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Bundesliga

Beschleunigte Reifeprozesse

Frank Baade | Freitag, 29. Januar 2010 Kommentare deaktiviert für Beschleunigte Reifeprozesse

Beim VfL Bochum gibt sich Heiko Herrlich äußerst zielstrebig; Borussia Dortmunds Nuri Sahin ist mit 21 uralt, aber wertvoll; Frankfurt verpflichtet Altintop und verliert Preuß; zudem viele Interviews

Für Einsteiger nicht selbstverständliche Wucht

In Bochum sei man voll des Lobes für Heiko Herrlich, berichtet Daniel Theweleit (Berliner Zeitung): „Vermutlich kennt Herrlich den Weg vom Abgrund zurück ins Glück besser als jeder andere Bundesligatrainer. Nach der Überwindung seiner Krebserkrankung kämpfte er sich zurück in die Bundesliga. Er war zwar physisch gesund, aber er hatte sich verändert. Er hatte Depressionen und große Angst, vor einem Rückfall, erzählt Herrlich.“ Heute ist das trotz dieser Prägung anders. „Die Krankheit spiele inzwischen kaum noch eine Rolle, sagt der ehemalige Stürmer, doch die Grenzerfahrung hat seinen Reifeprozess beschleunigt. Im Alter von 38 Jahren werden nicht viele Leute Bundesligatrainer, in Bochum loben sie die Aufbruchstimmung, die herrsche, seit Herrlich da ist. Der junge Trainer glaubt, ein Schlüssel zum Erfolg sei, dass er ‚keine Angst mehr vor dem Scheitern‘ hat. Irgendwie hat sich Herrlichs Furchtlosigkeit ziemlich schnell auf seine Spieler übertragen. Drei Mal hat das Team unter Herrlich bereits in der Fremde gewonnen.“

Ein wenig sakral kämen Herrlichs Aussagen schon daher, aber sie kämen eben auch an, findet Richard Leipold (Tagesspiegel): „Als Herrlich in Bochum anheuerte, sah er sich Zweifeln und Vorurteilen ausgesetzt. Nicht nur beim Publikum, bei den Medien und sogar den Spielern, sondern auch bei Menschen aus seiner Umgebung. Die einen fragten sich, wie ein Trainer, der vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) kommt, eine Bundesligamannschaft – reich an Routiniers, arm an Spielkultur – aus der Abstiegszone führen sollte. Die anderen rätselten, warum Herrlich nicht auf ein besseres Angebot gewartet habe. Doch der trat nicht mit der genügsamen Attitüde an, die schon manchen, der vom DFB in die Liga wechselte, zum Scheitern verurteilte. Er wollte unbedingt zum VfL – mit einer Wucht, die selbst für Einsteiger nicht selbstverständlich ist. (…) Dienen, geben, opfern, ‚das habe ich nicht erfunden‘, sagt Herrlich, ‚aber ich habe es erlebt‘. Darauf fußt der Glaube, den er seinen Spielern vermitteln will.“

Andre Görke und Lars Spannagel (Tagesspiegel) beschäftigen sich mit den Auswirkungen des Winters auf den Spielbetrieb der Bundesliga.

Wirkung eines Heilers

Zur Zeit noch macht Ruud van Nistelrooy alle glücklich beim HSV, sogar Frank Rost, berichtet Martin Henkel (Berliner Zeitung): „Seit der Niederländer seine Stürmerfüße auf Hamburger Boden gesetzt hat, geht von ihm eine Wirkung aus, wie sie Heiler auf Sieche und Malade ausstrahlen – allein die Aura wirkt Wunder. Frank Rost zum Beispiel, schon mal nicht erzürnt gesehen? Der Torhüter saß am Dienstag neben van Nistelrooy auf dem Ergometer und schüttelte sich vor Lachen. Oder Bernd Hoffmann, eben noch in der Not erklären zu müssen, warum das Amt des Sportdirektors so verkümmert, jetzt mit vor Stolz geschwellter Brust. Und schließlich die Kabine: Der leibhaftige Ruud van Nistelrooy am Spind gegenüber. Alle begeistert, alle frohen Mutes. Nur einer, fernab in Südamerika, wird die Stirn in Falten gelegt haben: Paolo Guerrero.“ Dessen Position habe sich durch den Transfer weiter verschlechtert. Und durch seine Flugangst bessere sie sich ebenfalls nicht.

