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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ballschrank

Werder mit Glück und weichen Beinen

Oliver Fritsch | Montag, 12. April 2004 Kommentare deaktiviert für Werder mit Glück und weichen Beinen

Werder Bremen besteht den Psychotest“ (FAZ); „Werder mit Glück und weichen Beinen“ (FAS) – „Lauterer Patienten“ (FAZ); „0:6 – und die Lauterer schauen zu“ (FAS) – „auch Erik Gerets kann die Wolfsburger Welt nicht verändern“ (FAZ) – Roy Makaay, das Phänomen (SZ) – „teure Fußballstadien, wirtschaftliche Fallen“ (WamS) u.v.m.

Martin Hägele (NZZ 13.4.) fasst die Tabelle zusammen: „Am Ende jener Woche, in der auf Europas Fussballfeldern eine Revolution stattfand und die Hierarchie in der Königsklasse umgeschrieben werden musste, halten sich in der Bundesliga die bekannten Kräfte souverän an der Macht. Die jüngsten Ergebnisse und ganz besonders die Tabelle bezeugen in der Endphase der Meisterschaft die sportliche Konstanz jener Teams, die sich schon die ganze Saison über in der für die nächsten kontinentalen Wettbewerbe offenen Zone festgesetzt haben. Aus der Drei-Klassen-Gesellschaft, in der im ersten Halbjahr seltsamerweise fast jeder jeden schlagen konnte, haben sich nun zwei große Felder gebildet: Die Mannschaften von Platz 1 bis 7, von Werder Bremen bis Schalke 04, holen ihre Punkte weitaus souveräner als zu Beginn der Runde – falls die Etablierten nicht gerade untereinander antreten müssen; für die Teams von Rang 18 bis 11 hängen die Punkte auf einmal um einiges höher. Das statistische Grenzgebiet zwischen den beiden Lagern bilden die Ensembles von Hamburg, Rostock und Freiburg; man könnte diese Sicherheitszone auch als Niemandsland der Tabelle bezeichnen. (…) Wer es böse mit der Bundesliga meint, könnte auch behaupten, dass der Kampf um die Top-Positionen sechs Spieltage vor Schluss von den Medien eher künstlich am Leben erhalten wird. Zu klar scheinen die Abstände zwischen den designierten Meistern aus Bremen, Champions-League Aspirant FC Bayern und dem VfB Stuttgart, der die Teilnahme an der Qualifikation zum europäischen Jetset noch gegen die um weitere fünf Punkte abgeschlagene Elf des Bayer-Konzerns verteidigen muss. Die Sehnsucht, dass im Finish noch ein Wunder passiert, ist offenbar tief in den Seelen der Fans verwurzelt. Denn nicht nur die vermeintlichen Meisterschafts-Partys im Weserstadion sind bis auf den letzten Platz gebucht; auch das Münchner Olympiastadion und das Gottlieb-Daimler-Stadion melden stolz ein ausverkauftes Haus. Die mit Abstand spannendste Geschichte spielt allerdings in den Arenen entlang der Bundesstrasse 1: Wer schafft es in den Uefa-Cup – der VfL Bochum, Borussia Dortmund oder Schalke 04? Und in diesem Ruhrpott-Wettbewerb geht es nicht nur um die Emotionen, die in dieser Region beim Fussball höher als im Rest der Republik schlagen.“

Eintracht Frankfurt – Werder Bremen 0:1

Machtwechsel

1Ralf Wiegand (SZ 13.4.) erkennt eine veränderte Hierarchie in der Bremer Mannschaft: „Der selbstbewusst ausgeführte Strafstoß bestätigte einen Machtwechsel im Team, der sich schon länger angedeutet hatte. Bisher galt Johan Micoud unbestritten als das Gehirn des Tabellenführers, doch der Job für den schwierigen Franzosen im Zentrum der Werder-Raute ist härter geworden. „In der hinrunde hatte niemand mit uns gerechnet“, sagt Valérien Ismaël, da heben die staunenden Gegner Werder spielen lassen. Johan Micoud formte das heißblütige Spiel wie ein Glasbläser sein glühendes Mineralgemisch zu Sammlerstücken der Fußballkunst. Doch inzwischen müssen sich die Bremer durch von Woche zu Woche massivere Abwehrbollwerke kämpfen, in denen nur noch Stacheldraht und Wassergraben fehlen. Micouds Geistesblitze schlagen seltener ein, zudem wirkt der anspruchsvolle Stratege schnell genervt von zu viel widerstand. Fallen aber die Offensiv-Kapriolen aus, wächst der Druck auf die Deckung. Und dort steht eben Ismaël. Wenn Micoud das Gehirn und Ailton die Seele des Bremer Spiels sind, dann ist Ismaël das Herz der Werderaner.

Das Glück, das man braucht, um deutscher Meister zu werden

Jörg Hahn (FAZ 13.4.) kommentiert die bedeutendste Szene des Spieltags – den Elfmeterpfiff für Werder Bremen: „Wann eigentlich hat man sich Glück verdient? Wenn man tüchtig ist, stets pünktlich und beflissen zur Stelle? Oder wenn man eher mal zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort auftaucht? (…) Hätte der Werder-Stürmer Valdez nicht versucht, zum Tor der Frankfurter vorzudringen und statt dessen einen mutlosen Querpaß gespielt, es wäre nicht viel passiert. So aber kam ihm im kritischen Bereich der Frankfurter Schur in die Quere. Schur zog erst in dem Moment die Hände erschreckt zurück, als er unmittelbar vor sich die Strafraumbegrenzung sah. Zu spät – Jansen hatte sich in diesem Moment schon für den spielentscheidenden Bremer Foulelfmeter entschieden. Es gibt keinen Anlaß für Verschwörungstheorien gegen Titelverteidiger Bayern München. Referee Jansen hat bloß nach Augenschein geurteilt. Und Schur – ein Pechvogel? Ach wo. Dumm gelaufen. Wenn schon, dann hätte er den Bremer energischer und früher aufhalten müssen. Daß der Frankfurter Trainer Reimann ausgerechnet in diesen schwierigen Wochen des Abstiegskampfs wegen seiner Platzsperre hoch oben auf der Tribüne sitzen muß, ist – nein, Pech ist es nicht. Das Glück, das man braucht, um deutscher Meister zu werden – so haben sie in München den aus Bayern-Sicht natürlich völlig unberechtigten Bremer Strafstoßtreffer von Ismael kommentiert. Die Bayern müssen ja wissen, wovon sie reden, könnte man entgegenhalten. Wie oft schließlich haben die Bayern schon Fortüne gehabt, sogar in letzter und in allerletzter Minute? Man frage nach in Leverkusen und in Gelsenkirchen. Eine nicht geringe Zahl von Fußballanhängern hätte wohl spontan eine Antwort auf die Frage, was sie für wirklich unverdientes Glück hielten: Wenn nämlich die Bayern auch nach dieser Bundesligaspielzeit wieder triumphierten.“

