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Der intelligenteste Spieler überhaupt

Frank Baade | Freitag, 30. Oktober 2009 Kommentare deaktiviert für Der intelligenteste Spieler überhaupt

Lucas Barrios läuft langsam zu jener Form auf, die ihn zum Welttorjäger gemacht hatte, Fabian Lustenberger kehrt aus dem Abseits zurück und Jens Lehmann, der „Egomane“, kann auch anders, angeblich

Felix Meininghaus findet, dass Lucas Barrios mittlerweile in der Bundesliga und in Dortmund angekommen sei (Tagesspiegel): „Auch Hertha BSC Berlin hatte zuvor reges Interesse gezeigt, Ex-Manager Dieter Hoeneß ließ ihn intensiv beobachten. Doch den Berlinern fehlen die finanziellen Mittel für einen Transfer dieser Größenordnung, und so schlugen die Dortmunder zu.“ Der BVB verfüge zwar ebenfalls normalerweise über keine Mittel, doch „in diesem Fall lag das Geld bereit. Die rund 4,5 Millionen Euro für die Ablöse entsprechen der Summe, die der FC Basel für Alexander Frei hinblätterte. Der beim BVB als Heilsbringer empfangene Angreifer blieb zunächst allerdings weit hinter den Erwartungen zurück. Inzwischen läuft es: Sechs der letzten acht Dortmunder Pflichtspieltreffer gehen auf das Konto von Barrios. Der schleppende Beginn sei vor allem der fremden Umgebung geschuldet gewesen: ‚diese Organisiertheit in Deutschland war mir fremd‘“, wird Lucas Barrios zitiert.

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) fügt hinzu: „Weil er in seinen ersten Bundesligaspielen für den BVB nicht traf, hatte die Bild-Zeitung ihn in den ‚Weltnixjäger‘ umgetauft. Doch davon ist längst keine Rede mehr. In den zurückliegenden fünf Pflichtspielen ist ihm jeweils ein Tor gelungen, in der Bundesliga hat der BVB nicht verloren seit Barrios trifft, und der Treffer von Leverkusen war die Krönung. La pantera, der Panther, wurde Barrios in Chile genannt, dieses Tor illustrierte eindrucksvoll warum. Die Flanke von Nelson Valdez war präzise, aber ohne Druck, doch Barrios stieg in die Luft und wuchtete den Ball mit einer katzenhaften Bewegung des gesamten Körpers unhaltbar aus großer Distanz ins Tor. So etwas können nicht viele Stürmer in Deutschland. (…) Die meisten Treffer, die Barrios erzielt, sind aber weniger spektakulär. Er lebt von seiner Schnelligkeit und seinem Torinstinkt. Schon jetzt läuft es so gut, dass Barrios von einer Teilnahme an der WM in Südafrika träumt.“ Hier stelle sich allerdings noch die Frage, für welches Land er denn im Fall der Fälle auflaufen würde. In Argentinien, wo er sich zu Hause fühlt, habe man bislang kein Interesse an ihm, in Paraguay, woher seine Mutter stammt, hingegen schon, doch neige er selbst eher zu Argentinien.

Intelligentes, schmales Hemd

Große Probleme, zuzunehmen und sich so mehr Kampfgewicht zuzulegen, habe Fabian Lustenberger, berichtet Stefan Hermanns (Tagesspiegel): „70kg sind es jetzt, verteilt auf etwa 1,80 Meter. Kraftpakete sehen anders aus. Lustenberger ist immer noch ein schmales Hemd, und vor allem an seiner Statur hat sich bei vielen Fans der Berliner die Skepsis entzündet, ob der Schweizer den physischen Anforderungen des Bundesligafußballs genügen kann. Lustenberger, technisch begabt und taktisch gut geschult, gilt als nur bedingt wetterfester Schöngeist, als einer, der funktioniert, wenn es sowieso läuft. Ein echter Schweizer eben.“ Doch seine Einschätzung von außen sei im Wandel begriffen: „Den Ruf, ein Favre-Spieler zu sein – jung, polyvalent, formbar – ist Lustenberger nie richtig losgeworden. Jetzt ist Favre weg und sein Musterschüler auf dem besten Wege, sich in Herthas Mannschaft festzuspielen. In gewisser Weise ist Lustenberger ein Krisengewinnler. Am Wochenende, beim ersten Punktgewinn nach acht Niederlagen, hat Lustenberger seinen Teil dazu beigetragen, dass es für die Berliner zumindest aufhörte, schlecht zu laufen. Gemeinsam mit dem erfahrenen Ungarn Dardai stopfte er das Loch in der Zentrale. Nach 16 Pflichtspielen blieb Hertha zum ersten Mal wieder ohne Gegentor. Man muss kein Kraftbolzen sein oder sich grätschend in jeden Zweikampf stürzen, um im Mittelfeld die Hoheit zu haben. Lustenberger kompensiert seine körperlichen Defizite durch andere Qualitäten. Pal Dardai hält seinen Nebenmann sogar für den intelligentesten Spieler überhaupt, den Hertha derzeit beschäftigt.“

