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Das Ende der Schonfrist – Harte Kritik für die Frauen WM 2011

Matthias Nedoklan | Dienstag, 5. Juli 2011 8 Kommentare

Die Presse geht mit dem Frauenfußball erneut hart in die Kritik. Die Leistungen bei der WM sind wahrlich keine Werbung für den Sport, der Tiefpunkt sind die Schiedsrichter.

Jürgen Kalwa (American Arena) beschäftigt sich mit der Perspektive der Frauen im Spitzensport im Allgemeinen: „Wenn die hochgejazzte Fußballveranstaltung in Deutschland eines zeigt: dann, dass trotz aller Begeisterung für den Eventcharakter der Angelegenheit und die Chancen der deutschen Mannschaft, zum dritten Mal nacheinander Weltmeister zu werden, an einer Wahrheit nichts zur rütteln ist: Die Frauen liefern einen ziemlich dürftigen Kick. Es handelt sich um Sport zweiter Klasse.“

Holger Gertz (SZ) analysiert die Gesten der Fußballdamen. Viele Kickerinnen orientieren sich nämlich in ihrem Verhalten an den Männern: „Frauenfußball ist anders als Männerfußball, das stimmt natürlich, bei der Weltmeisterschaft kann jeder sehen, dass Frauen womöglich keine Sammler, auf jeden Fall keine Jäger sind. Viele treffen das Tor nicht, es kann schutzlos und weit geöffnet vor ihnen liegen, sie schießen drüber. Die Schwedin Lotta Schelin ist eine elegante Stürmerin, aber vor dem Kasten verhält sie sich wie Mario Gomez in seinen dunkelsten Phasen. Man könnte sie Chancentod nennen, Frau Chancentod. Darin liegt der Reiz des Turniers. Es wäre nicht halb so spektakulär, wenn der Männerfußball nicht wie eine Schablone auch über der Frauen-Weltmeisterschaft liegen würde“
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Es fehlt die Erfahrung

Peter Heß (FAZ) geht nach dem skurrilen Handspiel, dass Gyoengyi Gaal in der Partie zwischen Äquatroialguinea und Australien übersah, mit den Schiedsrichterinnen und der FIFA hart ins Gericht. „Aber sie sollte dringend die Lehren daraus ziehen, dass ihr verborgen bleiben konnte, wie die afrikanische Abwehrspielerin Bruna den Ball mit der Hand fing und erst nach mehreren Sekunden wieder losließ. Ihr Fehler war so eklatant, so haarsträubend, dass es keine Entschuldigung geben kann. Wohin schaute die Ungarin eigentlich die ganze Zeit? Eine Antwort auf die Frage wird frühestens nach dem WM-Finale erfolgen. Denn die Fifa verbietet es ihren Schiedsrichtern, zu sprechen. Das ist der eigentliche Skandal, nicht das schwache Leistungsniveau der weiblichen Referees in Deutschland. Gyoengyi Gaals Blackout lässt sich nicht erklären; dass viele Kolleginnen zahlreiche Situationen nicht richtig erkennen, schon. Ihnen fehlt die Erfahrung, auf diesem sportlichen Niveau und in diesen Arenen zu entscheiden.“

Frank Hellmann (FR) blickt auf die Leistungen der Frauen im Tor: „Offenkundig ist, dass von vielen Torfrauen bei dieser Weltmeisterschaft grundlegende Techniken ihres Berufsstandes nicht beherrscht werden. Das ist kein neues Problem. Im Frauenfußball fallen bei einer WM im Durchschnitt fast vier Tore pro Spiel. Im Kasten offenbart das schwache Geschlecht große Schwächen. Biomechaniker von der Kölner Sporthochschule haben deshalb ernsthaft vorgeschlagen, die Tore zu verkleinern oder die Bälle anzupassen.“