Zwei Tage zuvor sah Jörg Hahn (FAS 13.4.) die Sache anders: „Es ist gerade noch mal gutgegangen, Werder hat den Vorsprung vor den Bayern gehalten, weil Valdez kurz vor Schluß an der Strafraumgrenze die Chance sah, einen Körperkontakt mit dem Frankfurter Schur zu einem unwürdigen Schauspiel auszunutzen. Schon ein Beschiß, dieser Elfmeter. Um das so zu sehen, muß man nicht mal Bayern-Fan oder Eintracht-Anhänger sein.“

Bremens Mannschaft bewies wieder einmal, daß sie sich auch aus brenzligen Situationen nervenstark befreien kann

Michael Ashelm (FAZ 13.4.) hält den Bremer Sieg für eine Vorentscheidung im Titelkampf: „Daß hinter den Kulissen mit Hochdruck an der Organisation von zwei großen Jubelfeiern gearbeitet wird, will einem öffentlich niemand vom Verein bestätigen. Doch die Kernfrage, ob der Tabellenführer der Bundesliga aus Bremen so kurz vor dem Zieleinlauf dem steigenden Erfolgsdruck wirklich gewachsen sei, beantworten die Hauptbeteiligten inzwischen mit einem immer größeren Selbstbewußtsein. Selbst Werder-Manager Klaus Allofs, eigentlich mehr für seine Zurückhaltung bekannt, will nicht mehr um den heißen Brei herumreden. Mit kämpferischem Elan verbreitete er am Osterwochenende Parolen wie: „Wir sind voll im Soll. Ich denke, das sollte reichen.“ Mag sein, daß erst die zuletzt spürbaren Sticheleien aus dem tiefen Fußballsüden der Republik die kühlen Nordlichter aus der Reserve gelockt haben. Schließlich will man sich nicht vom großen Verfolger FC Bayern München sagen lassen, die eigene Arbeit sei zuletzt vor allem auf „Glück“ gebaut gewesen. Und so entgegnete Allofs auch allen Kritikern ganz lässig: „Solche Spiele gehören zu einer Meistersaison.“ Je näher die Entscheidung rückt, desto mehr spricht dafür, daß die Bremer allen psychologischen Spielchen zum Trotz das Titelrennen am Ende für sich entscheiden können. Mit dem späten Sieg von Frankfurt blieb die Mannschaft nun zum 19. Mal nacheinander in der Liga ungeschlagen und bewies wieder einmal, daß sie sich auch aus brenzligen Situationen nervenstark befreien kann.“

Bayern München – Schalke 04 2:1

René Hofmann (SZ 13.4.) staunt über Roy Makaay: „Was das Phänomen zum Phänomen macht? „Ich habe noch keinen gesehen, der so wenige Chancen braucht“, sagt Oliver Kahn: „Man hat das Gefühl, der weiß nicht, was Druck ist.“ Dabei hätte gerade Roy Makaay allen Grund dazu. 18,75 Millionen Euro Ablöse wecken besondere Erwartungen, und wie schnell sich diese in eine Last verwandeln können, hat er in München auch schon erlebt. Nach dem glanzlosen Saisonstart bestimmte sein Name schon einmal die Schlagzeilen. Neben Worten wie „System-Problem“ und „FC Makaay“. In den ersten fünf Spielen glückte ihm kein Treffer. Die in München gepflegten Kurzpässe kamen selten an beim Niederländer. Der wünschte sich lange Bälle zum Hinterherlaufen. Die Bayern und Makaay – das sah schon nach einem teuren Missverständnis aus. Inzwischen ist daraus aber tatsächlich so etwas wie der FC Makaay geworden. Der Stürmer hat sich mit der Art arrangiert, wie ihm seine Mitspieler den Ball zukommen lassen, und die wiederum haben erkannt: Der einfachste Weg zum Erfolg führt über Makaay. Auf 22 Treffer kam seit Karl-Heinz Rummenigge vor zwanzig Jahren kein Bayern-Spieler mehr. Mit seiner kühlen Zielstrebigkeit und seiner scheinbar gottgegebenen Fortune verkörpert er die klassischen Bayern-Tugenden wie derzeit kein anderer.“

