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Ballschrank

Wenn nichts mehr geht, kommt Friedhelm Funkel

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Wenn nichts mehr geht, kommt Friedhelm Funkel

„Wenn nichts mehr geht, kommt Friedhelm Funkel“ (SZ); „Ende des Leidens – Rangnick darf gehen“ (FAZ); „dem Ultimatum ein Ultimatum“ (FAZ) – „reif für Real“ (FAS); „der FC Bayern erreicht rechtzeitig zum Spiel in Madrid seine beste Form“ (BLZ) – „der VfL Bochum funktioniert noch“ (SZ) – „Dortmund, Stuttgarts Vorspeise – Hauptgericht in London?“ (FAS) – „das kleine Wunder von Rostock“ (FAS) – „Hertha im alten Trott“ (FAS) – „Kaiserslautern: Bolzen als Erfolgskonzept“ (FR) u.v.m.

Borussia Mönchengladbach – Hannover 96 1:0 – Entlassung Ralf Rangnicks

Peter Penders (FAZ 8.3.) kritisiert den Rauswurf Rangnicks: „Würde am Ende der Bundesligasaison das Unwort der Spielzeit gewählt werden, gäbe es einen ganz eindeutigen Favoriten: Ultimatum. Laut Duden handelt es sich dabei um eine auf diplomatischem Wege erfolgende Aufforderung, binnen einer bestimmten Frist eine schwebende Angelegenheit befriedigend zu lösen, unter der Androhung harter Maßnahmen, falls der Aufforderung nicht entsprochen wird. Teil eins dieser Aufforderung haben die Präsidenten oder Vorstandsvorsitzenden der Fußballklubs komplett gestrichen – auf diplomatischem Wege erfolgt in der Bundesliga offenbar überhaupt nichts. Siegen oder fliegen heißt es ganz unverhohlen und öffentlich, und wer tatsächlich siegt, fliegt eben später raus wie Eric Gerets in Kaiserslautern oder Huub Stevens in Berlin. So gesehen, hat es Ralf Rangnick gut – der Schabernack in Hannover ist für ihn endlich vorbei. Natürlich weiß man es erst im nachhinein besser, aber es gilt als erwiesen, daß sich Trainerwechsel nur in den seltensten Fällen auszahlen, was obendrein auch noch hypothetisch ist: Wer will schon vorhersagen, wie es mit dem alten Trainer weitergegangen wäre. Ganz sicher dürfte dagegen sein, daß ein Ultimatum nicht der letztmögliche Weg ist, wenn nichts anderes mehr Aussicht auf Erfolg hat. Ein Ultimatum bedeutet immer nur einen Entscheidungsaufschub, bei der nächsten Niederlage geht alles wieder von vorne los. Hätte Rangnick mit Hannover 96 in Mönchengladbach tatsächlich gewonnen, wäre sein Platz auch nicht sicherer gewesen als vorher. Denn bei einer Niederlage demnächst gegen den 1. FC Kaiserslautern wäre die Diskussion wieder eröffnet worden. Und es spricht zwar gegen die wirtschaftliche Vernunft, wäre aber ein Akt der eigenen Wertschätzung, wenn ein Trainer von sich aus den Kram einmal hinwirft, weil schon öffentlich mit seinen Nachfolgern verhandelt wird, während er sich mit der Mannschaft auf das nächste Spiel vorbereitet.“

Sprachkritik am „Ultimatum“

Gebrauchtwagenhändler

Stefan Hermanns (Tsp 8.3.) ergänzt: „Man hatte immer das Gefühl, dass Rangnicks Entscheidungen von langer Hand vorbereitet wurden, vom selbstherrlichen Präsidenten Martin Kind oder von Sportdirektor Ricardo Moar, der auch als Gebrauchtwagenhändler eine gute Figur machen würde. Rangnick galt einmal als kluger Kopf der Branche, als einer, der die Mechanismen des modernen Fußballs versteht, der eine Mannschaft besser machen kann, auch wenn man ihm nicht stets bessere Spieler verschafft. Aber jetzt ist er – nach Stuttgart – zum zweiten Mal in der Bundesliga gescheitert. Beim VfB musste er die Mannschaft mitten in der Saison übernehmen. Im manchmal irrealen Abstiegskampf, der konzeptionelles Arbeiten, wie Rangnick es schätzt, erheblich erschwert. Auch für den Misserfolg bei 96 wird Rangnick viele Gründe finden können, die nichts mit ihm und seiner Arbeit zu tun haben. Die Frage ist nur, ob man ihm das noch abnimmt.“

