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Kommunikationskontrolle

Jan-Carl Ronnecker | Mittwoch, 7. Juli 2010 Kommentare deaktiviert für Kommunikationskontrolle

Der DFB verweigert die Freigabe eines Bierhoff-Interviews; Nigeria löst seinen Fußballverband doch nicht auf und die Fifa lernt nicht aus ihren Fehlern

Steffen Dobbert (Zeit Online) hat ein Interview mit dem Teammanager der deutschen Nationalelf geführt, darf es aber nicht veröffentlichen. Dabei habe der Interviewte im Gespräch einen positiven Eindruck gemacht: „Es gibt Personen, die wirken aus der Ferne arrogant, eingebildet, besserwisserisch, glatt. Wenn man sie dann jedoch trifft, ist man überrascht über ihre Offenheit und Authentizität. Oliver Bierhoff ist so einer. Das Gespräch mit ihm dauerte nur ein knappe halbe Stunde. Bierhoff hatte sich in Rage geredet. Aber er hatte nichts gesagt, was die Fußballwelt erschüttern würde. Vielleicht wirkte er so authentisch, weil er ehrlich war. Vielleicht dürfen seine Worte deshalb nicht veröffentlicht werden.“ Der Pressesprecher des DFB habe eine Freigabe des Interviews verweigert, mit der Begründung „man müsste so viel ändern – dafür habe man keine Zeit, er nicht, und Oliver Bierhoff auch nicht. In den vergangenen neun Jahren sei dies nur zwei oder drei Mal vorgekommen. Wenn man sich in die Situation Bierhoffs versetzt, lässt sich nachvollziehen, weshalb er seine so offen geäußerten Worte nicht veröffentlicht sehen will. Wenn diejenigen, die handeln, nicht mehr denen, die darüber schreiben, vertrauen können, haben sie vielleicht keine andere Wahl mehr, als sich einzumauern. Nur was, wenn die Mauern so hoch sind, dass der wahre Oliver Bierhoff gar nicht mehr zu erkennen ist?“

Verbandsauflösung zurückgenommen

Nigerias Staatschef beugt sich dem Druck der Fifa und nimmt die Auflösung des nationalen Verbandes und die Abmeldung aller nigerianischen Mannschaften von internationalen Wettbewerben für zwei Jahre zurück. Eine Entscheidung aber bleibe unangetastet, so Dominic Johnson (taz): „Klientelismus und Korruption im NFF werden in Nigeria weithin für die desaströse Leistung des nigerianischen Fußballteams „Super Eagles“ bei der WM in Südafrika verantwortlich gemacht. Die ebenfalls letzte Woche vom Präsidenten verfügte Auflösung der Super Eagles als Mannschaft bleibt bestehen, da der NFF sich dies nun zu eigen gemacht hat. Die neue Interimsführung des NFF unter Obinna Ogba sprach jetzt auch eine öffentliche ‚vorbehaltlose Entschuldigung an den Präsidenten und das nigerianische Volk‘ aus. Die Weltmeisterschaft des U20-Frauenfußballs, die am 13. Juli in Deutschland beginnt, kann nun wieder mit Nigeria stattfinden.“

Wenig Liebe für die Wohltäter

Roland Zorn (FAS) betrachtet noch einmal das Wirken des Weltverband und stellt fest, dass die Fifa auch bei dieser Weltmeisterschaft keinen Beliebtheitspreis abräumt: „Blatter wird gegen Ende der rund vierwöchigen Veranstaltung gewiss zurückfinden zum hohen Feiertagston, den er zum WM-Beginn am 11. Juni als Überbringer der panafrikanischen frohen Botschaften anschlug. Fürs erste aber mag ihm dämmern, dass er und seine mächtige Sportorganisation sich nicht einmal in Südafrika einer erkennbaren Popularität erfreuen. Viel mehr wird die von rund 600 Fifa-Mitarbeitern begleitete Südafrika-Expedition zusehends misstrauisch beäugt. Die Fifa, dieser Eindruck drängt sich auf, scheint für einen Monat die Oberhoheit über die Kaprepublik inne zu haben. Tatsächlich ist die Regierung unter Präsident Jacob Zuma den Fifa-Forderungen weit entgegengekommen. So müssen die Fußball-Weltregenten und diejenigen, die von ihrem Geldsegen profitieren, für die Dauer ihres Aufenthaltes in den WM-Städten keine Mehrwertsteuer, keine Einkommensteuer und auch keine Zollgebühren bezahlen. Paradiesische Zustände in einem Land, in dem 40 Prozent der Bevölkerung am Tag mit weniger als zwei Euro über die Runden kommen müssen. (…) Wie eine Weltregierung auf Zeit geriert sich die Fifa bei ihrem größten Ereignis, das Einnahmen von 3,2 Milliarden Dollar (2,35 Milliarden Euro) generiert. Der Eindruck zumindest wird in einer Fußball-Gesellschaft genährt, die allein um sich selbst kreist und dabei zuzeiten die Proportionen für die eigene Wichtigkeit zu verlieren droht. Die Welt der Fifa bleibt selbst bei ihrer Weltmesse groß und klein bis kleinlich zugleich – es geht nur um Fußball.“

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