indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

WM 2014

Pathos und Porno

Erik Meyer | Mittwoch, 2. Juli 2014 Kommentare deaktiviert für Pathos und Porno

Während überwiegend die Begegnung Belgiens gegen die USA fokussiert wird, blicken wir darauf, wie andere WM-Partien verarbeitet werden.

In der Presse hallt noch eine Begebenheit vom Spiel Deutschland gegen Algerien nach: Der ZDF-Reporter Boris Büchler wurde von Nationalspieler Per Mertesacker für seine kritischen Fragen abgekanzelt. Frank Lübberding (FAZ) kommentiert: „Nach professionellen Maßstäben hatte Büchler unfassbares Glück gehabt. Keine Floskeln, dafür ein Statement mit Erregungspotential. Was will er mehr in der Epoche der als Journalismus drapierten Aufmerksamkeitsökonomie?“

Christoph Henrichs (Handelsblatt) sieht in der WM-Kolumne „Anstoss“ Anlass zur Grundsatzkritik: „Der Bundestrainer will nicht zugeben, dass mit der Verletzung von Shkodran Mustafi ein beinahe folgenschweres Missverständnis zu Ende geht. Löws Missverständnis besteht darin, dass es nur eine einzige Alternative zum hastigen von-Spiel-zu-Spiel-Coachen während der EM 2012 gibt: Der Bundestrainer will nun felsenfest zu der von ihm auserkorenen Weltmeistertaktik stehen.“

Der Pfosten Gottes

Florian Haupt (Welt Online) sieht sich nach dem Sieg Argentiniens gegen die Schweiz an die deutsche Diskussion erinnert: „In der Heimat lösten die dramatischen Schlussminuten so große Emotionen aus wie lange kein Fußballspiel mehr. (…) Als das Adrenalin wieder zurückwich, traten jedoch schnell ähnliche Wahrnehmungsdifferenzen zutage wie bei den Deutschen am Abend zuvor. Neben allem Pathos – ‚wir haben unser Leben auf dem Platz gelassen‘, sagte Di María – fragt sich die Öffentlichkeit schon auch, wann und ob ihre ‚Albiceleste‘ bei dieser WM jemals überzeugend Fußball spielen wird.“

Stephan Ramming (NZZ) zieht aus Schweizer Perspektive eine positive Bilanz: „Und so dachte man an 2006, an diesen ganz anderen WM-Achtelfinal gegen die Ukraine, den die Schweizer damals nach einem traurigen Spiel und nach einem noch traurigeren Penaltyschiessen verloren hatten. Dieses Spiel aber war anders, es war aufregend gewesen, und die Schweizer hatten das eingelöst, was sie von sich selber erwartet hatten: Sie wollten sich nach den drei Gruppenspielen nochmals steigern, sie wollten zeigen, dass sie zu einer Einheit zusammengewachsen und fähig sind, auch gegen einen der Grossen des Weltfussballs auf Augenhöhe zu sein – und eine berechtigte Chance auf den Viertelfinal-Einzug haben.“

Wie die Niederlage Algeriens bei algerischen Einwanderern in Frankreich aufgenommen wurde, darüber berichtet Robert Schmidt (Zeit Online): „Für die Aufregung um das algerische Fußballteam gibt es zwei Gründe: Noch nie ist das Land im Fußball so erfolgreich gewesen, noch nie war gleichzeitig die Mannschaft so französisch wie in diesem Jahr. 17 der 23 Spieler des algerischen Teams sind in Frankreich geboren. (…) Doch genauso wie nicht alle in Frankreich geborenen Spieler in der équipe tricolore unterkamen, fühlen sich nicht alle der insgesamt 1,7 Millionen algerischen Einwanderer und ihre Nachkommen vollends in Frankreich angekommen.“

Seltsame Proportionen

Eine neue Theorie für den Soccer-Boom in den USA hat Sebastian Moll (taz) von einer US-Kollegin gehört: „‚Für mich ist das wie Porno‘, sagt sie. Baseballspieler seien meistens fett, Footballspieler hätten Rüstungen an und Basketballspieler seltsame Proportionen. (…) Deshalb, glaubt Kate, würden sich Frauen in den USA lieber Fußball anschauen. Die stark wachsende Zahl weiblicher Sportkonsumenten laufe somit zu einem hohen Anteil dem Eurosport zu.“

Thomas Hummel schreibt im WM Tagebuch „Blog do Brasil“ (SZ) über Blatters Welt: „Fifa ist in Brasilien derzeit ein Synonym für Gesetz, Allmacht, göttliche Paragrafenordnung. (…) Das ist der Deal. Herr Blatter darf zufrieden sein: In Brasilien wird das aufs allergenaueste umgesetzt.“

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