Wer ist im Moment die zweite oder dritte Kraft?
WamS-Interview mit Jupp Heynckes

WamS: Herr Heynckes, bei Ihrer Vorstellung in Schalke zu Saisonbeginn sagten Sie: „Ich, der fast alles gewonnen hat im Fußball, verzichte auf gar nichts.“ Es muss Ihnen sehr missfallen, dass Ihr Klub nur mühsam den Anschluss an die Uefa-Pokal-Ränge geschafft hat.
JH: Der Manager und ich waren uns von Anfang an darüber im Klaren, dass sich der Erfolg nicht von heute auf morgen einstellen wird. Also war es notwendig, Geduld aufzubringen. Dass wir nun dort sind, wo wir eigentlich auch auf Dauer verweilen wollen, ist ein Produkt intensiver Arbeit, die wir hier machen. Alle haben sich bemüht, ein Team zu werden. Jeder hat Achtung vor dem anderen und sieht ihm auch mal etwas nach. Das ist ein Geheimnis, warum es jetzt so hervorragend läuft.
WamS: Nun glauben viele, dass Schalke in der kommenden Saison den ganz großen Angriff plant, nicht zuletzt auf Grund Ihrer spektakulären Einkäufe.
JH: Eines ist klar: mit Ailton, Krstajic und Bordon, die schon verpflichtet wurden, und den Einkäufen, die wir noch planen, wird die Mannschaft substanziell stark verbessert und viel wettbewerbsfähiger sein. Das heißt, wir werden von Anfang an um einen Uefa-Cup-Platz spielen, vielleicht sogar um einen Champions-League-Platz.
WamS: Aber Erfolg ist nicht käuflich – wie Real Madrid jüngst durch das Aus in der Champions League bewiesen hat.
JH: Ich weiß, dass man keine Mannschaft zusammenkaufen kann. Aber ich weiß auch, dass ich eine Mannschaft sinnvoll zusammenstellen kann. Wir verpflichten ja seit Monaten nicht willkürlich Spieler, sondern denken uns etwas dabei. Zudem bastle ich mehr und mehr junge Spieler als Komplement dazu. Das müssen wir weiter so vorantreiben, damit man so schnell wie möglich wieder mit großem Respekt von Schalke 04 spricht.
WamS: Viele Bundesligisten streben danach, dem FC Bayern München auf Dauer Paroli bieten zu können. Schalke auch?
JH: Rudi Assauer spricht ja immer davon, die dritte Macht in der Liga zu sein. Aber dann müssen wir uns doch erst mal fragen: Wer ist im Moment die zweite oder dritte Kraft?
WamS: Wie lautet Ihre Antwort?
JH: Ich weiß nicht, ob Bremen zum Beispiel im nächsten Jahr noch mal so dominant sein wird, wenn sie neben der Liga und dem Pokal auch in der Champions League spielen. Man muss sehen, wie sich Stuttgart weiter entwickelt und vor allem Dortmund, das ja Spieler abgeben muss, wie es heißt.
WamS: Also wird Schalke die zweite Macht.
JH: Wir müssen realistisch bleiben. Andere Klubs sind uns in der Gestaltung ihrer Teams voraus. Da sind wir gerade dabei, das aufzuholen. Wenn wir ein ähnlich strukturiertes Team haben, können wir auch Ambitionen hegen, Meister zu werden.

SC Freiburg – VfB Stuttgart 0:1

Stillstand mit Yakin

Roland Zorn (FAZ 13.4.) schildert eine riskante Stuttgarter Auswechslung: „Der Mann, der sein Spiel aus erster Hand entwirft, hätte sich fast verzockt. Felix Magath wechselte zur Pause den hinter den Spitzen wirbelnden Weißrussen Aliaksandr Hleb gegen den behäbigen Schweizer Hakan Yakin aus – und gefährdete damit den Erfolg des VfB Stuttgart. Stillstand mit Yakin, so hatte sich der Teammanager des VfB die Konsequenz seines wichtigsten Personaltauschs in diesem Ostersonntagsduell der Fußball-Bundesliga nicht vorgestellt. „Ich hatte mir von Hakan mehr Entlastung erhofft“, gestand der Stratege Magath, nachdem alles gutgegangen war und der vor dem Wechsel hoch überlegene VfB dem Dauerdruck der Freiburger in der zweiten Halbzeit standgehalten hatte. Yakin, der in der Winterpause als Spielmacher und Star des FC Basel zum VfB kam und dort bisher nur ein Mitläufer ist, wird, positiv gedacht, noch einige Zeit brauchen, um im Stuttgarter Tempofußball, personifiziert durch den motorischen Hleb, eine Schlüsselrolle übernehmen zu können. „Er ist auf die Unterstützung seiner Mitspieler angewiesen“, nahm Magath den beim VfB noch heimatlos anmutenden schweizerischen Nationalspieler in Schutz, „denn seine Position ist die schwierigste.“ Der am Ende wacklige Sieg im baden-württembergischen Derby hat die Stuttgarter in ihrer saisonalen Zielsetzung bestärkt: „Wir wollen Zweiter werden“, fordert Magath den nächsten Schritt nach vorn, der angesichts von fünf Punkten Rückstand gegenüber dem FC Bayern München nicht allzu leicht fallen dürfte. Doch der Stuttgarter Trainer und Manager pokert gern hoch – mit Erfolg, wie er in Freiburg bewies.“