Bajramaj ist sportlich eine Randfigur

Christian Kamp (FAZ) greift Lira Bajramaj an: „Aber irgendwie passte sie damit trotzdem ganz gut zu Lira Bajramaj und zur Rolle, die sie bei diesem Turnier derzeit innehat. Ihre öffentliche Präsenz ist ungebrochen: ob auf Plakaten, wo sie einer Integrationskampagne ihr Gesicht leiht, in den Boulevardmedien, wo ihre Beziehung zu einem Zweitligaprofi zur Titelstory taugte (Lira in Love), oder im Fernsehen, wo sie zum Opfer eines Schabernacks für die Sendung ‚Verstehen sie Spaß?‘ wurde. Dort aber, wo es drauf ankommt, auf dem Platz, ist Lira Bajramaj nur eine Randfigur.“

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Kommentare

8 Kommentare zu “Das Ende der Schonfrist – Harte Kritik für die Frauen WM 2011”

  1. Dirk
    Dienstag, 5. Juli 2011 um 18:02

    Ich empfinde es inzwischen als extrem peinlich, mit welchem Zorn viele männliche Journalisten, Experten und Exprofis auf die Frauen-WM einprügeln.

    Ja, das Spiel ist vor allem hinsichtlich Technik und Schnelligkeit nicht mit dem Vollprofitum der Männer vergleichbar. Aber das ist ja keine Überraschung; zumindest nicht für diejenigen, die in den letzten Jahren ein paar Spiele der deutschen Frauennationalmannschaft gesehen haben.

    Und bei der Leistunsgbeurteilung geht es doch in erster Linie darum zu prüfen, ob eine Mannschaft (oder Spielerin) ihr Potenzial abruft und vollen Einsatz zeigt. Stattdessen ergötzen sich weite Teile daran, darauf herumzureiten, dass Frauen so viel schlechter als Männer spielen. Was soll denn dieser absurde Vergleich bezwecken?

    Wahrscheinlich ist die unbewusste Motivation also eine andere: „Männlichkeit“ zu schützen, in dem „Weiblichkeit“ runtergemacht wird.

  2. mustard
    Dienstag, 5. Juli 2011 um 18:23

    Ich finde es inzwischen extrem peinlich, wie Kritik an den Leistungen bei der Frauen-WM mit der Sexismus-Keule beantwortet wird.

    Wenn mit „3. Platz ist was für Männer“ wirbt, wenn versucht wird ein zweites „Sommermärchen“ zu inszenieren, dann muss man sich über einen Vergleich mit den Männern nicht wundern – an diese ist ja alles angelehnt.

  3. anderl
    Dienstag, 5. Juli 2011 um 18:55

    @mustard
    Danke für das Übernehmen meiner Meinung))))

    @dirk
    das Einprügeln auf die Damen muss nicht sein. Es ist unfair. Es gab letztens einen herrlichen Artikel eines Journalisten, in dem er sagt:
    http://www.taz.de/1/sport/wm-2011-mixed-zone/artikel/1/wir-tun-nur-so/

    Vielleicht sind die Journalisten jetzt sauer auf sich selbst und wollen es nur öffentlich nicht eingestehen, dass sie mit ihrer Ahnungslosigkeit eine Erwartungshaltung in der Öffentlichkeit geweckt haben, die die (daran unschuldigen) Damen niemals erfüllen können…

  4. Jürgen Kalwa
    Dienstag, 5. Juli 2011 um 19:50

    Zur Zeit artikuliert sich querbeet eine gewisse Produktenttäuschung. Ich fand in diesem Zusammenhang den Text von Harald Staun in der FAS sehr erhellend: „Die Diskrepanz zwischen der enormen medialen Aufmerksamkeit und der eher überschaubaren Relevanz des Geschehens ist für Fußballfans nirgends so erfahrbar wie bei dieser Fußballweltmeisterschaft der Frauen.“ (http://www.faz.net/artikel/C31013/frauenfussball-wm-chauvi-schoen-30453501.html) Man muss sich gar nicht fragen, wie es dazu kommen konnte, denn über eines will ich mich wirklich nicht beschweren: dass die Stadien ziemlich voll sind und das Turnier zumindest als Event ein Erfolg ist. Das sei allen Beteiligten gegönnt.