Hannover 96 muss erst einmal wieder Bescheidenheit lernen

Ralf Wiegand (SZ 8.3.) fügt hinzu: „Die Schuld am Niedergang der vormaligen Spaßfußballer ist schwer auf alle Schultern zu verteilen. Da ist der Präsident Kind, der zwar Hörgeräte herstellt, aber auftritt wie ein Megaphon-Produzent; und Ricardo Moar, spanischer Spielerbeschaffer aus Leidenschaft; oder eben Ralf Rangnick, Trainer mit Intellektuellen-Image und Trotzkopf-Attitüden. Jeder für sich mag eine Vorstellung gehabt haben, wie man aus Hannover 96 eine Größe machen kann. Nur abgesprochen haben sie ihre Ideen wohl nie, weshalb den 96-Fans die Entscheidung unmöglich geworden ist, wem sie noch Sympathien schenken könnten. Folglich würden die Anhänger am liebsten Vorstand samt Team auch noch in die Wüste schicken und nur den Klub behalten. Etwas Schlimmeres als der Verlust der Glaubwürdigkeit an der Basis kann kaum passieren. Dabei ist es in einem Geschäft, das vom Wechsel lebt, zwar schwer, Identifikation zu stiften – unmöglich ist es nicht. In Rostock und Bochum etwa haben sich aus Vorstand, Mannschaft, Trainer und Fans Einheiten gebildet, die sanftes, aber stetiges Wachstum versprechen. Dort ist nicht, wie in Hannover, erst das Ziel formuliert und dann ein Weg gesucht worden. Der VfL und Hansa haben vielmehr kühl Standortfaktoren bewertet, sich als verlässliche Nischen definiert – weniger Geld, mehr Herz! – und Trainer mit der Bereitschaft zur absoluten Identifikation mit dem Klub gefunden. Im Ergebnis sind die einstigen Krisenvereine nun homogene Gebilde, die sich gegen aufkommende Erfolge kaum mehr wehren können. Hannover 96 muss also nach der lebensgefährlichen Phase der Selbstüberschätzung erst einmal wieder Bescheidenheit lernen. Dazu gibt es nun tatsächlich kaum etwa besseres als das Prinzip Funkel.“

Claus Dieterle (FAZ 8.3.): „Während der Präsident seinem Trainer die Entscheidung mitteilte, spielte ein potentieller Kandidat am Sonntag in München im Deutschen Sportfernsehen Doppelpaß. Friedhelm Funkel, am 30. Oktober wegen Erfolglosigkeit vom 1. FC Köln beurlaubt, hatte schon am vergangenen Dienstag mit Kind gesprochen. Seitdem, behauptete der 50 Jahre alte Neusser am Sonntag, habe er vom Klubchef von Hannover 96 nichts mehr gehört. Dann war Funkels kleiner Ausflug am Samstag ins Fritz-Walter-Stadion wohl nichts weiter als berufliche Fortbildung. Als Indiz, daß der Köln- und damit leidgeprüfte Trainer vielleicht doch Rangnicks Nachfolge antreten könnte, taugt der Stadionbesuch natürlich nicht, aber immerhin ist der 1. FC Kaiserslautern Hannovers nächster Gegner. Und diese Begegnung ist für den Tabellenfünfzehnten ein Schlüsselspiel. Da bleibt keine Zeit zum Zaudern. Nun ist Rangnick keineswegs nur das arme Opfer im Machtkampf mit dem Patriarchen Kind. Der Mann, der Hannover 96 am 1. Juli 2001 in der zweiten Liga übernommen und unmittelbar in die erste Klasse geführt hat, hat sich sportlich durchaus angreifbar gemacht. Nach fünf sieglosen Spielen in Serie und dem Sturz mitten in die Abstiegszone greifen auch anderswo die bekannten Mechanismen des Geschäfts. Zumal die fünf Neueinkäufe während der Winterpause den Klub, der mit 51 Gegentreffern so gerne als die Schießbude der Liga bezeichnet wird, kein Stück weitergebracht haben. Allein der Amerikaner Clint Mathis hat sich bislang als Verstärkung erwiesen. Das mußte selbst Rangnick eingestehen: Vielleicht hat es dadurch eine gewisse Verwässerung in der Mannschaft gegeben.“