Bayer Leverkusen – 1. FC Kaiserslautern 6:0

Die Willenlosigkeit des einst wegen Kampfgeist gefürchteten 1. FC Kaiserslautern

Peter Heß (FAZ 13.4.) sorgt sich um Kaiserslautern: “Auf der Internet-Fanseite „Der Betze brennt“ mündete der Schock des Erlebnisses in eine einzige Frage: „Wollt ihr uns verarschen?“ Was die Fußballprofis des 1. FC Kaiserslautern ihren Anhängern zumuteten, nährte diese Vermutung – mit herkömmlichen Erklärungen war dem Phänomen jedenfalls kaum beizukommen. 0:6 ergaben sich die Pfälzer. „Zum ersten Mal in meinem Leben als Spieler und Trainer war ich froh, daß ein Fußballspiel vorüber war“, sagte der Lauterer Trainer Kurt Jara und fügte an: „Das will bei einem Fußball-Enthusiasten wie mir eine Menge heißen.“ (…) Die Willenlosigkeit des einst wegen des Kampfgeistes gefürchteten 1. FC Kaiserslautern kommt indes nicht ganz überraschend. An der Mannschaft wurde so lange herumgedoktert, bis fast alle Spieler zu Patienten geworden sind. Über vierzig Profis standen in den vergangenen anderthalb Jahren im Bundesligakader des FCK, ständig rotierten die Besetzungen, zur Einheit konnte die Spielergemeinschaft nie zusammenwachsen. Dabei hatte die sportliche Führung das Pech, den falschen Führungsspielern zu vertrauen. Durch Verletzungen, Formschwäche oder eine Mischung aus beidem diskreditierten sich Ciriaco Sforza, Steffen Freund, Thomas Hengen, Hany Ramzy, Lincoln, Aleksandar Knavs und Marian Hristow. Kurskorrekturen – Freund, Hengen und Lincoln haben den Verein längst verlassen wie Gabriel, Ratinho und Anfang – brachten auch nicht die nötige Ruhe. Zumal die verbliebenen Persönlichkeiten wie Hristow und Knavs derzeit so sehr mit sich selbst kämpfen, daß sie ihren Kollegen keine Stütze sein können. Sforza wird nach dem zweiten Achillessehnenabriß innerhalb eines Jahres in dieser Saison nicht mehr spielen, was allerdings einige am Betzenberg schon nicht mehr als Schwächung empfinden Um so mehr wird Miroslav Klose vermißt. Seit der Nationalspieler verletzt ist, fehlt die letzte Integrationsfigur. Der 1. FC Kaiserslautern darf der Atmosphäre auf dem Betzenberg vertrauen. Vier Heimspiele haben die Pfälzer noch, und mit den fanatischen Zuschauern im Rücken wird sich kaum einer trauen, eine ähnlich teilnahmslose Leistung abzuliefern wie in der BayArena. „Heute hatte niemand Bundesligaformat“, sagte Jara wenige Minuten nach dem Abpfiff. In Kaiserslautern ist wenigstens das Publikum erstklassig.“

Hamburger SV – Borussia Dortmund 0:2

Torsten Frings, Synonym für den Aufschwung

Hans Trens (FAZ 13.4.) erkennt den Unterschied zwischen beiden Teams: „“. . . schießt Geld hier keine Tore!“ So heißt es in der HSV-Hymne, die sie vor Spielbeginn in der AOL-Arena immer anstimmen. Was Lotto-King Karl, eine Art Volksheld im alten Volkspark, in seiner Schnulze „Hamburg meine Perle“ behauptet, entspricht nicht immer der Wahrheit. Diese bittere Erkenntnis vermittelte den sangeslustigen Anhängern des Hamburger SV der Ostersamstag, als sich zwei Spieler aus dem Starensemble der Dortmunder Borussia die Tore teilten, die nicht gerade als „Billigheimer“ gelten: Torsten Frings, deutscher Nationalspieler, und Jan Koller, Internationaler aus Tschechien, machten den Unterschied aus und rückten die Maßstäbe zurecht. Der schwarz-gelbe Kosmos, für manche wegen der finanziellen Kalamitäten des BVB nur noch eine Scheinwelt, scheint wieder in Ordnung zu sein. Weitermachen – so lautet nun die Devise der Dortmunder, deren Sportdirektor zwar über die neu gewonnene Stärke frohlockt, gleichzeitig jedoch vor den Gefahren der Selbstgenügsamkeit warnt. „Wir dürfen uns jetzt nicht schon wieder schnell zufriedengeben“, sagt Michael Zorc. Übersetzt bedeutet dies, daß die Elf nun in der Pflicht steht. Dem Gastspiel der Bayern fiebert Zorc jedenfalls entgegen. „Im Hinspiel“, sagt er, „waren wir nicht auf Augenhöhe mit den Münchnern. Das wird nun anders sein.“ Daß dies so ist, dafür steht ein Name: Torsten Frings, Synonym für den Aufschwung. (…) Zu Hause bislang eine Macht, zuvor in elf Heimspielen unbesiegt, verspielten die Hanseaten, deren Bilanz in der Fremde chronisch defizitär ausfällt, auch noch diesen Nimbus. „Wir hatten keine echte Chance“, gab ein frustrierter Nico Jan Hoogma zu. Für die Verfehlungen der Mitspieler sollte der vorbildliche Kapitän hinterher büßen. Eine Hand voll jener Zeitgenossen, die sich Fans nennen, aber eher dem Potential gewaltbereiter Verirrter zugerechnet werden müssen, jagte den Holländer vor der Arena und versuchte ihn tätlich anzugreifen, ehe der Ordnungsdienst zum Glück einschritt. Diese Tat der Hooligans mag verdeutlichen, wie die Stimmung in der Hansestadt ist.“

VfL Bochum – 1860 München 4:0

Wir sind davon überzeugt, daß wir mit diesem Trainer den Nichtabstieg vermeiden

Richard Leipold (FAZ 13.4.) beantwortet die Münchner Trainerfrage und verdeutlicht die Fußfalle der doppelten Verneinung: “Karl Auer war nicht bereit, Trainer Falko Götz die (Haupt-)Schuld an der Blamage zu geben. Wenn Auer die Gegner des Trainers in den Klubgremien weiter in Schach hält, bekommt Götz noch eine Chance. „Er wird mit Sicherheit auch in der kommenden Partie unser Trainer sein.“ Die Münchner erwarten an diesem Samstag den auswärts überaus schwachen Hamburger SV. Für Götz könnte diese Partie zu einem vorweggenommenen Endspiel werden, auch wenn Auer von einem Ultimatum nichts wissen will. „Zu sagen, er hat noch ein oder zwei Spiele, bringt doch nichts.“ Wenn die Sechziger nicht beherzter und zielstrebiger zu Werke gehen als in Bochum, hat der ganze Klub in der Bundesliga vielleicht nur noch sechs Spiele. Die Münchner besitzen nur noch zwei Punkte Vorsprung auf den Tabellensechzehnten Hertha BSC Berlin. Während der rhetorisch auf kleiner Flamme kochende Auer sich um Führungsstärke bemühte, paßten die leitenden Angestellten sich bei ihrer verbalen Abwehrarbeit dem niedrigen Niveau an, das die Herren Profis auf dem Rasen des Ruhrstadions gezeigt hatten. Sportdirektor Dirk Dufner versuchte, ein Bekenntnis zu Götz abzulegen, sagte im Wortlaut aber das Gegenteil dessen, was er offenbar gemeint hat. „Wir sind davon überzeugt, daß wir mit diesem Trainer den Nichtabstieg vermeiden.“ Der Fußball-Lehrer, in München mit großen Ambitionen gestartet, wirkte bei seiner merkwürdigen Deutung einer eindeutig erbärmlichen Leistung auch nicht überzeugender. Götz will gesehen haben, daß seine Mannschaft „in der zweiten Halbzeit alles probiert hat“. Wenn das wirklich „alles“ war, ist die Lage der Löwen noch düsterer, als die Tabelle vermuten lässt.“