    Nur davon darf man sich nicht blenden lassen. Hinter diesem schönen Schein steckt eben nicht genug sportliche Substanz, um eine glorreiche Zukunft des Frauensports einzuleiten. Frauensport lebt überall von extremem Goodwill (auch von dem von Männern) und von Institutionen, die dabei geflissentlich ignorieren, dass sie keinen ROI erzielen.

    Wie lange das wohl gut geht? Zur Zeit schafft es Frauensport nicht mal, die Kernzielgruppe in ausreichender Zahl zu erreichen: junge Mädchen und Frauen, die selbst Sport treiben. Das mag sich ändern. Ich wäre da aber eher skeptisch.

  5. Manfred
    Dienstag, 5. Juli 2011 um 21:02

    Alles wie immer: irgendwas wird hochgejazzt und eine Erwartungshaltung geschürt. Blöd nur, wenn das so gepushte ‚Produkt‘ die teils selbst, teils von fast jedweder Journaille erfundenen und völlig überhöhten Erwartungen nicht erfüllt, wobei noch nichtmal die Gruppenphase vorbei ist und schon draufgehauen wird.
    Das ist nur erbärmlich und leider typisch.
    Arme Sommerlochsäue.

  6. Dirk
    Mittwoch, 6. Juli 2011 um 09:23

    @mustard

    wenn es so kritikwürdig ist, dass die Frauen nicht ein ähnliches Niveau erreichen wie die Männer, wie können dann all die Kritiker:

    -Landesligafußball anschauen?
    -Kinderfußball anschauen?
    -mit Freude an Fußball in den 60er-70er Jahren zurückdenken (der ja sooo langsam war)
    -selber Kopfrechnen und bei 37,7*41,32 scheitern (da Mathe-Weltmeister das im trunkenen Zustand schaffen)?
    -im Chor singen und lokal auftreten (obwohl das nicht annähernd ein internationales Niveau erreicht)?
    -nur 4000 € brutto verdienen (und die jüngere Nachbarin macht locker 500.000 im Jahr)?

    Diese Vergleiche sind unsinnig, weil die „Schlechteren“ gar keine Chance haben, das Level der „Besseren“ zu erreichen. Denn selbst wenn man die körperlichen Vorasusetzungen außer Acht lässt, kann der Frauenfußball doch momentan gar nicht ein vergleichbares Level wie der Männerfußball erreichen. So wie Baseball in Deutschland derzeit nicht mit Baseball in Cuba, USA oder Japan vergleichbar ist.

    Nebenbei: Ich finde die Provokation durch „Platz 3 ist was für Männer“ ganz amüsant. Entweder wird der Titel geholt (drei mal in Folge wäre eine beeindruckende Leistung) oder die auch durch die Spielerinnen und Trainerin geweckten Erwartungen werden nicht erfüllt.

  7. Heinz Gründel lebt!
    Mittwoch, 6. Juli 2011 um 10:24

    Dieser ganz, ganz fade Sprachwitz von Frank Hellmann in der Rundschau ist schon nicht mehr chauvinistisch, sondern nur noch unerträglich: „Im Kasten offenbart das schwache Geschlecht große Schwächen.“
    Aber von der Rundschau ja nichts Neues. Wundert sich noch einer, dass sie am Abkratzen ist? Bei diesen Sprachkünstlern, die sie beschäftigt, wahrlich keine Überraschung.

  8. Frankfurt fan
    Dienstag, 12. Juli 2011 um 19:05

    die medien haben alles versucht um die VM gross zu machen, aber nicht alles können die medien beeinflussen

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