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Wembley an der Wedau

Frank Baade | Dienstag, 19. Januar 2010 2 Kommentare

In Fürth werfen Lautrer Fans mit Schneebällen, in St. Pauli wirkt immer noch Corny Littmann, in Duisburg sieht ein Linienrichter ganz schlecht: Auch in der 2. Liga ist Einiges los

In Fürth liegt Schnee als Waffe auf den Tribünen herum. Die Lautrer Fans nutzen ihn, worauf Andreas Lesch (Berliner Zeitung) höhnt: „Für ein paar als Fans des Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern getarnte Idioten war die Winterpause in diesem Jahr eindeutig zu kurz. Der Frost hat die Aktivität ihrer Hirnzellen drastisch beschränkt. Das hat dazu geführt, dass die Herrschaften es richtig witzig fanden, während des Spiels den Greuther Torwart Stephan Loboué mit einem Schneeballhagel einzudecken. (…) Zu wünschen ist den Kältegeschädigten eine so heftige wie lokal begrenzte Klimaerwärmung, die immer genau dort zu spüren ist, wo ihr Klub gerade spielt. Wenn aber auch die Abwesenheit von Schnee und Eis nicht hilft und wenn die erwärmten Idioten, plötzlich total überhitzt, im Stadion eine Prügelei mit Sonnenschirmständern beginnen, dann geht es nicht anders. Dann muss leider der ganze ruhmreiche 1. FCK dran glauben. Dann wird er strafversetzt – zum Hallenfußball.“

„FC St. Pauli gehört in Liga 1″

Thomas Klemm erfährt im Interview (FAS) mit dem Präsidenten des FC St. Pauli, Corny Littmann, Interessantes zur Positionierung des Klubs: „Für viele Menschen ist St. Pauli ein Lebensgefühl, das sich mit dem Verein verbindet: das Andere – das Rebellische, das Antifaschistische, Antirassistische. Das eint uns mit den Fans und Mitgliedern. Das treffendste Gegenbeispiel ist Hoffenheim: ein künstlicher Klub, der mit Geld gemacht und zum Erfolg geworden ist. In Hoffenheim gibt es nur das Fußballspiel und sonst nichts. Da werden wohl um zehn die Bürgersteige hochgeklappt.“ Littmann räumt auch ein wenig mit dem Image des aktuellen FC St. Pauli auf: „Was den Mythos des Vereins ausmacht, der Totenkopf und das Freibeuter-Image, das ist auf die hundert Jahre gesehen eine relativ neue Geschichte. Das ist ja erst Mitte der achtziger Jahre entstanden, als die Hafenstraßen-Bewohner den Verein für sich entdeckten. Vorher war der FC St. Pauli eher ein proletarischer Stadtteilverein, ohne diese politisch-moralischen Grundsätze.“ Und findet am Schluss, dass man in der Stadt Hamburg das gesunde Wirtschaften St. Paulis anerkenne: „Als ein Verein, der das zur Verfügung gestellte Geld nicht versenkt, der nicht unsinnig investiert. Der, wenn man so will, das Unternehmen auf hanseatische Art führt. Ein finanzielles Risiko wie der 1. FC Nürnberg, der für den Kraftakt Aufstieg im vergangenen Jahr 5,8 Millionen Euro Verlust hinnahm, würden wir niemals mehr eingehen. Wir würden niemals mehr eine komplett neue Mannschaft kaufen wie nach unserem überraschenden Aufstieg 2001.“ Dennoch hält Littmann es für realistisch, dass sich der FC St. Pauli in den nächsten zwei, drei Jahren in der ersten Liga etabliere. Denn „dorthin gehört der Verein.“

Unions Blick kann nur nach oben gehen

Union Berlin wird wohl schon bald die Punkte für den Klassenerhalt gesammelt haben, weshalb Matthias Wolf (Berliner Zeitung) gewisse Fragen legitim findet: „Was geht noch nach oben mit einem Mosquera, der nach sieben Spielen ohne Tor wieder in Knipserlaune kommt?“ Dass man im Fußball mit Ironie meistens Schiffbruch erleidet, erwähnt Wolf ebenfalls: „Neuhaus wirkte verärgert, als er auf das Thema angesprochen wurde. Unter der Woche hatte mal wieder manch einer seine Ironie überhört, was leicht passieren kann. Da sagte Neuhaus, bei fünf Siegen zum Rückrundenstart würde er neue Ziele formulieren. Einige machten daraus Aufstiegsambitionen – und Neuhaus dementierte vehement.“ Wolf selbst findet, dass diese Frage angemessen ist: „Union hat mit 29 Punkten einen Status erreicht, der bemerkenswert ist für einen Aufsteiger. Der Blick kann im Grunde nur noch oben gehen.“

Nach dem Phantomtor einen Spieler befragen

In der zweiten Liga fällt ein „Phantomtor“, der Linienrichter missinterpretiert einen Lattenabpraller, der 1m vor der Torlinie aufkommt, als erfolgreichen Torschuss. Da es der Treffer zum 5:0 einer bereits entschiedenen Partie war, hält sich die Hitze in der Diskussion in Grenzen.

