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Am Grünen Tisch

Blinde unter Sehenden

Jan-Carl Ronnecker | Dienstag, 29. Juni 2010 Kommentare deaktiviert für Blinde unter Sehenden

Rosetti kann eine Toreintscheidung trotz besseren Wissens nicht zurücknehmen, das Lampard-Tor gegen Deutschland wird nicht gegeben; technische Hilfsmittel lehnt die Fifa jedoch weiterhin ab

Tom Dunmore (pitchinvasion.net) stellt fest, dass der Unmut richtig addressiert sei: „Es ist ziemlich offensichtlich, dass nach Fehlentscheidungen der Schiedrichter mit dem Finger auf die Fifa gezeigt wird – und natürlich ist diese dafür verantwortlich, eine hohe Qualität der Schiedsrichterleistungen bei der WM und in diesem Weltsport sicherzustellen. Der sture Widerstand gegen selbst ausgereifte Torlinien-Technik ist nur das eklatanteste Beispiel für das Scheitern in diesem Punkt.“

Toren im Abseits

Die so kritisierten stellten sich jedoch einfach taub und verweigerten die Stellungnahme, beklagt Jens Weinreich (jensweinreich.de): „Auch Vizepräsident Chung Mong-Joon, der Hyundai-Milliardär, Uefa-Präsident Michel Platini oder Fifa-Präsident Joseph Blatter – alle sind sie schwer beschäftigt mit Speis und Trank und Ruhepausen. Und schließlich, was regt sich die Welt auf, haben sie doch schon alles zum Thema gesagt. Anfang März etwa, nach der Sitzung des für die Regeln zuständigen International Football Association Boards (Ifab). Damals übrigens stimmten auch zwei der vier britischen Verbände, die sich jetzt kollektiv über das nicht gegebene Lampard-Tor beschweren, im Ifab gegen die Einführung von Torkamera, Chip im Ball und Videobeweis. Auf die Aussagen nach jener Ifab-Sitzung verwies man nun erneut. Damals erklärte die Fifa-Gottheit Blatter: ‚Wieso sollte man die Verantwortung des Schiedsrichters jemandem anderen übertragen? Selbst eine Zeitlupeneinstellung bringt keine Klarheit.‘ Diese WM bewies das Gegenteil.“

Kai Pahl (allesaussersport.de) hatte ein Schlüsselerlebnis und fordert den Videobeweis: „Es ist ein hohes und ein wertvolles Gut, 45 Minuten Spielfluss am Stück zu haben und es gilt, dieses Gut zu wahren. Ein anderes Gut ist aber die Integrität des Spiels. Das Schlüsselereignis, das mich gestern endgültig kippen ließ, war nicht das “Wembley-Tor” von Lampard, sondern das Schiedsrichtertrio um Roberto Rosetti. Die Gesichter nach dem Abseits-Treffer von Tevez-Treffer sprachen Bände: sie wussten dass sie eine krasse Fehlentscheidung getroffen hatten, sie wussten, dass alle 22 Spieler, alle 84.000 Zuschauer im Stadion und alle Millionen Fernsehzuschauer die Abseitsstellung spätestens mit der Wiederholung sahen. Tevez drei Meter im Abseits. Und es gab keine Möglichkeit, diese Entscheidung zu widerrufen, obwohl alle wussten, dass diese Entscheidung falsch war. Und das macht die Glaubwürdigkeit des Spiels kaputt. Das Gesicht von Roberto Rosetti und seinem Assistenten werde ich nicht so schnell vergessen.“

Christian Zaschke (SZ) sieht eine andere Lösung kommen, die sich bisher nicht wirklich bewährt habe: „Bereits kurz nach der Partie Deutschlands gegen England teilte die Fifa mit, dass sie ihre Positionen hinsichtlich des Einsatzes von Technologie nicht überdenken werde. Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke räumte ein, dass es einige schlechte Entscheidungen gegeben habe. Abhilfe soll jedoch nicht die Technik, sondern mehr Personal schaffen. Valckes Ansicht nach sollen die in der Europe League getesteten Tor-Assistenten auch bei WM-Turnieren zum Einsatz kommen. ‚Wir könnten dem Schiedsrichter helfen, wenn ihn mehr Augen unterstützen‘, sagte er. Die Tor-Assistenten hatten allerdings in der Europa League eher für Konfusion gesorgt. Entscheidende Szenen im Strafraum, auf den sie besonders achten sollten, übersahen sie regelmäßig. Zudem belustigten sich Fußball-Fans in ganz Europa darüber, wie an den Fernsehern plötzlich am Bildrand ein vierter und ein fünfter Schiedsrichter ins Bild schlichen.“

Wo ist Busacca?

Thomas Niggl (Tagesanzeiger) fragt sich, was aus dem Schweizer Schiedsrichter geworden sei, der nach seinem ersten Einsatz nicht mehr nominiert wurde:In Südafrika kursieren um Busacca wilde Gerüchte und Spekulationen. Während des Spiels zwischen Südafrika und Uruguay hatte er sich den Zorn des Gastgeberlandes eingehandelt. Er hatte den einheimischen Torhüter Khune des Feldes verwiesen, weil dieser Uruguays Stürmer Sanchez mit einer Notbremse am Torschuss gehindert hatte. Den fälligen Elfmeter hat Forlan souverän verwandelt. Die 0:3-Niederlage war der Anfang vom Ende für die Südafrikaner an dieser Weltmeisterschaft gewesen. Wird Busacca auf Druck des Gastgeberlandes von der Fifa nicht mehr für weitere Spiele nominiert? Südafrikas brasilianischer Trainer Carlos Alberto Parreira hatte nach der Partie sogar gefordert: ‚Dieses Gesicht will ich an dieser WM nicht mehr sehen.‘“

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