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Internationaler Fußball

9 Zentimeter mehr

Frank Baade | Dienstag, 22. September 2009 1 Kommentar

Warum Spanien in allen Spielsportarten so gut ist, wie Rapid Wien wieder aufblüht und warum man bei Feyenoord enttäuscht ist, außerdem: Fred Rutten und Martin Jol haben Erfolg

Ronald Reng bringt einen Dikator ins Spiel, um die Stärke Spaniens in allen (Mannschafts-)Spielsportarten zu erklären (Berliner Zeitung): „Francos Tod 1975 öffnete Spanien den Weg in die Demokratie. Auf dem neuen, zarten Wohlstand der Nach-Franco-Zeit lebte eine von der Unterdrückung endlich befreite Nation ihren Aufstiegshunger gerade auch im Sport aus. Die Generation, die nun triumphiert, geboren in den Achtzigern, war die erste, die von Kindheit an ordentliche Sportanlagen vorfand, die sich reichhaltig ernährte – und in der fast jeder Junge in den Sportverein ging. Leistungssport war cool in den Neunzigern in Spanien. Eine simple Zahl aus dem Nationalen Institut für Statistik sagt etwas über die Basis des spanischen Aufstiegs: Die erste Generation, die nach der Franco-Diktatur geboren wurde, ist im Schnitt neun Zentimeter größer als die Spanier 25 Jahre zuvor. (…) Spanien wurde ein anderes Land, die Eliteförderung erhielt Struktur, wobei bis heute auffällt dass wie ansonsten nur noch in den Niederlanden in allen Ballsportarten das spielerische Element extrem trainiert wird, der Pass, die Passkombination. Doping wird im Ausland gerne pauschal als ein weiteres Geheimnis des spanischen Erfolgs genannt. Tatsächlich will man in einem Land, das nach Sporthelden lechzt, Betrug einfach nicht sehen. Doch in den Ballsportarten findet hier Doping genauso vereinzelt, unsystematisch statt wie in anderen Ländern. In Ausdauersportarten wie Radfahren oder Tennis ist das möglicherweise eine andere Sache. (…) Demut ist kein Zufall, sondern Zeichen einer Zeit an Spaniens Ballspielern: Sich in die Gruppe einzufügen, ist in der spanischen Erziehung bis heute wichtiger als die mitteleuropäische Förderung des Individuums.“

Eigenwilliger Briefträger

In der NZZ erfährt man von Werner Pietsch die aktuelle Lage bei Rapid Wien und wer dafür verantwortlich zeichnet: „Noch vor drei Jahren war der Wiener Traditionsklub in den Abstiegskampf verwickelt und hoch verschuldet. Seither leistete Peter Pacult als Coach konsequente Aufbauarbeit. Als Stürmer erlebte er selber mit Rapid goldene Zeiten, die 1982 nicht zuletzt dank entscheidender Pacult-Toren bis in den Final des Cup-Sieger-Wettbewerbs führten. Im FC Tirol ging er später durch die berühmte Happel-Schule. Ernst Happel förderte als Trainer den eigenwilligen ehemaligen Briefträger aus Wien. Die Zeit war sehr prägend, weil der Führungsstil des Rapid-Coachs dem von Happel nahekommt: klare Direktiven, minimale Kommunikation mit den Spielern und noch weniger mit den Medienvertretern. (…) Rapid ist einer der wenigen Vereine in Österreich, die sorgsam mit ihrer Tradition umgingen, und konnte sich so über die Jahre den Status eines Kult-Klubs erarbeiten. Ein Faktum, das sich im grössten und treuesten Anhang der Liga (mehr als 60 Prozent Abo-Besitzer) sowie in einer hohen Sogwirkung auf die erfolgreichen Nachwuchsabteilungen niederschlägt. So konnte Rapid mit Spielerverkäufen Kasse machen, ohne an Klasse einzubüssen.“

Kantiger Alleinherrscher

Bertram Job beobachtete für die NZZ die Spitzenpartie in Holland. Beim Griff nach der Tabellenführung wurde Feyenoord jäh von PSV Eindhoven gestoppt: „Die erste Pleite im 7. Saisonspiel kam gerade recht, um Augenzeugen den Unterschied zwischen einer ziemlich guten und einer hervorragenden Equipe aufzuzeigen. Die Begegnung der beiden ungeschlagenen Teams war noch keine 20 Minuten alt, da waren die Gäste dank der freundlichen Kooperation der indisponierten Feyenoord-Defensive und Treffern von Koevermans bereits 2:0 in Führung. Der allseits geachtete [neue Trainer] Been hat keine Wunder, sondern nur harte Arbeit versprochen, als er im Juli Hollands brisantesten Trainer-Job übernahm. Auch Stars wie Makaay und Tomasson finden sich durchaus auch auf der Bank wieder. Aber Been weiss die Fans trotz seiner Personalpolitik auf seiner Seite.“

Während Feyenoord einen Dämpfer erhielt, feiern zwei Ex-Bundesliga-Trainer Erfolge: „Der allzeit besonnene PSV-Coach Fred Rutten durfte sich dagegen über den ‚disziplinierten Sieg‘ freuen, der seinem gut ausbalancierten Team die Tabellenführung einbrachte. Anders als zuletzt bei Schalke 04 kann der ehemalige Hiddink-Assistent die Dinge in Ost-Brabant ganz nach seinem Gusto prägen. Das gilt mindestens genauso für Martin Jol, den zweiten Heimkehrer aus der deutschen Eliteliga (vom HSV): Bei Ajax bringt der kantige Alleinherrscher in seiner Doppelfunktion als Trainer und sportlicher Manager die Stabilität ins Team, die in den letzten Saisons so oft vermisst wurde. Reif und abgeklärt wartete seine Mannschaft beim physisch starken Aufsteiger VVV Venlo auf ihre Chancen, die der argentinische Goalgetter Suarez gleich viermal verwertete.“

Kommentare

1 Kommentar zu “9 Zentimeter mehr”

  1. erha
    Donnerstag, 24. September 2009 um 17:22

    Dieser „Blick über den Tellerrand“ gefällt mir sehr gut.

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