Niemand hat sich hinter Götz gestellt, weil da kein Platz mehr ist

Christian Zaschke (SZ: 13.4.) fürchtet einen Münchner Trainerwechsel: „Götz gab eine außerplanmäßige Pressekonferenz. Er betrat den Raum zusammen mit Sportdirektor Dirk Dufner. Götz sprach ein wenig über das 0:4, er sagte das Übliche: die Mannschaft zeige zu wenig Konstanz, sie bringe sich durch individuelle Fehler um die Punkte. Götz wiederholt diese Sätze seit einigen Wochen, sie sind zur Melodie der Münchner Krise geworden. (…) Die Offiziellen haben sich abgesprochen und stellen sich demonstrativ hinter Götz. Für einen Trainer kann das zweierlei bedeuten: Entweder halten ihm die Bosse den Rücken frei, oder sie bringen sich in eine Position, von der aus sie ihm den entscheidenden Schubs geben können. Vermutlich ahnt Götz, dass sich in Wahrheit niemand hinter ihn gestellt hat, weil da kein Platz mehr ist. Er steht schon mit dem Rücken zur Wand.“

Hansa Rostock – Borussia Mönchengladbach 1:2

Juri Schlünz, zum ersten Mal ein schlechter Verlierer

Matthias Wolf (BLZ 13.4.) freut sich über Holger Fachs Bescheidenheit und ärgert sich über Juri Schlünz’ Gram: „Ihre Rufe waren so laut, dass sie noch in den Tiefen des Ostseestadions zu hören waren. „Wir wollen den Trainer sehen!“, riefen die Fans von Borussia Mönchengladbach immer wieder. Erst um 17.37 Uhr stahl sich Holger Fach aus der Kabine. So klammheimlich, dass keine Fernsehkamera die rührende Szene einfing, wie der drahtige Mann mit dem schwarz-grünen Schlips verstohlen Richtung Fankurve winkte und dann der Aufforderung folgte, er möge näher kommen. „Ich nehme mich nicht so wichtig, dass ich mich feiern lassen will“, sagte er, als er vor dem Block die Welle gemacht hatte: „Ich habe das nur für die Menschen getan, die diese Strapazen auf sich genommen haben.“ Die weite Anreise hatte sich gelohnt. Das 2:1 bedeutete den ersten Auswärtssieg für die Borussia in diesem Jahr. „Ich bin hundertprozentig sicher, dass wir die Klasse halten“, sagte prompt Fach. Neben ihm saß Juri Schlünz und brummelte: „Wie mein Kollege bin ich auch hundertprozentig sicher, dass wir drin bleiben.“ Es klang ein wenig trotzig, so wie Schlünz das betonte. Der Rostocker Trainer war übel gelaunt nach der schlechtesten Darbietung seines Ensembles in seiner Amtszeit. Ob seine Profis, die monatelang auf hohem Niveau gespielt hatten, unter Kräfteverschleiß leiden? „Wenn das hier 1:1 ausgeht, dann werde ich so einen Quatsch nicht gefragt“, fauchte Schlünz: „Das spielt sich alles im Kopf ab.“ Hat so mancher womöglich schon zu intensiv vom UI-Cup geträumt? „Das ist Kokolores. Wir haben intern nie vom Europacup gesprochen, das ist eine Erfindung der Medien“, sagte Schlünz: „Und jetzt, wo wir verlieren, wird es gegen uns verwendet.“ Zum ersten Mal wurde in dieser Saison deutlich, was der ehrgeizige Cheftrainer-Novize auch sein kann: ein überaus schlechter Verlierer.“
In der FAZ (13.4.) lesen wir: „Fach wurde wie vor dem Spiel die Rostocker danach auf angebliche UI-Cup-Chancen für Mönchengladbach angesprochen. „Wievielter muß man denn da werden?“ hat er geantwortet. Die Ahnungslosigkeit schien nicht gespielt: „Ich weiß das nämlich nicht, weil ich kein Mensch bin, der den dritten Schritt vor dem zweiten und ersten macht.““

Hertha BSC Berlin – VfL Wolfsburg 1:0

Vorgänger-Bashing

Christof Kneer (BLZ 13.4.) hält den VfL Wolfsburg für den „trendigsten Verein der Liga“: “Man kennt sich langsam nicht mehr aus in der Liga. Man gewöhnt sich erst langsam daran, dass Gerets nicht mehr den FCK unterweist, sondern den VfL, während der FCK jetzt auf das Kommando von Kurt Jara hört, den man eben noch beim HSV wähnte, während Ewald Lienen in Hannover angestellt ist, wo man ihn auch nicht erwartet hätte. Es ist der Trend dieser Tage, dass die Liga sich aus sich selbst erneuert, und vielleicht mag es die Wolfsburger trösten, dass nun ausgerechnet sie zur trendigsten Elf der Nation geworden sind. In Wolfsburg lässt sich im Kleinen ablesen, wie die Liga in dieser Saison tickt: Man stellt erstens eine Mannschaft zusammen, die sich gut anhört, aber überhaupt nicht zusammenpasst. Hierauf entlässt man zweitens den Trainer (in diesem Fall Jürgen Röber) und holt sich drittens einen Neuen vom Karussell (Gerets), der viertens gleich weiter verliert, eben weil die neue Mannschaft hemmungslos fehlgeplant ist (siehe erstens). Und dann, fünftens, beschuldigt man den Vorgänger. Der Trend zum Vorgänger-Bashing ist nicht ganz neu, aber nirgendwo haben sie ihn so listig angezettelt wie beim VfL. Man hat Wolfsburgs Verantwortliche fast bewundern müssen für ihre rhetorischen Künste. Sie haben es geschafft, sämtliche Verantwortung Jürgen Röber zuzuschanzen, ohne „Röber“ zu sagen. „Unsere Organisation auf dem Feld war nicht schlecht, im Vergleich zu dem, was ich auf alten Videos gesehen habe“, brummte Gerets. „Beim Trainerwechsel ging es um grundsätzliche Dinge“, flankierte Manager Peter Pander, „es ging darum, wie die Elf spielen soll. Wir haben zuletzt mit wechselnden Grundordnungen gespielt, und die Mannschaft fängt jetzt im Training wieder mit dem ABC an.““