Bayer Leverkusen – Bayern München 1:3

Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 8.3.): „Bayer müßte man sein. Das wird sich so mancher Fußballprofi von Bayer Leverkusen beim Blick hinüber zur bayerischen Glückseligkeit gedacht haben. Die Kollegen vom FC Bayern München standen vor ihrem Mannschaftsbus. Gefragt, umschwärmt, bewundert. Bestens gelaunte Herrschaften auf Durchreise mit dem Ziel Madrid. Die besten Wünsche begleiten sie. Selbst im Westen der Republik. Aus einem anderen Eingang der BayArena kamen versprengt die gerade mit 1:3 vom Meister abgewatschten Spieler von Bayer 04. Mann für Mann sahen sie aus, als sei ihnen gerade gekündigt worden. Am Zaun standen rund zwei Dutzend Krakeeler, die den Gang der Spieler zu ihren Dienstwagen zum Spießrutenlaufen machten. Die Schreihälse verzichteten auf den politisch korrekten Begriff Roma, um gerade den schwarzgelockten Herrschaften sehr direkt mitzuteilen, was sie von ihnen halten. Es sind jene Stunden, in denen plötzlich auffällt, wie groß doch die Diskrepanz zwischen den PS-Zahlen der Karossen und dem Punktestand des Leib-und-Magen-Vereins in der Bundesliga ist. Wenn es für Michael Ballack und Zé Roberto noch eines Beweises bedurft hätte, mit dem Wechsel vom Rhein bei Bayer zu den Bayern an die Isar alles richtig gemacht zu haben – an diesem Nachmittag bekamen sie ihn auf dem silbernen Teller gereicht. Vierzig Minuten lang konnten die Leverkusener mithalten, dann zerbrachen sie förmlich am ersten Gegentor des Tages. Und schon verstummten im Leverkusener Fanblock jene Stimmen, die meinten, mit den Schlagworten aus der Münchner Fankurve antworten zu können: Ihr werdet nie deutscher Meister! Es ist ja neuerdings immer wieder dieselbe Leier mit den Leverkusenern. Liegen sie erst mal zurück, gibt es auch keinen Pfad mehr zurück zu einem versöhnlichen Ende. Im aktuellen Fall wurde es noch zusätzlich erschwert durch die Ausfälle von Jens Nowotny und Carsten Ramelow. Nowotny, der seiner Elf Ordnung und Halt gegeben hatte, mußte zur Pause wegen einer Knieverletzung passen. In einer Woche will er wieder dabeisein. Ramelow wurde von einem Bluterguß im Oberschenkel gebeutelt. Kaum hatte Ramelow das Feld geräumt, gelang Ballack, unbehelligt von lästigen Aufpassern, wie Nowotny und Ramelow es noch waren, das 2:0.“

Alte Arroganz

Philipp Selldorf (SZ 8.3.): „Waldemar Hartmann ahnte das Unglück schon, als er das Interview begann. Uli Hoeneß war sichtlich nicht in der Stimmung für sanftes Geplauder und sachliches Erwägen, und tatsächlich nahm das kleine Gespräch in den Wandelgängen der Leverkusener BayArena den erwartet furiosen Verlauf, der in der allgemeinen Bekundung von Wut und Missmut gipfelte: ¸¸Das geht mir auf den Sack, versicherte der Manager dem Moderator und vermutlich hat es Uli Hoeneß herzlich genossen, via Waldi auf den ganzen Stand der Berufspessimisten und deren ¸¸Gerede vom Abgrund zu schimpfen. So hatte auch er sich endlich in die richtige Stimmung gebracht, vier Tage vor dem zweiten Duell mit Real Madrid in der Champions League, für das der FC Bayern nach den Eindrücken beim 3:1-Sieg in Leverkusen bestens präpariert zu sein scheint – inklusive Hoeneß, der noch während der Woche im Gespräch mit der Welt grundsätzliche Defizite beklagt hatte: ¸¸Wir sind alle so nett. Wir tun niemandem mehr weh. Schritt für Schritt entfernen sich die zuletzt allzu menschlich fehlbaren Bayern von diesem furchtbaren Irrweg. In Leverkusen konnten sie sich zwar nicht unbeliebt machen, weil die Anhänger von Bayer 04 genügend damit beschäftigt waren, ihr eigenes Team zu verfluchen. Aber immerhin strahlten die in herrlich reines Weiß gekleideten Münchner wieder Anflüge der alten Arroganz aus, die aus tief empfundener Überlegenheit und Liebe zur eigenen Größe resultiert. So eine schöne Trainingsstunde unter wettkampfartigen Bedingungen wie am Samstag hat der FC Bayern vor einem großen Europacupspiel allerdings schon lange nicht mehr genossen.“

