WM 2014
Fußballlehrer Löw und die Rationalmannschaft
| Freitag, 4. Juli 2014Während sich die Franzosen von divenhaften Stars emanzipieren, sucht das deutsche Team die richtige Körpersprache und Kolumbien hat einen Magier gefunden.
Cathrin Gilbert und Hanns-Bruno Kammertöns (Die Zeit) haben ein ausführliches Interview mit dem Bundestrainer geführt. Darin stellt er sich unter anderem schützend vor kritisierte Nationalspieler wie Özil und Lahm: „Diese Art der öffentlichen Kritik ist für mich genauso unverständlich wie jene an Philipp Lahm. Da wird einiges eilig publiziert, da fehlt es manchmal am richtigen Maß.“
Der Bundestrainer spricht – auch über sich! Das große Löw-Interview morgen in der #ZEiT @DFB_Team @CathrinGilbert pic.twitter.com/LUReaWgF2y
— DIE ZEIT (@DIEZEIT) 2. Juli 2014
Er muss sich allerdings weiter Kritik gefallen lassen. Peter Ahrens und Rafael Buschmann (Spiegel Online) sehen zum Beispiel einen starken Kontrast zwischen der bisherigen Spielauffassung und der aktuellen Ausführung durch das Team: „Von der Euphorie, die vor vier Jahren das ganze Land erfasste und vom Team im fernen Südafrika aufgegriffen wurde, ist diesmal wenig zu spüren. Die Mannschaft spielt und siegt rational, die Begeisterung bleibt draußen, und das hat viel mit ihrem Trainer zu tun. Löw gibt in Brasilien den Verfechter des Ergebnisfußballs, und es wirkt so, als ob all das, was der Bundestrainer in den Jahren zuvor gelehrt und propagiert hat, bei dieser WM geopfert wird.“
Ein anderer Akteur, der Kritik auf sich zieht, ist Mesut Özil. Johannes Kopp (taz) verteidigt den „Integrationsverweigerer“: „Er habe nicht die richtige Körpersprache, wird immer wieder moniert. Der ‚deutsche Messi‘ darf nicht solche hängenden Schultern haben wie der echte. Obwohl der argentinische Ausnahmekönner ja trotz seines körpersprachlichen Understatements ganz passabel Fußball spielen kann.“
Die Emanzipation der Équipe
Vor dem Hintergrund der WM-Halblfinalbegegnung beider Mannschaften 1982 in Sevilla kommentiert Stefan Osterhaus (NZZ): „An der WM vor vier Jahren begeisterten die Deutschen, wie es einst die Franzosen taten – mit Spielfreude, Eleganz, Esprit. Ihr Trainer Joachim Löw sieht aus, als sei er einem Nouvelle-Vague-Film entstiegen, und mit historischen Exkursen braucht man diesem Team gar nicht zu kommen. (…) Es ist eine besondere Pointe der Fussballgeschichte, dass an dieser WM das athletischere Team aus Frankreich kommt – nicht aus Deutschland.“
Sascha Lehnartz (Welt Online) sendet ein informatives Stimmungsbild aus Paris: „Der Ausfall von Franck Ribéry hingegen wirkt sich auf die französische Mannschaft bislang in etwa so befreiend aus wie die Verletzung von Michael Ballack für die Deutschen vor vier Jahren. Dass Ribéry die Einladung des Verbandes, ihn zum Viertelfinale gegen Deutschland einzufliegen, abgelehnt hat und es stattdessen vorzuziehen scheint, auf Ibiza Bekannten beim Konsum suspekter Rauchwaren unter einem Handtuch zuzuschauen, passt da ins Bild. Diese Équipe Tricolore hat sich in den vergangenen drei Wochen von ihren divenhaften Stars emanzipiert.“
Der auferstandene Magier
Frank Hellmann (FR) porträtiert Kolumbiens Trainer Pekerman: „Nach Fortaleza, wo es selbst abends noch 25 Grad warm ist, sind die Kolumbianer einen Tag früher aufgebrochen, um sich besser zu akklimatisieren. Ihre Botschaften aber klingen weder hitzig noch übermütig, geschweige denn reißerisch. Auch das ist ein Verdienst Pekermans, den Kolumbiens Staatspräsident Juan Manuel Santos persönlich bittet, die Staatsbürgerschaft seiner Wahlheimat anzunehmen.“
Kommentare
1 Kommentar zu “Fußballlehrer Löw und die Rationalmannschaft”
Montag, 7. Juli 2014 um 07:48
[…] Ausscheiden im Viertelfinale wäre nicht als Erfolg zu verkaufen gewesen. Fußballlehrer Löw und die Rationalmannschaft können aber auch ein erneutes hängenbleiben im Halbfinale schlecht als Superstory verkaufen. […]