Christian Ewers (FAZ 13.4.) schaut Erik Gerets aufs Maul: “Der Bart war noch immer graumeliert, die Stimme noch immer kratzig, und über den kleinen Kugelbauch spannte sich wie gewohnt eine rote Trainingsjacke. Es wäre keine Überraschung gewesen, hätte Erik Gerets jetzt ein paar Worte über den 1. FC Kaiserslautern verloren. Denn nicht nur wegen seiner teufelsroten Ballonseidenmode trat Gerets wie ein Pfälzer Cheftrainer auf, er redete auch so. Der 49 Jahre alte Belgier sprach wieder über den Abstiegskampf, den Glauben an das Potential der Mannschaft und sein Ziel, „Freude am Fußball zu vermitteln“. Dieselben Worte hatte Gerets gewählt, als er noch vor einigen Wochen den 1. FC Kaiserslautern betreute. Am Samstag jedoch sprach der Fußballehrer über den VfL Wolfsburg, sein neuestes Sanierungsprojekt. Das Fazit des ersten Arbeitstages auf der Trainerbank fiel bescheiden aus. „Man kann die Welt nicht an einem Tag verändern“, brummte Gerets, „wir haben einen weiten Weg vor uns.“ Niemand anders als Hans Meyer, Trainer der siegreichen Hertha, hätte Gerets in seinem Kummer besser nachfühlen können. Meyer arbeitet seit vier Monaten in der Hauptstadt, und noch immer ist es ihm nicht gelungen, die kleine Berliner Welt nachhaltig zu verändern. (…) Die Wolfsburger stecken selbst noch in einer Orientierungs- und Selbstfindungsphase. Nach der Entlassung von Trainer Jürgen Röber und der Berufung von Gerets fehlt dem VfL ein echtes Profil: Rudimente gnadenlosen Offensivspiels und laxer Abwehrarbeit aus der Ära Röber waren ebenso zu erkennen wie erste Züge einer neuen Liebe zur Ordnung, die Gerets seit einigen Tagen predigt. „Wir wissen jetzt ungefähr, was die Philosophie des Trainers ist“, sagte Kapitän Stefan Schnoor nach dem Schlußpfiff, „aber wir spielen noch nicht so. Wir brauchen noch ein wenig Zeit.“ Ob die dem VfL Wolfsburg gegönnt wird?“

André Görke (Tsp 13.4.) lobt die über ihren Schatten springenden Berliner Fans: „Ruth Moschner ist die Moderatorin der fünften „Big-Brother“-Staffel und war mal Fan von Bayer Leverkusen. Am Samstag trug sie ein Trikot von Hertha BSC und durfte in der Halbzeit auf den Rasen des Olympiastadions laufen. „Hey, Ruth, wie findest du heute unsere Fans?“, fragte der Stadionsprecher voller Erwartung, doch er wurde von Ruth Moschner enttäuscht: „Wie immer ’ne geile Stimmung!“ Spätestens in diesem Moment wusste jeder, dass Frau Moschner noch nie im Olympiastadion gewesen sein kann. Denn „geil“ war die Stimmung der Hertha-Fans in dieser Saison erst einmal – nämlich am vergangenen Wochenende. Nach dem 1:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg sagte Herthas Trainer Hans Meyer, dass „wirklich ein Funken auf die Mannschaft übergesprungen ist. Die Zuschauer waren heute einfach fabelhaft.“ Von der ersten Minute an sangen die Fans, nicht nur in der Ostkurve, sondern auch im Oberring. Und in den letzten Minuten des Spiels standen die Zuschauer sogar in den eher neutralen Blöcken am Marathontor auf und klatschten in die Hände. „So geht Abstiegskampf“, sagte Herthas Stürmer Fredi Bobic später; was er meinte: Die Zuschauer haben das erste Mal der Mannschaft geholfen. Herthas Fans haben in der Liga einen sehr schlechten Ruf. „Schönwetterfans!“, schimpfen Anhänger anderer Vereine. Die Berliner gelten als großmäulig, unkreativ und nicht unbedingt treu in ihrer Liebe zu Hertha. Ein gutes Beispiel sind die vergangenen Wochen, in denen sich die Mannschaft mühte, aber verunsichert war, und die Fans dennoch immer sehr schnell pfiffen. Die Berliner Spieler waren schon froh, wenn die Fans auf der Tribüne einfach nur schwiegen. Am Wochenende war vieles anders.“

Hannover 96 – 1. FC Köln 1:0

Christoph Biermann (SZ 13.4.) trauert um Köln: “”Niemals geht man so ganz”, heißt es im berühmtesten Schlager der Kölnerin Trude Herr, die damit auch den 1. FC gemeint haben könnte. Der erste Klub vom Rhein steht zwar vor seinem dritten Abstieg, wird aber in unseren Herzen seinen festen Platz behalten. Wir werden den 1. FC Köln vermissen. Vor allem sein schönes Stadion in Müngersdorf, das von einem Publikum bevölkert wird, dessen Begeisterung offensichtlich umgekehrt proportional zu den sportlichen Leistungen ist. (…) Schön wäre es, wenn uns Wolfgang Overath und die Seinen fortan nicht mehr mit Dirk Lottner behelligen würden. Nach gefühlt zehn Jahren der Diskussion um den Mittelfeldstrategen mit den schweren Schritten und den leichten Steilpässen, sollte Lottner zum Ehrenkapitän, Fanbeauftragten oder/und Brauchtumspfleger ernannt werden. So kölsch Lottner auch sein mag, das ewige Abwägen zwischen der Kürze seiner Laufwege und der Kunst seiner Fernschüsse und Anspiele in die Tiefe machte zuletzt nur noch müde.“