Philipp Selldorf (SZ 8.3.) gibt zu bedenken: „Kurz vor fünf in der BayArena, Bayer 04 liegt 0:2 zurück, als es eine kurze Unterbrechung gibt, weil der Schiedsrichter ärztlich behandelt werden muss. Plötzlich ereilt ein Anfall der Entschlossenheit den Torhüter Hans-Jörg Butt. Er rennt aus seinem Strafraum heraus, nähert sich den auf die Fortsetzung der Partie wartenden Mitspielern, ballt beide Fäuste und brüllt sie an, offensichtlich, um sie noch mal so richtig munter zu machen für die große Aufholjagd in der Schlussviertelstunde. Resultat: Abwehrmann Lucic wendet sich irritiert Richtung Seitenaus ab, und auch die Kollegen Balitsch und Bierofka gehen so resolut auf Distanz, als empfänden sie Butts Ansprache als Ruhestörung. Zwei Minuten später holt Butt dann zum dritten Mal den Ball aus seinem Tor – vier Leverkusener Verteidiger, darunter Lucic und Balitsch, hatten es nicht geschafft, den einsamen Angreifer Makaay nach Schweinsteigers Freistoß am Kopfballtreffer zu hindern. Der Zustand der Leverkusener Mannschaft im Jahr 2004 lässt sich aus neutraler Sicht als bedenklich bis alarmierend beschreiben.“

Borussia Dortmund – VfB Stuttgart 0:2

Wer den stereotypen Fußball der Borussia sieht, der darf die Trainerfrage stellen

Roland Zorn (FAZ 8.3.): „Der letzte Tick hat aber noch gefehlt, monierte Magath die auch von den 83 000 Zuschauern nicht übersehene, chronische Stuttgarter Schwäche, vor dem Tor noch zu oft zu fackeln. Am Samstag tat den Schwaben ihr manchmal fataler Hang, alles bis zu Ende auszukombinieren und der Schönheit zuliebe an der letzten Entschlossenheit zu sparen, nicht weh. Der VfB traf ja auf Borussia Dortmund, einen Klub, bei dem sich zu Saisonbeginn alle etwas vorgemacht haben. Die Geschäftsführung, weil sie schon mit Champions-League-Geldern plante, welche die Mannschaft später nicht einspielen konnte. Die bestbezahlten Angestellten, weil sie vor wegweisenden Begegnungen gern von hohen Ansprüchen redeten, die sie, als es zum Schwure kam, nie einlösen konnten. Maulhelden sind schnell überführt, und deshalb führten die Profis in Gelb und Schwarz die hier und da schon wieder entflammte Hoffnung, sich vielleicht doch noch für die Champions-League-Qualifikation zu empfehlen, selbst ad absurdum. Das ist doch alles nur dummes Gequatsche, schimpfte Sportdirektor Michael Zorc, einst als Spieler ein kämpferisches Vorbild der Borussia, wenn erzählt wird, wir robben uns ran, und dann machen wir die Big Points nicht. Für die Big Points sind in der Bundesliga inzwischen andere Teams als der vormalige Weltpokalsieger zuständig. Borussia Dortmund dümpelt als Tabellensiebter im oberen Mittelfeld herum und braucht das Wort Champions League in dieser wirtschaftlich wie sportlich mißlungenen Saison nicht mehr in den Mund zu nehmen. Manager Michael Meier hofft nunmehr auf den UEFA-Pokal, spricht aber schon mal vorsichtig davon, daß sich der BVB für den UI-Cup angemeldet habe. Die einst so stolzen Dortmunder erlernen im Augenblick die neue Bescheidenheit und fassen deshalb auch die Möglichkeit ins Auge, sich durch die Hintertür in Europa zurückzumelden. Wer den stereotypen Fußball der Borussia sieht – die Bälle immer schön hoch auf den langen Koller geschlagen –, der darf auch mal die Trainerfrage stellen. Wie Matthias Sammer sein Team der Rekonvaleszenten, Fußkranken und Jungprofis wieder auf Touren bringen kann, erschließt sich dem Beobachter auch bei wohlwollender Betrachtung derzeit nicht.“

