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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Was ist ihm vorzuwerfen?

Oliver Fritsch | Montag, 30. Oktober 2006 Kommentare deaktiviert für Was ist ihm vorzuwerfen?

Fortsetzung von: Prekariat der Fußballfans und kickende Unterschicht

Stefan Hermanns (Tsp) rät den Gladbachern zu Geduld mit Jupp Heynckes: „In Mönchengladbach wirkt es fast wie ein Kulturschock, daß die Borussia nun – zum ersten Mal seit Hans Meyer – wieder einen Trainer mit Konzept beschäftigt. Mit einem Konzept wie gemalt für den Verein. Jupp Heynckes will junge Spieler fördern, er will genau den schnellen und ansehnlichen Fußball sehen, mit dem es die Gladbacher sogar in den latent fußballfeindlichen Siebzigern zu Helden des Feuilletons gebracht haben. In einer Woche aber, in der die Mannschaft dreimal verliert, rücken solch Details schnell in den Hintergrund. Die Boulevardmedien streuen erste Zweifel an Heynckes. Doch was ist ihm vorzuwerfen? Daß das Konzept, das von vornherein auf mehrere Jahre angelegt war, nach vier Monaten noch nicht seine volle Wirkung entfaltet? Wer ein Konzept haben will, sollte schon wissen, daß er keinen Neururer bekommt.“

Cottbus, die spielstärkere Elf

Alle Zeitungen berichten nach dem 2:0 der Cottbuser gegen Hertha über Dieter Hoeneß‘ Wut auf Schiedsrichter Lutz Wagner, der sein Team seiner Meinung nach schon öfter benachteiligt habe. Hoeneß fordert sogar, daß Wagner nie mehr Spiele der Berliner pfeifen solle. Die Reaktion in der Presse: Stirnrunzeln. Javier Cáceres (SZ) führt den Mißerfolg auf Berliner Spielschwäche zurück: „Daß die Ursache für die Niederlage zuvorderst in Herthas erstaunlichen Unzulänglichkeiten zu suchen war, gestand auch Hoeneß ein, wenn auch erst auf Nachfrage. Aber immerhin. Auch Trainer Götz hatte nicht seinen besten Tag. Die Einwechslung von Hitzkopf Andreas Neuendorf mutete an wie der Versuch, Glut mit Feuer zu ersticken. Die Cottbuser stellten ihrerseits stolz die Federn senkrecht, angefangen damit, daß sie freudig auf den Besuch von Spähern von Manchester United und Tottenham Hotspur verwiesen. Was diese sahen, war Ungeahntes: Die Führung machte die überraschenderweise bis in Uefa-Cup-Platz-Regionen vorgedrungenen Platzherren so spielsicher, daß man sogar meinen konnte, die Mehrheit der Energie-Kicker hätte diesmal ihre rechten Füße in die rechten Stiefel, und die linken Füße in die linken Stiefel gesteckt.“ Matthias Wolf (FAZ) fügt hinzu: „Cottbus, das war diesmal wirklich die spielstärkere Elf: mehr Ideen, mehr Esprit, clever konternd. Auch wenn das mancher nicht wahrhaben wollte.“

Tsp: Hertha BSC fühlt sich von Schiedsrichtern benachteiligt – in letzter Zeit vor allem von Lutz Wagner

Kickende Unterschicht

Bochum spielt gegen Wolfsburg (0:1), und Richard Leipold (FAZ) schlägt die Hände vorm Gesicht zusammen: „Weder der VfL Bochum noch der Namensvetter aus Wolfsburg stehen in dem Ruf, die Bundesliga zu bereichern. Im unmittelbaren Vergleich sind die beiden Klubs aus der spielerischen Grauzone diesem Ruf gerecht geworden. Über dieses Spiel zu sprechen bereitete keinem der beiden Trainer Vergnügen.“ Leipold zitiert Klaus Augenthaler: „‘Ich habe damit gerechnet, daß wir schlecht spielen und gewinnen, aber daß wir so schlecht spielen, hätte ich nicht erwartet.‘ Das läßt ahnen, wie armselig dieses Treffen der kickenden Unterschicht war.“ Wie Bochum noch die Kurve kriegen will – Leipold hat keine Ahnung: „Der Tabellenletzte festigt seine Position und wirkt ganz so, als fügte er sich in ein sportliches Schicksal, das ihm alle paar Jahre bestimmt zu sein scheint. Keine andere Mannschaft hat im ersten Viertel der Saison so wenig Ermutigendes geboten wie das konturlose Ensemble aus Bochum.“

Andreas Morbach (FR) pflichtet bei: „Das Duell zwischen den grauen Mäusen aus Bochum und Wolfsburg hielt alles, was es vorher nicht versprochen hatte.“ Christoph Schurian (taz) schreibt: „Auch wenn im Verein keine Trainerdiskussion geführt wird, wenn die Presse lieber andere Sündenböcke sucht, auf die Fußball-Fotografen ist Verlaß: Im Presseraum stellten sie ihre Objektive nur auf Marcel Koller ein und warteten. Als der Trainer sich das eine Mal mit der Hand ins Gesicht fuhr, rasselten die Auslöser. ‚Hingerichtet‘, murmelte jemand.“

Tsp: Der Feind in meinem Trikot – Claudio Pizarro hindert Roy Makaay am Torschuß und vereitelt einen höheren Sieg der Bayern

Tsp: Der Fluch des späten Gegentors – nach dem siebten Unentschieden in Folge herrscht Ratlosigkeit beim 1. FC Nürnberg

taz: Das 0:0 zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96 ist für die Hannoveraner eine Bestätigung der gefestigten Grundstruktur; für den HSV ist das Remis ein Beleg für den Mangel an Spielideen

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