Katrin Schulze lobt im Tagesspiegel das relaxte Verhalten der vom Phantomtor Geschädigten: „Die Reaktion ist erstaunlich cool, couragiert – und angemessen. Schließlich war es für die Frankfurter schon der 34. Gegentreffer der Saison – so viele hat kein anderer Zweitligist. Ob sie ähnlich reagiert hätten, wenn das falsche Tor nicht das 5:0, sondern das 1:0 für Duisburg gewesen wäre? Vermutlich nicht. So aber ‚kommen wir wenigstens in jedem Jahresrückblick vor‘, freut sich Geschäftsführer Bernd Reisig. Aufmerksamkeit für den tristen FSV Frankfurt – was will der Klub mehr?! Absteigen wird er wohl so oder so. Mit oder ohne Nicht-Tor.“

In der FR befasst sich Jörg Hanau mit der kleinen Reminiszenz an 1966: „Die Spekulationen schießen nun ins Kraut. Sogar von einem neuerlichen Wettskandal ist hinter vorgehaltener Hand die Rede. Für Lutz Fröhlich, Abteilungsleiter Schiedsrichter beim DFB, sei es eine heikle Geschichte, bei jedem Fehler zu reflektieren, ob Wettbetrug vorliege oder nicht. Für den ehemaligen Fifa- und Bundesliga-Schiedsrichter steht aber außer Frage, dass ‚ein Fehler dieser Qualität auch bei uns Unverständnis hervorruft und auf dieser Ebene nicht passieren darf.‘ Fröhlich traute bei der Ansicht der Fernsehbilder seinen Augen nicht. ‚Auch wenn der menschliche Irrtum zum Fußball gehört, gibt es Grenzen.‘ Die Stadionregie verzichtete auf die Wiederholung des Phantomtors auf ihren Videowänden. Wohl auch, weil der Weltverband Fifa angeordnet hatte, dies bei strittigen Szenen zu unterlassen. So wurden Schiedsrichter Marco Fritz und dessen Kollege Münch vor dem höhnischen Gelächter der Zuschauer bewahrt. Den Fragen der DFB-Verantwortlichen werden sich Fritz und Münch aber stellen müssen. Auch der Schiedsrichter könne sich nicht frei von Schuld sprechen, nur weil es sich auf seinen Assistenten verlassen habe, argumentiert Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel.“

Fabian Schmidt befragt in der FAZ Hellmut Krug zu diesem Thema, Ex-Fifa-Schiedsrichter und Berater der DFL in Sachen Schiedsrichterwesen: „Ich kann mir viele Fehlentscheidungen erklären, aber hier bewegen wir uns in einem Bereich, der schwer nachvollziehbar ist. Vielleicht war Thomas Münch nur Sekundenbruchteile unkonzentriert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Assistent eine fehlerlose Leistung gezeigt. Eine Ursachenforschung ist schwierig. (…) Im Nachhinein hätte er sich über das Headset mit Thomas Münch noch einmal absprechen oder auch einen Spieler fragen können. Er selbst hat ja die ungewöhnlichen Reaktionen im Stadion auch wahrgenommen. In solch einer außergewöhnlichen Situation ist schnelles Erfassen verlangt, das birgt Fehler.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “Wembley an der Wedau”

  1. Tor ist’s, wenn der Schiri pfeift « Sportlich
    Dienstag, 19. Januar 2010 um 15:27

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  2. Bachhoffer Josef
    Mittwoch, 20. Januar 2010 um 17:25

    Hallo
    wer nicht selbst mal Spiele gepfiffen hat der kann auch nicht mitreden.
    Natürlich ist so ein Fall peinlich, und am meisten ärgert sich doch der Marco zusammen mit seinem Linienrichter über diese Sache.

    Marco, das geht vorüber und ich hoffe ,dass die Oberen dich in Ruhe weiterpfeifen lassen.

    Ein alter Breuningsweiler Mer der auch lange Jahre gepfiffen hat.

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