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Zwanziger ist der Sieger von Osnabrück

Oliver Fritsch | Sonntag, 24. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Zwanziger ist der Sieger von Osnabrück

Kommentare zum DFB-Bundestag in Osnabrück: „Zwanziger ist der Sieger von Osnabrück“ (SZ) / „die Stunde der Strippenzieher und Büchsenspanner“ (FAZ) / „mit Mayer-Vorfelders Abdankung verliert der DFB sämtliche internationalen Anschlüsse“ (taz)

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Thomas Kistner (SZ 25.10.) fasst den DFB-Bundestag zusammen: „Der DFB, zerstritten wie nie zuvor, kann sich öffentliche Fehden nur bis zu einer gewissen Schmerzgrenze leisten, wenn das ganze Land auf ihn schaut, dies wurde beim Bundestag deutlich. Die als kluger Kompromiss getarnte Notlösung mit zwei Präsidenten bis zur WM trägt den Keim steter Konflikte in sich, der Stellungskampf von Amateuren und Profis um das Schatzmeisteramt bildete da nur den Auftakt. Und dass Liga-Chef Straub in letzter Minute seine Kandidatur zurückzog, kam nirgendwo als versöhnliche Geste herum, sondern als Akt tiefer Verzweiflung, geschuldet den offen beklagten Winkelzügen im gegnerischen Lager. (…) Zwanziger ist der Sieger von Osnabrück, den Ruf eines Frühstücksdirektors hat er gleich abgelegt. Ihm ist auch abzunehmen, dass er den DFB in die geordneten Bahnen der Ära Braun zurückführen will. Tatsächlich verdanken sich die Konflikte und Konfrontationen ja den Defiziten der turbulenten ersten drei Amtsjahre Mayer-Vorfelders.“

Die Stunde der Strippenzieher und Büchsenspanner

Roland Zorn (FAZ 25.10.) ergänzt: „Der DFB zelebrierte in Osnabrück keinen Feiertag. Dafür waren die Gegensätze zwischen Amateuren und Profis zu eindeutig sichtbar, die nicht gelösten Fragen an der Nahtstelle Regionalliga zu drängend und der gefundene Kompromiß Doppelspitze zu wenig überzeugend, um alle Beteiligten in das milde Licht harmonischen Miteinanders tauchen zu können. Wie bei vielen Tagungen dieser Art wurde auf der großen Bühne dem schönen Schein zuliebe nicht mehr offen gekämpft. In den Tagen vor der Versammlung aber schlug die Stunde der Strippenzieher und Büchsenspanner. In Osnabrück zeigte sich, daß Theo Zwanziger auch dieses Metier inzwischen besser beherrscht als sein allmählich doch recht alt anmutender Stuttgarter Kollege. (…) Die führenden Bundesliga-Köpfe mußten anerkennen, daß ihnen in Theo Zwanziger in Zukunft kein naiver Amateur an der Spitze des DFB gegenübersitzen wird. Der Jurist hat sich Respekt verschafft und muß nun mit Vehemenz daran arbeiten, daß die deutlich sichtbaren Gräben zwischen den Interessen der Profis und der Amateure zumindest schmaler werden. Mayer-Vorfelder dagegen wird in den kommenden zwei Jahren nur noch ein Präsident auf Abruf sein. An Zwanziger vorbei regieren kann er nicht mehr – eine schmerzliche Erkenntnis für einen wie ihn, der den Alleingang liebt und nun gezwungenermaßen zum Teamplayer werden muß.“

Mit Mayer-Vorfelders Abdankung verliert der DFB sämtliche internationalen Anschlüsse

Martin Hägele (taz 25.10.) gibt zu bedenken: „Immerhin eines scheint beim interimistischen Führungsmodell mit Amtsinhaber Gerhard Mayer-Vorfelder und Theo Zwanziger deutlich: Der frühere Schatzmeister ist der neue starke Mann. Nach außen muss der Jurist aus Altendiez noch Profil gewinnen, intern hat er sich durch seinen Wahlkampf Respekt und Akzeptanz verschafft. Zwanziger brachte das Amateur-Lager geschlossen hinter sich, er setzte das Zeichen, dass Karrieren im DFB nur über das Ehrenamt und mit den im Bundestag garantierten Verbandsmehrheiten möglich sind. Dass dafür ein Mann wie Wilfried Straub geopfert wurde, belegt die Härte und Konsequenz, mit welcher Zwanziger antritt. (…) Mit Mayer-Vorfelders Abdankung im Sommer 2006 verliert der DFB allmählich sämtliche internationalen Anschlüsse: den Platz in der Fifa-Exekutive genauso wie im Führungszirkel der europäischen Konföderation. Einer, der sich auch im Ausland einmal die Schuhe des schwäbischen Multifunktionärs anziehen könnte, ist in Osnabrück nicht aufgetreten.“

Nochmals Roland Zorn (FAZ 25.10.): „Es wurde sichtbar, daß sich die Schnittlinien zwischen Amateuren und Profis augenblicklich so scharf wie lange nicht anfühlen. (…) Daß ausgerechnet der sonst überaus zurückhaltende und die öffentliche Bühne soweit wie möglich meidende Wilfried Straub die Zerrissenheit im DFB jedermann vor Augen führte, damit hatte niemand gerechnet. Straub wollte für das von Zwanziger geräumte Schatzmeisteramt gegen Heinrich Schmidhuber kandidieren – und zog seine Bewerbung unter Tränen zurück. Der 65 Jahre alte Hesse, der am 31. März 2005 aus der Geschäftsführung der DFL scheidet und durch Christian Seifert, den Vorstandsvorsitzenden von Karstadt/Quelle New Media, ersetzt wird, hatte geglaubt, Gräben zuschütten zu können. Statt dessen wurde der überall hochgeschätzte Fachmann für Finanzen zum Bauernopfer einer Stimmung, die auch Mayer-Vorfelder erreicht hätte, wäre er nicht zum fünfzigprozentigen Machtverzicht bereit gewesen. Die Tränen des Wilfried Straub demonstrierten besser als die Einigkeitsrituale des Spitzengespanns Mayer-Vorfelder/Zwanziger, wie schwer es dem DFB fallen wird, seinem Motto für den 38. Bundestag in der künftigen Arbeit der Gremien wirklich gerecht zu werden.“

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