Ukraine gesenkt wird, da Polen zugetraut wird, mit den Vorbereitungen rechtzeitig fertig zu werden. In diesem Fall käme wohl Deutschland als möglicher Kogastgeber ins Spiel. Spekuliert wird, dass Spiele im Berliner Olympiastadion und dem Leipziger Zentralstadion ausgetragen werden könnten. Der Vorteil: Die Uefa könnte die Fortschritte in der Ukraine noch einige Zeit beobachten und müsste sich erst kurzfristig entscheiden. (…) Der einzige, aber eher zweifelhafte Pluspunkt für die Ukraine ist, dass die Aberkennung eine bittere Niederlage für Michel Platini darstellen würde.“

Die Neue Zürcher Zeitung verortet das Gerücht um den Ersatzstandort Deutschland aus dem Märchenwald, rechnet aber mit einer Aufstockung der EM von sechzehn auf vierundzwanzig Teilnehmernationen. Im Geschäft mit der Ukraine sind übrigens auch die 300-und-mehr-Millionen-Helden von der KfW.

Die FAZ spricht mit dem DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach über den Reiz und die Vermarktung des DFB-Pokals. Mit den Fragen, ob die Bundesliga auf zwanzig erweitert und/oder der Ligapokal aufgebläht wird, befassen sich die Branche und die SZ.

Der SZ entnehmen wir, dass der Hamburger SV eine neue Erlösquelle plant: eine Beteiligungsfond für Unternehmen an Transfers. In der FR heißt es dazu: „Ähnliche Konstrukte sind in Brasilien längst üblich: Der HSV hat an den Neuzugängen Alex Silva und Thiago Neves lediglich 50 beziehungsweise 80 Prozent der Transferrechte gekauft, der Rest liegt bei brasilianischen Beteiligungsgesellschaften.“

Die Berliner Zeitung wiegt Ronaldo, der sein Übergewicht abtrainiert, damit er zu Manchester City wechseln kann (die ihn aber offenbar nicht wollen). Wieder mal sehr lesenswert: American Arena geht die Verknüpfung von Oktoberfest und Fußball mächtig auf den Senkel.

Ende des Monopols?

allesaussersport greift eine Handelsblatt-Recherche auf, in der es heißt, die EU plane, im Pay-TV-Markt die Ländergrenzen aufzuheben: „Ich bin unentschlossen was das z.B. für die Bundesliga bedeutet. Einerseits: Ohne Exklusivität verlieren die Auslandsrechte an Wert. Andererseits: Die aktuelle Situation zeigt, dass aus Deutschland heraus Premiere vermutlich kein nationaler Konkurrent erwachsen kann und diese monopolartige Situation den Erlösen nicht förderlich ist. Vermutlich wird es aus Sicht der Produzenten und Sportverbände einen ganzen Strauß unterschiedlichster Konsequenzen haben, die sich nicht über einen Kamm scheren lassen.“ Aus der taz erfährt man, dass die Initiative der Politiker durch eine Klage der Premier League gegen einen englischen Kneipenwirt angestoßen wurde, der durch das Abo eines griechischen TV-Anbieters (BSkyB) viel Geld sparen wollte.

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