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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Am Grünen Tisch

Schwierigkeiten mit der Selbstkontrolle?

Erik Meyer | Mittwoch, 7. März 2012 4 Kommentare

Im Fokus steht das Foul von Guerrero. Andere Themen sind die Performance von Petrić und Castro sowie die Frage, ob Chelsea-Oligarch Abramowitsch seinen Traum vom „blauen Barcelona“ beerdigt.

Andreas Hunzinger (FR) attestiert Paolo Guerrero
 „Schwierigkeiten mit der Selbstkontrolle“. Dadurch seien die Sanktionsmöglichkeiten nun erschöpft:  „Der HSV-Profi sollte sich fragen, warum es wiederholt zu derlei Ausbrüchen kam und am Ende dieses Prozesses eventuell professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Sonst muss man damit rechnen, dass der Tritt gegen Ulreich nicht sein letzter Ausraster war.“

Eine andere Problematik sieht Peter Ahrens (SpOn): „Der DFB hat sich mit dem Strafmaß sehr weit aus dem Fenster gelehnt. Er hat damit Maßstäbe gesetzt. Wenn künftig Profis mit absichtlichen Ellbogenchecks im Gesicht verletzt werden, wenn Spieler von hinten im Mittelkreis umgegrätscht werden, wenn mit den Stollen voran in den Zweikampf hineingegangen wird, eine Verletzung des Gegenspielers bewusst in Kauf nehmend – in all diesen Fällen werden künftig nicht nur die HSV-Fans noch genauer hinschauen, welches Strafmaß die DFB-Sportrichter in Frankfurt verkünden.“

Der Tagesspiegel bietet in seiner Berichtersattung zu dieser Angelegenheit einen informativen Service: „Lange Sperren gab es in der Geschichte des deutschen Profifußballs schon häufig, allerdings hat sie der DFB nicht archiviert. Die Nachrichtenagentur dapd hat eine Liste besonders erinnerungswürdiger Fälle seit 1963 zusammengestellt.“ (Übersicht am Ende des Artikels)

Markus Wanderl (NZZ) kann den angekündigten Abgang von Mladen Petrić nachvollziehen: „Nicht etwa, weil der Kroate, der auch die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, mit 31 Jahren zum alten Eisen zählen würde – Alter schützt vor Leistung nicht. Vielmehr sind sich HSV-Sportchef Frank Arnesen, Trainer Thorsten Fink und Vorstand Carl-Edgar Jarchow einig, eine Mannschaft formieren zu wollen, die sich in der nächsten Spielzeit für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren soll. Dazu bedarf es Spieler modernster Prägung.“

Philipp Selldorf (SZ) sieht den Auftritt von Leverkusen bei Barcelona vor allem als Bühne für Gonzalo Castros Nationalmannschafts-Ambitionen: „Neuerdings ist er sogar Kapitän. Castro hebt zwar hervor, er sei nur der Stellvertreter für Simon Rolfes, in Wahrheit ist der Amtswechsel das Zeichen für einen Wandel bei Bayer, der den alten Vorarbeiter in den Hintergrund gedrängt hat. Das neue, schnellere Bayer-Spiel hat Rolfes einen Stammplatz auf der Ersatzbank verschafft, am Ende könnte es ihn die Aufnahme in den EM-Kader kosten.“

Raphael Honigstein (Zeit Online) fragt, ob Chelsea-Oligarch Abramowitsch seinen Traum vom „blauen Barcelona“ beerdigt: „Die Macht der Kabine, in der sich bis auf Kapitän John Terry und eine kleine portugiesische Gruppe alle wichtigen Spieler gegen ihn positioniert hatten, war letztlich zu groß für den Villas-Boas. Aber es wäre zu kurz gegriffen, die Schuld allein bei einer Spieler-Verschwörung zu suchen. Im kaum zu durchschauenden System Abramowitsch klafft von dem geduldsarmen Russen abwärts ein derartiges Kontroll-Vakuum, dass die wichtigsten Spieler zwangsläufig zu Pseudo-Funktionären avancieren mussten.“

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Kommentare

4 Kommentare zu “Schwierigkeiten mit der Selbstkontrolle?”

  1. MS
    Mittwoch, 7. März 2012 um 12:25

    In der Liste des Tagesspiegels fehlen Junior Baiano (Werder) mit 10 Wochen, Uli Stein mit 10 Wochen für den Faustschlag gegen Wegmann und mMn. hatte Horst Hrubesch zu Beginn der 80er auch einmal einen Tätlichkeitsausfall gegen einen Schalker (?) und bekam irgendwas von 8 Wochen – 10 Spiele.