Bislang greifen die Maßnahmen des neuen Trainers

Sacha Zettler (FAZ 13.4.) analysiert die Kommunikation Ewald Lienens: „Starkult war Ewald Lienen schon zu seiner aktiven Zeit fremd. Bei einem Fantalk am Gründonnerstag hatte Hannovers Trainer erneuert, was er davon hält, wenn sich zuviel um eine Person dreht. „Der Osterhase soll nicht so viel erzählen, sondern einfach Tore machen.“ Der Ostergruß richtete sich an Thomas Brdaric. Und der Ostergruß kam an. Teilweise. Denn Brdaric traf wieder, bringt 96 damit auf die Zielgerade Richtung Klassenverbleib. Nur erzählt hat er danach wieder. Von seinem Tor und von der Nationalmannschaft. Wie schon eine Woche zuvor in München, wo Lienen „die persönliche Pressekonferenz vom Thomas“ ziemlich unwirsch beendet hat. Doch was bleibt Brdaric anderes übrig? Deutschstämmige und treffsichere Stürmer sind rar gesät in der Bundesliga. Und was kann die 29 Jahre alte Leihgabe aus Leverkusen dafür, daß sie nach dem Spiel von den Journalisten enger bewacht wird als von den gegnerischen Abwehrspielern in den neunzig Minuten zuvor? Also antwortet er in einer Mischung aus vornehmer Zurückhaltung und unterschwelliger Bitte nach Beachtung. „Ich buche immer Last-Minute, habe also noch keinen Sommerurlaub gebucht“, sagt er auf die Frage nach seinen Europameisterschaftsplänen und grinst verschmitzt. Und seine Ziele? „Der Klassenerhalt mit Hannover.“ Na klar, aber dann? „Auflegen werde ich nicht, wenn der Rudi anruft.“ Ob der Rudi anruft? (…) Bislang greifen die Maßnahmen des neuen Trainers. Das Spiel am Ostersonntag war ein Spiegelbild der bisherigen Auftritte unter dem Rangnick-Nachfolger: 96 spielte wieder alles andere als attraktiv, aber die Schießbude blieb wiederum geschlossen. Vier Gegentore aus sechs Spielen sind eine Bilanz, von der in Hannover nicht mal Optimisten geträumt hätten.“

Allgemein

Richard Leipold (FAS 11.4.) erklärt das „Karteikastenprinzip“ der Trainersuche: “In der Krise schauen nicht nur die Trainer auf die Uhr, die kurz vor dem Rauswurf stehen. Auch die arbeitslosen Bewerber scharren mit den Hufen und fragen sich: Wie lange noch? Nur die Ruhe: In der Bundesliga bekommt fast jeder Fußball-Lehrer eine zweite oder dritte Chance, mancher sogar eine vierte, fünfte oder sechste. In dieser Saison haben Kandidaten, die aus der Warteschleife auf die Bank rücken, besondere Konjunktur. Erik Gerets, der neue Trainer des VfL Wolfsburg, ist schon der achte Übungsleiter, der während dieser Saison einen erfolglosen Kollegen ablöst. Sein Vorgänger Jürgen Röber hatte nicht nur die (zu) hochfliegenden Ansprüche der Volkswagentochter verfehlt; er hinterließ eine Mannschaft, der die Verantwortlichen sogar zutrauten, in Abstiegsgefahr zu geraten. Aber auch einer wie Röber darf seine berufliche Zukunft gelassen angehen, nicht nur der Abfindung wegen, die bei erstklassigen Trainern in aller Regel einen siebenstelligen Euro-Betrag ausmacht. Die Entlassenen können oft schon bald wieder neu anfangen – allerdings ist die Dauerkarte für den Bundesliga-Kreisverkehr an eine unabdingbare Voraussetzung geknüpft: Der Kandidat muß (mindestens) einmal in der Liga eine Mannschaft „gerettet“ oder gar nach oben gebracht haben. Ist dieses oberste Einstellungskriterium erfüllt, nehmen sie fast zwangsläufig am fortwährenden Auswahlverfahren nervöser Vereinsvorstände teil. Wer jedoch im ersten Versuch scheitert wie im Vorjahr Frank Neubarth beim FC Schalke 04 oder Thomas Hörster in Leverkusen, der besitzt praktisch keine Chance, in die Kartei aufgenommen zu werden. Solche Bewerber können froh sein, wenn sie wieder als Assistent anfangen dürfen – oder als Chef in unteren Ligen. (…) Die Vereine gehen nach einer Art Karteikastenprinzip vor. Wer gerade entlassen wurde, grundsätzlich aber für heikle Missionen in Frage kommt, dessen Karteikarte mit Lebenslauf und beruflichem Werdegang (möglichst inklusive Spielerkarriere) wandert in den Kasten zurück. Sobald eine Stelle vakant ist, kommen diese üblichen Verdächtigen ins „Gespräch“. Den Vorständen bietet dieses Prinzip empirisch betrachtet eine mäßige Erfolgsaussicht: Nach einer Untersuchung der Universität Münster sind in den ersten 35 Jahren Bundesliga fast sechzig Prozent der Klubs, die den Trainer gewechselt haben, am Ende abgestiegen. Dieses Ergebnis relativiert sich allerdings dadurch, daß drei Mannschaften dem Schicksal des Abstiegs schon rechnerisch nicht entgehen können – was immer die Verantwortlichen dagegen unternehmen.“

