Internationaler Fußball
Ciao, Calcio
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| Mittwoch, 30. Mai 2012Nicht nur die Erde bebt in Italien, auch der Fußball wird wieder einmal von Manipulationsvorwüfen erschüttert.
Im Hinblick auf die unter ähnlichen Umständen erzielten Erfolge der italienischen Nationalmannschaft bei vergangenen Tunieren kommentiert Birgit Schönau (SZ): „Je größer das Chaos, desto besser sind wir. Vielleicht haben das auch jene Polizisten gedacht, die im Morgengrauen ins Trainingscamp stürmten, als gelte es, einen Schwerverbrecher zu verhaften. Man kennt diese Theatralik von den Razzien der Carabinieri beim Giro d“Italia. Sie suggeriert, dass das Recht die Oberhand behält, auch wenn die nachfolgenden Prozesse viel zu oft im Sand verlaufen. Die Theatralik gehört zu Italien wie der Aberglaube.“
Christian Spiller (Zeit Online) sieht durch die Ereignisse gar die „Renaissance des Calcio gestoppt“: „Der große Skandal kommt nicht nur zur Unzeit, weil bald die EM auf dem Plan steht. Italiens Fußball schien nach schweren Krisenjahren auch wieder auf dem Weg der Besserung zu sein. Die in den achtziger und neunziger Jahren stärkste Liga der Welt war drauf und dran, wieder an alte Zeiten anzuknüpfen.“
Rafael Buschmann und Tom Mustroph (SpOn) warnen davor, den Skandal ausschließlich als italienisches Phänomen zu interpretieren: „Die Hintermänner, ungarische und albanische Gruppen, geführt aus Hightech-Firmen in Asien, tauchen nicht nur in den italienischen Akten auf. Mittlerweile arbeiten fast ein dutzend europäischer Polizeien und Staatsanwaltschaften an der Bekämpfung des Matchfixings.“
Der in den Gazetten heute allgegegenwärtige Tom Mustroph liefert in der NZZ auch eine lesenswerte Chronik des „Aufarbeitungs- und Ermittlungsspiels“ und bietet folgenden Ausblick: „Interpol schätzt den Umfang illegaler Fussballwetten auf 90 Milliarden Euro pro Jahr. Die gleiche Dimension erreicht der legale Wettmarkt. Die Versuchung, beim Wetten Gewinngarantien zu erreichen, ist gross. Einen logischen weiteren Entwicklungsschritt für Wettbetrüger stellt die bevorstehende EM dar.“