    Im Gegensatz zu Peter A. aus HH sehe ich übrigens das Foul von Ottl durchaus anders gelagert. Mit 3 Spielen ist er zwar überaus gut weg gekommen, 5-6 wären mir lieber gewesen – allerdings hatte er keinen Sprint von Jottwehdeh für sein Foul in Kauf genommen und da, wo er hin grätschte, war der Ball zumindest noch kurz vorher in spielbarer Nähe gewesen.

    Ein Problem durch die Strafe sehe ich auch für den DFB nicht. Ich wünsche mir derartiges Druchgreifen schon länger. Die Diego-Strafe für eine Tätlichkeit (Würgen) eines Karlsruhers von 3 (4?) Spielen hielt ich seinerzeit für einen schlechten Scherz – 6 Spiele waren für mich als SVW-Anhänger die UNTERE Grenze.
    Problematisch finde ich allerdings, dass die Provokateure im Allgemeinen zu gut wegkommen; habe dafür aber keinen Lösungsansatz außer dem der Bewährung/des Strafnachlasses für den Bestraften (was vielleicht den og. Diego-Fall erklärt), wobei die Schiris das ein oder andere früher unterbinden könnten.

  2. Vio
    Mittwoch, 7. März 2012 um 12:35

    Ich hätte noch einen Fall:

    Axel Kruse hat Mitte der 90iger mal Schiri Osmers über den Haufen gerannt und 10 Wochen bekommen, wurde dann vom VfB nach Basel verliehen um seine Strafe abzusitzen.

  3. Vio
    Mittwoch, 7. März 2012 um 12:40

    Ups, der war ja doch aufgeführt, übersehen.

  4. Pumukel
    Freitag, 9. März 2012 um 09:37

    Zum Thema Selbstkontrolle:

    Mir gefällt dieser Ausdruck nicht, weil er in meinen Augen etwas von sich selbst kontrollieren und damit sich selbst verleugnen beinhaltet, un das finde ich nicht gut.
    Es reicht nicht, seine Impulse bzw. Instinkte „im Griff“ zu haben. Denn seine vorhandene in einem brodelnde Emotionalität hat man damit noch nicht verstanden.

    Vielmehr sollte es um Einsicht und Vernunft gehen. Die Einsicht, dass man einen anderen Spieler nicht mal eben so brutal umholzen/-säbeln kann, auch wenn es noch so düster um einen selbst bestimmt sein sollte.

    Guerrero und auch viele andere Brutalos, ich denke zuerst an Pepe, sollte mal versuchen, solche Szenen wie Ullreichs Ballabschirmung an der Eckfahne, nach dem hohen HSV-Rückstand, zukünftig anders zu bewerten.
    Mit mehr Verantwortung für sich, sein Team und den Gegenspieler, stattdessen mit weniger Ausflucht und Verschleierung der Realität.

    Weniger als nächste bösartige Strafe des Schicksals oder persönliche Beleidigung, sondern mehr als selbstverschuldetes Resutat. Er hat sich beim Loslaufen verschätzt, er hat während des ganzen Spiels zu wenig gemacht, er hat verloren, er war zu schwach, und nicht die Gegner hatten Glück und die Mannschaftskameraden sind zu lustlos aufgetreten! Guerrero müsste sich stärker mit der nackten Realität der Fakten auseinandersetzen. Und die heißt jetzt erstmal 7 Wochen zusehen. Ohne Wenn und Aber!

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