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DFB-Pokal

Bremen zeigt sein Pokalgesicht mit Mikro-Messi-Marin, Augsburger Aufstiegsträume

Frank Baade | Donnerstag, 25. März 2010 Kommentare deaktiviert für Bremen zeigt sein Pokalgesicht mit Mikro-Messi-Marin, Augsburger Aufstiegsträume

Werder Bremen erreicht zum 10. Mal das Pokalfinale, zum 5. Mal unter Thomas Schaaf, der schon als Spieler 2x den Pokal gewann, Augsburg will ohnehin lieber aufsteigen als pokalsiegen

Zum Spielverlauf mit einem kühlen 2:0 am Ende stellt Christian Kamp (FAZ) fest: „Es geht auch ohne Spektakel. Mit einem Sieg der eher nüchternen Art hat Werder Bremen das Finale um den DFB-Pokal erreicht. Verdient war der Sieg gegen den Zweitligavertreter aus Bayern schon – restlos überzeugen allerdings konnten die zuletzt so wankelmütigen Bremer auch diesmal nicht. Nach einer guten und kontrollierten Anfangsphase schlichen sich immer mehr Unkonzentriertheiten ins Werder-Spiel ein, so dass zwischenzeitlich eine Überraschung möglich schien.“ In einer Augsburger Drangphase sei es den Werderanern schwer gefallen, die Konzentration hoch zu halten. Augsburg habe letztlich aber die Klasse gefehlt.

Mini-Messi Marin

Nun, da die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb feststehe, verwandle sich die Bundesliga für Bremen plötzlich in „Zuckerwatte“ schreibt Ralf Wiegand in der SZ. „Auf einmal freuen sie sich wieder auf das Alltagsgeschäft. Da trifft es sich gut, dass die Bremer wenigstens einen im Team haben, dem all die Strapazen nichts auszumachen scheinen. Marko Marin wird besser, je länger die Saison dauert. Der Nationalspieler schließt mit Dribblings, Pässen und Toren inzwischen alle Lücken alleine, die in dem etwas wund gelaufenen magischen Dreieck mit Özil und Hunt klaffen.“ Strategische Weitsicht bescheinigt Wiegand Marin, Kaltschnäuzigkeit im Abschluss dazu. Wenn Messi zur Zeit nicht so extrem außergewöhnlich spielte, könnte man „Marin eine Art Mini-Messi, wenigstens aber Mikro-Messi nennen.“

Warum bricht Bremen regelmäßig ein?

Kai Niels Bogena sinniert in der Welt über die fehlende Konstanz Werder Bremens: „Für Erfolg über einen längeren Zeitraum reicht die Qualität meist nicht. Werder ist eine klassische Pokalmannschaft, die ganz offensichtlich den Kick des Extremsports braucht, das Gefühl, es könne jeden Moment vorbei sein. Denn wenn der Ligaalltag ansteht, brechen die Bremer regelmäßig ein. Obwohl Werder, die vergangene Saison ausgenommen, seit zehn Jahren im oberen Tabellendrittel mitmischt, reichte es nur 2004 zur Meisterschaft. Ansonsten überwiegt oft genug der Eindruck, dass mehr möglich wäre, wenn sich das Team in den Bundesligapartien ähnlich konzentrieren könnte wie im Pokal.“

Mit der selben Medaille, allerdings mit der erfolgreichen Seite, befasst sich Ralf Wiegand in der SZ: „Die Psychologie kennt seit Robert King Merton den Begriff der self-fullfilling prophecy, der selbsterfüllenden Vorhersage also. Der amerikanische Soziologe erklärte mit dieser Theorie eine unterbewusst ablaufende Verhaltensänderung, die erst dazu führt, dass sich eine Erwartung tatsächlich erfüllt.“ So laufe das bei Vizekusen, beim Serienmeister Bayern und selbst beim ständig scheiternden Ballack. Und gerade eben im Pokal gelte: „So ist das auch mit den Bremer Serienfinalisten des Trainers Thomas Schaaf, der als erster Coach zum fünften Mal den Pokal gewinnen kann.“

Thurk wie ein Amateurspieler

Verlierer Augsburg ist nicht sonderlich traurig. Zum einen, weil man noch andere Ziele hat, zum anderen, weil man gut versorgt wird.

Robert Götz (Augsburger Allgemeine) hält zunächst zum Spiel fest: „Es war kurz vor und kurz nach der Halbzeit, als der FCA seinen großen Respekt vor dem haushohen Favoriten ablegte und munter mitspielte. Thurk, mit 33 Jahren und 81 Bundesliga-Spielen und sogar Europacup-Erfahrung in den Beinen, hätte nach rund 50 Minuten dem Pokalfight eine Wende geben können. Sonst so abgezockt, stellte sich Thurk ungeschickt an wie ein Amateurspieler aus der A-Klasse. Doch das war eben der Unterschied zwischen einem Bundesliga-Spitzenteam und einem Zweitliga-Spitzenteam. Die Bremer blieben auch im dritten Spiel innerhalb weniger Tage in den entscheidenden Szenen cool und clever. Am Ende zogen sie verdient zum zehnten Mal in das Pokalfinale ein.“

Die SZ fügt an, dass man in Augsburg weiter nach vorne blicke: „Die Erwartung des nahenden Aufstiegs tröstete den Tabellenzweiten der zweiten Liga über das Ausscheiden hinweg. Trainer Jos Luhukay schien beinahe aufzuatmen, dass der Liga-Endspurt nicht noch von so einem Großevent wie dem Pokalfinale überstrahlt wird. Nichts, nicht mal Erfolg, soll das Projekt Bundesliga gefährden.“

Hausgebeizter Gravedlachs mit Honig-Chilisauce

Was allerdings die Augsburger an dem Abend tatsächlich getröstet hatte, weiß wiederum die Augsburger Allgemeine. Jürgen Marks berichtet frisch vom Tisch: „Es gab hausgebeizten Gravedlachs mit Honig-Chilisauce, Mortadellaröllchen, Medaillons von der Pute mit Rahmsauce von schwarzen Oliven und Schollenfilet mit Mangochutney. Gegen zwei Uhr ging das Bankett der traurigen Helden zu Ende. Der eine oder andere hatte befolgt, was Peter Bircks in seiner Rede empfohlen hatte: ‚Zwei Gläser Rotwein und die Welt sieht wieder besser aus.‘“

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