Altintops Förderer Skibbe

Eintracht Frankfurt verändert sein Personal. Ralf Weitbrecht (FAZ) schildert: „Nun also Altintop. Nach Skibbes fehlgeschlagenen Bemühungen, erst den Brasilianer Lincoln, dann den Griechen Theofanis Gekas und vor kurzem den Algerier Rafik Djebbour für ein Engagement bei der Eintracht zu begeistern, ist nun der offensichtliche Favorit da.“ Die beiden würden sich schon seit Jugendzeiten kennen und schätzen. Es sei sehr wahrscheinlich, dass Förderer Skibbe den auf Schalke unzufriedenen Altintop schon an diesem Samstag im Heimspiel gegen Köln von Beginn an einsetze. Darüberhinaus denke Skibbe sogar darüber nach, das komplette System wegen dieses einen Neueinkaufs zu ändern. „Schließlich sei Altintop für ihn ‚komplett in seinen stürmischen Qualitäten‘.“ Torwart Oka Nikolov möchte aufgrund eines lukrativen Angebots nach New York wechseln. Weil dort die Saison im März beginnt und Nikolov so Skbibbe für die letzten Saisonspiele fehlen würde, bekommt er zur Zeit keine Freigabe. Christoph Preuß hingegen musste nach erneuter Knieverletzung seine aktive Karriere im Alter von nur 28 Jahren beenden.

Ein Menschenjahr sind 1,4 Sahin-Jahre

In der SZ portraitiert Ulrich Hartmann den Spieler, der als jüngster überhaupt in der Bundesliga debütierte: „Nuri Sahin müsste jetzt bald 30 Jahre alt werden, zumindest gefühlt. Als er mit 16 ins Bundesligateam von Borussia Dortmund kam, sagte sein Trainer Bert van Marwijk, Sahin wirke, als sei er schon fünf Jahre dabei. Als er gerade 17 war, sagte der türkische Talentsichter Metin Tekin, Sahin habe den Charakter eines 20-Jährigen, und der heutige DFB-Sportdirektor Matthias Sammer bemerkte damals, Sahin spiele bereits Fußball wie ein 24-Jähriger. Das wahre Alter dieses Spielers errechnet sich offenbar wie beim Hund. Ein Menschenjahr sind 1,4 Sahin-Jahre.“ Alle möglichen Altersrekorde hat Sahin nach unten hin gebrochen, und besäße nun die „reife Erfahrung eines jungen Spielers. Sahin ist idealer Repräsentant einer seit zwölf Partien unbesiegten und mit vielen jungen Akteuren besetzten Dortmunder Mannschaft, die sich erstmals seit 2003 für die Champions League qualifizieren könnte.“

Interviews galore

Matthias Linnenbrügger spricht in der Welt mit Mladen Petric, auch er äußert sich zu Ruud van Nistelrooy, aber auch vielem Weiteren.

Oliver Müller (Welt) lauscht den Forderungen Hans-Joachim Watzkes danach, dass Mats Hummels Nationalspieler werden müsse. Immerhin warte man in Dortmund schon seit 2007 auf den nächsten Borussen, der das deutsche Trikot trägt.

Und Anja Schramm sprach ebenfalls für die Welt mit Ivica Olic, der überrascht ist, dass er überall, wo er spielt, Publikumsliebling wird.

Zu guter Letzt interviewt Matthias Wolf für die Berliner Zeitung Jan Schindelmeiser, den Manager der TSG Hoffenheim, in dem dieser erläutert: „Auch für Dietmar Hopp geht es um Nachhaltigkeit. Nehmen wir das Beispiel Nürnberg: Der Club gewinnt den DFB-Pokal, spielt international und steigt am Ende der Saison ab. Wir wollen zum festen Bestandteil der Bundesliga werden, das ist in den vergangenen Jahren nur den Aufsteigern VfL Wolfsburg und Hertha BSC gelungen.

Und selbst der Hertha droht nun die Zweite Liga.

Daran sehen Sie, wie schwer es ist, sich dauerhaft zu etablieren. Die Zweite Liga wirft jeden Klub ganz weit zurück. Wir werden lieber vier Jahre in Folge Achter als im nächsten Jahr Dritter, um im Jahr darauf abzusteigen.

Ihr Team ist Neunter.

Aber der Kader ist gut genug für das obere Drittel der Bundesliga. Im Moment bleiben viele unter ihren Möglichkeiten, aber das wird sich ändern. Wir sind auch deshalb ganz ruhig, weil einige Spieler zwar verunsichert und enttäuscht sind – aber die Atmosphäre ist gut und nach wie vor geprägt von hohem gegenseitigem Respekt.“

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