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Beste Altherrenmannschaft der Welt

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. November 2004 Kommentare deaktiviert für Beste Altherrenmannschaft der Welt

Real Madrid, „beste Altherrenmannschaft der Welt“ (FAZ) – Bayern Münchens „Lust am Fußballspielen“ (FAZ)

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Real Madrid-Bayer Leverkusen 1:1

Beste Altherrenmannschaft der Welt

Peter Heß (FAZ 25.11.) vermisst Leverkusens Ärger: “In Vereinen, in denen der sportliche Erfolg stimmt, in denen kritische Worte als hilfreich und nicht als gefährlicher Frost für ein zartes Pflänzlein Hoffnung angesehen werden, in diesen Klubs wäre so mancher Stoßseufzer zu hören gewesen: „Oh, Mann, heute war aber mehr möglich.“ 40 Minuten lang hatte Leverkusen eine Madrider Mannschaft dominiert, die alles dafür tat, einen Ruf als beste Altherrenmannschaft der Welt aufzubauen. (…) Ein Spiel wie eine Achterbahnfahrt.“

Ein Vogelkäfig, auf den man zuvor mit der flachen Hand geschlagen hat

Christiane Mitatselis (taz 25.11.): „Während Figo vermutlich schon zu Hause saß und seiner schönen Frau den traurigsten aller Fados vorsang, unterrichtete Butt die Weltpresse über die Umstände seiner Großtat. (…) Madrid schien in der ersten Halbzeit noch gelähmt von der 0:3-Schande beim FC Barcelona und spielte erneut unheimlich schlecht. Kein Realo wusste, wohin er laufen sollte, und auf dem Platz bot sich ein ähnliches Bild wie in einem Vogelkäfig, auf den man zuvor mit der flachen Hand geschlagen hat.“

Peter Burghardt (SZ 25.11.) folgt Augenthalers Nostalgie: „Von Jean-Marie Pfaff und Raimond Aumann hatte man schon länger nichts mehr gehört. Zur Erinnerung an die beiden Torwächter des FC Bayern musste schon deren ehemaliger Mitspieler Klaus Augenthaler in diese Festung zurückkehren, ein Charakter mit Sinn für die Vergangenheit. Im zerfurchten Gesicht des Trainers stehen die Schlachten alter Tage geschrieben, und so streiften seine Gedanken zwei Kameraden von einst. „Das sind so Spiele für Torhüter“, erläuterte Augenthaler nach dem durchaus glanzvollen 1:1, „das habe ich noch bei Bayern erlebt, wo Jean-Marie Pfaff und Raimond Aumann über sich hinausgewachsen sind.“ (…) Spötter behaupten, dies sei das erste Mal gewesen, dass Jörg Butt seinem Team eine Partie gerettet habe.“

Bayern München-Maccabi Tel Aviv 5:1

Drei Hochzeiten, drei Bräute

Daniel Pontzen (Tsp 25.11.) notiert die zwei entscheidenden Tagesordnungspunkte: „Die Pressekonferenz war gerade eröffnet, da erhob sich ein älterer Herr: Im letzten Jahr sei es Ottmar Hitzfeld ähnlich ergangen, er habe auf drei Hochzeiten getanzt, drei Bräute zur Auswahl gehabt, doch am Ende habe er alles verspielt und sei Junggeselle geblieben. Also, begehrte der Fragesteller zu wissen: „Für welche Braut, Herr Magath, wollen Sie sich entscheiden?“ Niemand hätte sich gewundert, wenn in diesem Moment von irgendwoher Rudi Carrell eingeschwebt wäre, als Vater der Verkupplungs-Show Herzblatt war er stets Pate gleichermaßen romantischer Inquisitoren. Da antwortete Magath: „Ich werde mir überlegen, ob ich konvertiere. Es gibt ja Religionen, wo man mehrere Male heiraten kann.“ (…) Was die Asien-Reise betrifft, können die Bayern ihre Beschwerden im Übrigen vereinsintern weiterreichen, die strapaziöse Expedition ist ein Vermächtnis von Franz Beckenbauer. Bei seinem Werbefeldzug für die WM 2006 hatte der Bayern-Präsident den Asiaten einen Besuch der Nationalelf zugesagt. Das Versprechen war wohl notwendig, schließlich kennt Beckenbauer die Belastungen von drei Wettbewerben aus eigener Erfahrung. Oder von drei Hochzeiten, bildlich gesprochen.“

Lust am Fußballspielen

Ganz die alten, in jeder Hinsicht – Elisabeth Schlammerl (FAZ 25.11.): „Es ist typisch für die Münchner, daß ihnen ein paar überzeugende Spiele genügen, um schon wieder ihre Zugehörigkeit zu Europas Spitze zu reklamieren. „Wir haben keine Angst vor irgendeinem“, sagte Felix Magath nach einem Sieg über ein Team, das nicht einmal ein gutes Zweitligateam richtig hätte fürchten müssen. Michael Ballack scheint von diesem Bayern-Virus nach zwei Jahren Klubzugehörigkeit noch nicht ganz befallen zu sein. Aber es ist die Art und Weise, wie die Bayern derzeit auftreten, die sie von der Mannschaft der vergangenen Saison unterscheidet. (…) Die Bayern vermitteln derzeit so viel Lust am Fußballspielen wie seit zwei Jahren nicht mehr. Es ist kein Zufall, daß sich die Leistungskurve rapide nach oben bewegte, als Mehmet Scholl nach einer seiner vielen Verletzungspausen zurückkehrte.“

Heinz-Wilhelm Bertram (FTD 25.11.) befasst sich mit der Menschenführung Felix Magaths: „Es wird immer deutlicher, dass sich Magath in drei Punkten wesentlich von Ottmar Hitzfeld unterscheidet: Das schärfere Konditionstraining scheint die Spieler resistenter gegen Ermüdung zu machen. Zweitens setzt Magath auf eine immer besser eingespielte Stammformation. Deutlich restriktiver ist der Trainer auch bei seinen Einwechselungen. Wer dem Team nicht dienen kann, muss ohne Ansehen von Namen und ungeachtet der Spielzeit den Dienst quittieren.“

Flokati

Andreas Burkert (SZ 25.11.) reicht Schere und Kamm: “Bastian Schweinsteiger trägt diese Frisur schon seit ein paar Tagen, wobei niemand genau weiß, ob es sich dabei wirklich um einen Haarschnitt handelt oder einen aufgeklebten Streifen Flokati. Generell hat Schweinsteiger mit seiner Erscheinung nicht immer den Geschmack seiner Beschützer getroffen, man erinnert sich gut an sein erstes Profitor. Damals nestelte der jubilierende Nachwuchsspieler vor den Kameras an einem Armbändchen herum, was Uli Hoeneß nicht besonders gefiel; der Manager faltete den Teenager in der Pause ordentlich zusammen. Kurz nach der Halbzeit traf Schweinsteiger abermals, er freute sich ganz vorsichtig. Nun also diese Frisur, Schweinsteiger und Hoeneß sind deswegen nicht aneinander geraten. Und dennoch hat der junge Mann aus dem Inntal vor großem Publikum erneut eine unangenehme Erziehungsmaßnahme über sich ergehen lassen müssen. Gesenkten Hauptes trug Schweinsteiger seinen Flokati bereits nach 28 Spielminuten in die Kabine.“

Inter Mailand, SZ

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