Lehmann kann auch anders

Einen „Unruhe-Garanten“ nennen Mike Glindmeier und Philipp Markhardt (Spiegel Online) den Mann, der gerne noch im Nationaltor stünde: Markus Babbel empfahl Jens Lehmann unlängst, mal entspannter zu werden und sich unüberlegte Aktionen zu verkneifen. „Der Ärger des Coaches ist verständlich. Der VfB steckt in der Krise, doch statt Souveränität bringt Routinier Lehmann durch unüberlegte Aktionen noch mehr Unruhe ins Team.“ Einer bekanntermaßen nicht kurzen Liste der Verfehlungen Lehmanns (Subotic, Kevin Philipps vom FC Sunderland, Kölner Gegentor nach Lehmann-Ausflug, Wiesn-Besuch, Bouhlarouz und Salihovics Schuh) folgt die Einschätzung: „Solche Allüren kann sich derzeit jedoch weder Lehmann noch sein Arbeitgeber VfB Stuttgart leisten. Nach dem Pokal-Aus gegen Fürth wird es eng für den Club, Trainer Babbel bangt um seinen Job, den Schwaben droht die Dauerkrise. Und Lehmann sucht nun seine Rolle als Führungsspieler.“ Lehmann äußere sich, dass er „absolut dafür“ sei, „Konstanz reinzubringen und Ruhe zu behalten“.

Ob er diese Vorhaben auch umsetzt, beantwortet jemand, der in Stuttgart wohl ganz nah dran ist.

Ein angesichts der jüngeren Eskapaden überraschendes Bild zeichnet Marko Schumacher in der Stuttgarter Zeitung vom Führungsspieler Jens Lehmann: „Der Torwart und der Teamchef, sie sind zwei zentrale Figuren in der großen VfB-Krise, die die beiden mit vereinten Kräften bewältigen wollen. Man kann Jens Lehmann, diesem fast 40 Jahre alten Egomanen im Stuttgarter Tor, ja manches vorwerfen“, leitet Schumacher ein, worauf die übliche Liste (s. o.) folgt. „Eines jedoch kann man Lehmann ganz sicher nicht vorwerfen: dass er bei all dem das Wesentliche aus dem Auge verlieren würde: seine Aufgabe als Torhüter und Führungsspieler des VfB.“ Gerade in der derzeitigen Schwächephase des VfB leiste Lehmann das, „wofür er neben seinem Job als Ballfänger verpflichtet wurde: Er übernimmt Verantwortung und bezieht Position.“ Zur Trainerfrage habe Lehmann sich intern deutlich geäußert: „Kompromisslos setzte er sich für den Teamchef ein. In dieser bisher größten Krisensituation, als Babbels Zukunft offen war, hielt er [nun auch öffentlich] ein flammendes Plädoyer: Babbel leiste gute Arbeit, tue das, was nötig sei, er bleibe ruhig – und das empfahl der Torwart auch der Vereinsführung. Zu billig wäre es, hinter Lehmanns Appell persönliches Kalkül zu wittern, weil er und Babbel vom gleichen Rechtsanwalt beraten werden. So einfach ist der Torhüter nicht gestrickt. Er befindet sich in seinem letzten Jahr als Profi und hat sich dazu entschlossen, alles dafür zu tun, dass seine Karriere nicht erfolg- und würdelos zu Ende geht.“ Obwohl er eigenbrötlerisch sei, bringe er sich bei seinen Nebenleuten spürbar ein und leiste dies auch an anderen Stellen: „Nach den Spielen ist er neuerdings der Erste, der sich bei den Fans bedankt. Lehmann weiß, dass das Fehlen von Führungsfiguren eines der großen Probleme dieser Mannschaft ist. Hitzlsperger, der Kapitän, ist eine davon. Und innerhalb der Mannschaft ist nicht zuletzt Lehmann der entscheidende Meinungsführer.“

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