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EM 2012

Selbstbewusster Mario Gomez führt die Nationalmannschaft zum sechsten Sieg im sechsten Spiel in der EM-Qualifikation

Martin Hauptmann | Samstag, 4. Juni 2011 Kommentare deaktiviert für Selbstbewusster Mario Gomez führt die Nationalmannschaft zum sechsten Sieg im sechsten Spiel in der EM-Qualifikation

Das spielerisch enttäuschende 2:1 des DFB-Teams in Wien gegen Österreich offenbart den Kräfteverschleiß vieler Spieler und die Nervenstärke des Mario Gomez

Michael Horeni schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über Joachim Löws Lieblingsschüler: „Man kann kaum behaupten, dass Joachim Löw ein großer Fan von Mario Gomez ist. Fan ist der Bundestrainer nur von wenigen Spielern. Mesut Özil ist so ein Spieler der allerersten Kategorie, weil er schon nach zwei, drei Auftritten wusste, dass Özil die Nationalelf prägen und ihr eine neue Qualität schenken würde. Dann gibt es die zweite Kategorie von Spielern, bei denen das Fußballherz von Löw zwar nicht in Verzückung gerät, die aber seine höchste Wertschätzung genießen, weil er fest davon überzeugt ist, dass sie sein Team dauerhaft ein Stück weiter bringen, dass sie ein wichtiges Teil in seinem Personalpuzzle sind, um im kommenden Sommer die Nummer eins in Europa zu werden und dann vielleicht auch in der Welt. Sami Khedira […] ist so ein Spieler. Und dann gibt es noch die Kategorie, zu der Mario Gomez gehört, […Spieler,] die dem Bundestrainer eigentlich gar nicht so richtig ins Konzept passen.“  Löw erachte Miroslav Klose nämlich als den flexibleren Stürmer.

Zumindest Mario Gomez jüngste Leistungen in Verein und Nationalmannschaft sprechen eine andere Sprache.

Gomez ist sensibel und dennoch cool

Frank Mende (ARD) benennt dafür ganz bestimmte Gründe: „Der Münchner ist ein Paradebeispiel für einen Stürmer, der seine Qualitäten zu 100 Prozent nur abrufen kann, wenn er den Kopf frei hat, wenn die Seele nicht leidet, wenn die Fans ihm den Rücken stärken. Pfiffe nachtragender Anhänger wie beispielsweise Ende März im Testspiel gegen Australien wirken bei Gomez außerordentlich kontraproduktiv. […] Hat er aber erst einmal einen Lauf, ist er durch nichts und von niemandem zu stoppen. Mit der breiten Brust eines Bundesliga-Torschützenkönigs trumpft er nun auch in der Nationalelf auf.“

Gomez habe sich im Anschluss an die große öffentliche Kritik nach seinem „Stolper-Malheur“ bei der EM 2008 als ‚der Blinde mit der Lachnummer von Wien’ gefühlt. Die Verbindung Wien und Gomez könne man nun drei Jahre danach als ‚nackten Wahnsinn’ bezeichnen.

Gomez erlebt Renaissance in Wien

Auch Thomas Hummel erinnert sich gut. In der Süddeutschen Zeitung beschreibt er noch einmal die berühmte „Torverhinderungsszene“: „Hätte der Stürmer des FC Bayern vor fast genau drei Jahren geahnt, dass im Wiener Ernst-Happel-Stadion ein solcher Abend auf ihn warten würde, er hätte sich viele düstere Gedanken gespart. Damals, am 16. Juni 2008, hatte eine fatale Bewegung mit dem rechten Unterschenkel die Karriere des Mario Gomez in eine unerquickliche Richtung geschoben.“

Frank Hellmann (FR) freut sich über das Ende des Fluchs und damit aller Schmäh- und Unke-Rufe: „Und doch ging der Favorit noch mit einer Führung in die Pause, die auf Gomez“ Konto ging, dem nach einer Ecke der Ball fast unfreiwillig auf den Fuß fiel. Dies mutete wie Ironie der Geschichte an, so griff sich der 25-Jährige hernach vor Glück keinen Mitspieler, sondern eben die Metallstange – und machte mit dieser Geste deutlich, dass ein persönlicher Fluch endgültig besiegt war.

Gomez ist der „Mann der Stunde“

Peter Ahrens zieht im Spiegel den Hut vor dem Facettenreichtum des Mario Gomez: „Zu Spielbeginn traute man es sich eigentlich nicht, zu denken. Schon wieder Österreich, schon wieder Wien, schon wieder dicke vergebene Tormöglichkeiten. Aber der Mario Gomez von 2008 und der von 2011 sind mittlerweile zwei unterschiedliche Menschen. Und genau deswegen verwandelt der Mario Gomez von 2011 mittlerweile sogar Standardsituationen. Und der Mario Gomez von 2011 entschied in der Schlussphase das Spiel.“

Das Problem der Österreicher: sie trauen ihrer eigenen Mannschaft nichts zu

Thomas Hummels (SZ) interessiert die Stimmung bei den Unterlegenen: „Sogar auf der Pressetribüne gab es Schreie des Entsetzens, der liebe Gott wurde mit nicht zitierfähigen Ausdrücken gescholten, weil er so viel Unglück für Felix Austria zuließ. Fäuste flogen auf die Tische. Diese knappe, unverdiente Niederlage war in diesem Moment schlimmer als ein allseits erwartetes 0:4. […] Bereits vor dem EM-Qualifikationsspiel in Wien schrieben die Gazetten über die eigene Mannschaft, ja über den ganzen heimischen Fußball, als treten in diesem Wintersportland nur die schlechtesten Abfahrer gegen den Ball, weil irgendwer müsse es ja tun.“

Michael Rosentritt (Tagesspiegel) vertritt die Auffassung, die österreichische Mannschaft habe sogar besser gespielt: „Die Österreicher, Nummer 74 der Welt, zeigten gestern eine starke Leistung, eine, die ihr die meisten ihrer Landsleute nicht zugetraut hatten. Am Ende unterlagen sie der Nummer vier der Welt unverdient 1:2“.
Aus dem Team der geschlagenen Österreicher Mannschaft hebt er einen Spieler aus der Bundesliga hervor: „Die Österreicher warfen sich mit dem Mute der Verzweiflung ins Match. Sie waren giftig in den Zweikämpfen und sie hatten in Martin Harnik ihren Antreiber, den die Deutschen nie in den Griff bekamen.“

Stefan Rommel (Spox) pflichtet Rosentritt bei: „Dass es am Ende doch zum sechsten Sieg im sechsten Qualifikationsspiel gereicht hat, war ein glücklicher Zufall. Oder, um Löws Worte aufzugreifen, ein unseriöser Sieg.“

Spieler brauchen Ruhe

Joachim Löw begründete die fehlende Leistungsbereitschaft des Deutschen Teams nach dem Spiel: „Wir haben heute viele Fehlpässe gespielt. Die Dynamik in den Aktionen einzelner Spieler war nicht mehr da. Aber ich habe absolutes Verständnis dafür, gerade die WM-Spieler sind am Limit ihrer Kräfte und brauchen Urlaub“.

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