Wirtschaftliche Falle

Viele Vereine sind beim Stadionbau für die WM 2006 ein großes Risiko eingegangen; Thorsten Jungholt (WamS 11.4.) recherchiert: „Nicht nur Leipzig hat ein Problem mit seiner neuen Arena. Ein Blick auf den Abstiegskampf in der Bundesliga zeigt, dass das Stadion-Dilemma auch im Oberhaus des deutschen Fußballs allgegenwärtig ist. Sechs Vereine, die in einem künftigen WM-Stadion spielen, zittern um den Klassenerhalt. Ob Köln, Berlin, Frankfurt, Kaiserslautern, 1860 München oder Hannover: Im Falle des Abstiegs drohen die Fußballtempel, die langfristig ein wichtiges Investment zur Sicherung des Fußballstandorts Deutschland sind, zur wirtschaftlichen Falle zu werden. Zum Beispiel in Hannover: Das Niedersachsenstadion wurde für 63 Millionen Euro zur WM-tauglichen „AWD-Arena“ aufgerüstet. Der in der Landeshauptstadt ansässige Bundesligist 96 sitzt in der Betreibergesellschaft und muss dort seinen Teil – die Rede ist von jährlich fünf Millionen Euro – zu dem Großprojekt beitragen. In der Zweiten Liga, wo der Klub drastische Einbußen bei Fernsehgeldern und Zuschauereinnahmen hinnehmen müsste, wäre das eine kaum zu tragende Last, wie Präsident Martin Kind zugibt: „Wenn wir absteigen, können wir Zins und Tilgung für das WM-Stadion nicht mehr bezahlen.“ Schon in der Bundesliga musste der Verein die Eintrittspreise vor dieser Saison nahezu verdoppeln, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können. Mit bangem Blick verfolgt auch der große FC Bayern München die Entwicklung beim kleinen Nachbarn TSV 1860. Denn die beiden Klubs teilen sich die Kosten für die 280 Millionen Euro teure „Allianz-Arena“ in Fröttmaning. „Wir brauchen 1860 als Partner im neuen Stadion“, sagt Bayerns Präsident Franz Beckenbauer. „Allein können wir dieses Projekt nicht stemmen.“ Die Finanzierung beider Klubs ist auf mindestens 30 Großveranstaltungen pro Jahr ausgelegt, allein aber hätte Bayern nur 17 Bundesliga-Heimspiele plus Pokalauftritte. Andere Veranstaltungen sind vorerst kaum möglich, die sind dem alten Olympiastadion vorbehalten, das nicht zur Bauruine verkommen soll. „Ein Jahr mit dem TSV 1860 in der Zweiten Liga könnten wir verschmerzen“, sagt Bernd Rauch, Geschäftsführer der Münchner Stadion GmbH. „Sollten die Löwen aber in die Regionalliga absteigen, wäre dieses Projekt unmöglich zu stemmen.“ Auch bei längerem Verbleib in der Zweiten Liga wird es eng, schließlich hat 1860 schon in der Bundesliga Probleme, genügend Besucher zu seinen wenig spektakulären Vorführungen zu locken. Zuschauersorgen kennt der 1. FC Kaiserslautern nicht, dennoch hat der für die WM notwendige Ausbau von Ost- und Westtribüne (Kosten: 48,3 Millionen Euro) den Provinzklub an den Rand des Ruins gebracht. Nur weil die Stadt dem FCK sämtliche Bankkredite abnahm, entgingen die Pfälzer dem Konkurs.“

Christian Schubert (FAS 11.4.) porträtiert Stephen Schechter, Finanzdienstleister vieler Klubs: „Gegen einen Ball getreten hat er noch nie, und doch dreht sich bei ihm alles um den großen Kick. Er jongliert mit Millionen, und doch haust er in London mit seinen drei Angestellten auf kleinstem Raum in einem dunklen Untergeschoß. Schuldenmachen ist sein Geschäft, und doch behauptet er, Fußballvereinen und ganzen Regionen zu Wohlstand verhelfen zu können. Stephen L. Schechter ist ein Vermittler der besonderen Art. Er will die Welt des Fußballs mit der großen Finanzwelt zusammenbringen. Sein Trumpf: Er hat gute Kontakte zu amerikanischen und englischen Versicherungs- und Fondsgesellschaften, die er dazu überreden kann, Anleihen von Fußballvereinen zu zeichnen. „Securitisation“ ist das Fachwort, und es besagt, daß den Gläubigern ein bestimmter Strom der Vereinseinnahmen – etwa aus dem Ticketverkauf – als Garantie exklusiv zugesprochen oder verbrieft wird. Da sind viele Fondsmanager bereit, einem Verein ein paar Millionen zu leihen, etwa für einen Stadionbau. Denn jährlich gibt es 6 bis 6,5 Prozent Zinsen, und am Ende kommt das ganze Geld wieder zurück. So läuft es im Idealfall. Freilich gibt es schon mal Enttäuschungen. Schechter etwa vermittelte Leicester City und Ipswich Town große Anleihen, doch die englischen Profivereine konnten bestimmte Bedingungen der Anleihe nicht einhalten. Leicester stieg aus der Premier League ab und erhielt keine Fernseheinnahmen, weil der Sender ITV Digital bankrott ging. „Keiner der Investoren hat aber Geld verloren“, versichert er. Über unsolide Vereine muß er sich dennoch immer wieder ärgern. „Wenn in Italien ein Verein die Buchhaltungsvorschriften umgeht, trifft das auch deutsche, französische und britische Klubs“, schimpft er. Der Amerikaner Schechter, dessen Großvater aus dem ehemaligen Lemberg in der heutigen Ukraine kam, hat seine ersten fünfzig Jahre in New York gelebt, bevor er in den neunziger Jahren nach London wechselte. Vier Jahrzehnte lang arbeitete er an der Wall Street und in der Londoner City. Nach seinen Karrierestationen bei den Investmentbanken Schroders und Lazard wagte er 2002 den Sprung in die Selbständigkeit.“

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