Ulrich Hartmann (SZ 8.3.): „Der Fußballmanager Michael Meier wirkt nach dem Spiel, als wäre er 90 Minuten lang mitgerannt. Er sieht erschöpft aus und blickt müde aus dunklen Augenhöhlen, aber das ist wohl kein Wunder nach den Ereignissen der vergangenen Monate. Das Unternehmen Borussia Dortmund braucht Geld, und Meier muss sich überlegen, wo er welches herbekommt. Am Rande seines administrativen Wirkungsbereichs ist allerdings ausgerechnet das Rasenrechteck im Westfalenstadion jener Ort, an dem seine konkreten Kompetenzen enden, wo er auch nichts richtig oder falsch machen kann und sich damit begnügen muss, die Leistungen der Fußballer zu analysieren. Er benutzt dazu Vokabular, das ihm als Betriebsleiter vertraut ist, und so hat er am Samstagabend gesagt: ¸¸Wir hätten mehr investieren müssen. Das klingt aus seinem Mund grotesk, weil ausgerechnet die maßlosen Investitionen den Verein in die Bredouille gebracht haben, aber Meier beklagte in diesem Fall, dass seine Spieler sich nicht genug engagiert hätten und dass es eines höheren athletischen Investitionsvolumens bedurft hätte, um Stuttgart zu besiegen und den Rückstand zum VfB auf drei Punkte zu verkleinern. Stattdessen sind es nun neun. ¸¸Es scheint, sagte der Dortmunder Lars Ricken, ¸¸als ob uns von Bremen und Stuttgart unsere Grenzen aufgezeigt worden wären. Borussia Dortmund, am Samstag zuvor in Bremen 0:2 unterlegen, stößt an viele Grenzen in diesen Tagen und hat am Samstag ausgerechnet gegen einen Verein verloren, der ganz im Gegensatz zur Borussia in immer neue Dimensionen vordringt.“

1. FC Kaiserslautern – Eintracht Frankfurt 1:0

Peter Penders (FAZ 8.3.): „Als Kurt Jara selber noch diesem Beruf nachging, galt er durchaus als einer, der im Mittelfeld nicht nur recht unfallfrei mit dem Ball umgehen konnte, sondern auch noch Spielwitz erkennen ließ. So gesehen, müßte der Österreicher als Trainer des 1. FC Kaiserslautern im Grunde mit ständigen Schaudern sehen, was seine Mannschaft in dieser Hinsicht produziert. Aber der Hang zur Fußball-Romantik ist bei Trainern aus guten Gründen nicht besonders ausgeprägt. Als Franz-Xaver Josef Wack nach 93 Minuten abpfiff, hatte mit Eintracht Frankfurt die bessere Mannschaft in der Nachspielzeit den entscheidenden Treffer hinnehmen müssen und Jara mit dem dritten 1:0-Heimsieg mal wieder alles richtig gemacht. Wir wollten drei Punkte, und wir haben drei Punkte, sagte der Österreicher. Seit Jahren versuchen sich diverse Trainer daran, die Spielkultur des 1. FC Kaiserslautern zu verbessern, was angesichts der Ausgangsposition nicht weiter schwierig sein sollte. Früher oder später aber sieht das Spiel dann trotzdem wieder so ähnlich aus wie gegen die Eintracht – obwohl sogar der 1. FC Kaiserslautern spielerisch selten so einfallslos agiert wie gegen die Hessen.“

Schalke 04 – SC Freiburg 3:0

Richard Leipold (FAZ 8.3.) gratuliert dem Schalker Torwart zu seinem Debüt: „Trotz des unvermuteten Aufstiegs fühlt Volkan Ünlü sich weiter als Auszubildender. Die Aufgabe, die er als Platzhalter zu bewältigen hat, betrachtet Ünlü als eine Art Praktikum unter strengsten Wettkampfbedingungen, auch wenn die Freiburger ihm den Einstand so leicht wie möglich machten. Ihm sei klar, daß nicht jeder Gegner so harmlos daherkommt wie die Badener, sagt der Torwart der türkischen U-21-Nationalelf. Er könne nur versuchen, Rost so gut wie möglich zu vertreten und den Schaden zu begrenzen. Gleichwertig ersetzen könne er die erste Kraft nicht. Frank spielt ein paar Etagen höher als ich. Daß er nicht dabeisein kann, ist eine große Schwächung für die Mannschaft. Und wo liegt der Unterschied zwischen der deutschen Nummer drei und der Schalker Nummer zwei? Wenn die Stürmer auf Frank zulaufen, haben sie mehr Angst, sagt Ünlü. Vor ihm selbst können sie sich (noch) nicht fürchten; sie kennen ihn ja nicht. Insofern paßte es ihm gut, seine Premierenvorstellung gegen jene Freiburger zu geben. Die Breisgauer vermochten noch nicht einmal dem Schalker Debütanten Angst einzuflößen. Abends vor dem Einschlafen orientiert er sich schon an den Großen des Gewerbes. Am Freitag versuchte er sich mit der Biographie David Beckhams (Mein Leben) abzulenken. Ich habe viel gelesen, aber wenig verstanden. Ünlü muß erst einmal sein eigenes junges Leben auf dem Fußballplatz neu ordnen. Die Schalker Fans helfen ihm dabei, nicht nur aus Liebe zum Verein. Geboren in Gelsenkirchen, wohnhaft im Ortsteil Schalke, fünf Minuten entfernt vom Stadion, steht Ünlü ihnen näher als andere Profis.“

Hertha BSC Berlin – VfL Bochum 1:1

Christian Eichler (FAZ 8.3.) berichtet Neururers Stolz: „Die Anzeigetafel strahlte zwar in blauen Ziffern ein 1:1 ins Stadionrund, doch das störte Peter Neururer nicht. Noch atemlos vom Jubeln verkündete Neururer nach dem Schlußpfiff: Wir sind heute der absolute Sieger. Wir sind neunzig Minuten nach vorn gegangen. Das war sensationell. Ich bin stolz, diese Mannschaft trainieren zu dürfen. Eine Viertelstunde später, als der Trainer des VfL Bochum in der Pressekonferenz saß, einen beidseitig bedruckten Statistikzettel in der Hand hielt und sich sein Pulsschlag langsam beruhigte, sagte Neururer: Das war sicherlich nicht nur grandioser Fußball, den wir geboten haben. Aber wir haben gezeigt, daß wir eine funktionsfähige Mannschaft sind – und das allein ist entscheidend. Für den VfL Bochum, der als Tabellenvierter Chancen auf einen Champions-League-Platz besitzt, bedeutete das Unentschieden gegen die abstiegsbedrohten Berliner einen klaren Punktverlust. Doch Neururer wollte nichts von Zahlen wissen am Samstag; ihm ging es allein um den pädagogischen Mehrwert des 1:1.“

Hansa Rostock – Hamburger SV 3:0

Matthias Wolf (BLZ 8.3.) verrät das Rostocker Erfolgsgeheimnis: “Wenn einer mal nicht spielt, wird er dennoch von mir respektvoll behandelt, sagte Trainer Schlünz, er darf sich nicht nutzlos fühlen oder wie ein ausgebautes Teil vorkommen, das nicht mehr zu gebrauchen ist. In aller Kürze war dies die Geschichte Melkams und einiger anderer, die Rostocks 3:0 gegen den Hamburger SV Namen gaben. Den Schützen der weiteren Tore zum Beispiel, Di Salvo und Magnus Arvidsson. Unter Schlünz Vorgänger Armin Veh wurden ihnen schon während der Saisonvorbereitung die Trainingsleibchen zugeteilt, die bei Hansa die B-Elf kennzeichneten. Am Sonnabend war Di Salvo zwar auch nur Einwechselspieler, doch er strahlte über das ganze Gesicht: Die Stimmung bei uns ist so gut wie ich sie noch nirgends erlebt habe. Juri gibt allen 25 Spielern das Gefühl, dazu zu gehören. (…) Wie wertvoll das Zwischenmenschliche ist, zeigt auch der Fall Melkam. Der 23-Jährige stand viereinhalb Monate nicht in der Startelf, galt als ein Opfer des Trainerwechsels. Doch nun brachte ihn Schlünz für den gesperrten Thomas Rasmussen. Nie habe er das Gefühl gehabt, außen vor zu sein, sagte der Nigerianer: Egal, was Juri im Moment macht, egal wen er bringt – es passt alles prima zusammen. Aus dreizehn Spielen holte diese Gemeinschaft der Zufriedenen zuletzt 25 Zähler. Ein Schnitt, der hoch gerechnet für das internationale Geschäft reichen würde. Ebenso wie das offensive Pressing, wie gemacht ist für größere Bühnen. In der Liga scheinen Mittelklasse-Ensembles wie der HSV mit diesen Vorstößen über die Flügel überfordert zu sein.“

Europas Fußball vom Wochenende: Ergebnisse, Tabellen, Torschützen, Zuschauer NZZ

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