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Champions League

Tauglichkeit zu Serienhelden?

Oliver Fritsch | Freitag, 10. Dezember 2004 Kommentare deaktiviert für Tauglichkeit zu Serienhelden?

„Ganz so weit unten war die Bundesliga nie, ganz weit oben ist sie noch lange nicht wieder“ (FAZ) / „Deutschlands Fußball leuchtet wie der Stern von Bethlehem in der Heiligen Nacht“ (FTD) – Bayer Leverkusen, Tauglichkeit zu Serienhelden?“ (FAZ) – „die Bayern fühlen sich wieder als Vorreiter des deutschen Fußballs“

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Ganz so weit unten war die nie Bundesliga, ganz weit oben ist sie noch lange nicht wieder

Alle Bundesligisten im Achtelfinale – Roland Zorn (FAZ 10.12.) ordnet den deutschen Erfolg ein: „Hurra, sie leben noch! Die ersten Kommentare zum gruppendynamischen deutschen Erfolg in der frühen Phase der Champions-League-Saison klangen so, als hätte die Bundesliga aus dem Land des dreimaligen Weltmeisters soeben die Intensivstation verlassen. Ganz so weit unten war sie nie, und ganz weit oben ist sie noch lange nicht wieder. (…) Der schon in der Bundesliga unübersehbare Modernisierungsschub bei einigen Mannschaften hat sich auf Europa übertragen. Unverkrampft und selbstbewußt behaupten sich die Deutschen im multinationalen Verdrängungswettbewerb wie lange nicht. (…) In Europa wie in der Bundesliga ist Konzeptfußball in. Eine Chance für alle, die ihre Klasse nicht über das Portemonnaie allein definieren – und damit auch die Gelegenheit für die Bundesliga, mit der neuen deutschen Welle Europa auf sich aufmerksam zu machen.“

Deutschlands Fußball leuchtet wie der Stern von Bethlehem in der Heiligen Nacht

Axel Kintzinger (FTD 10.12.) widerruft: „Geben wir es ruhig zu: Auch an dieser Stelle wurde in den letzten Monaten, ach: Jahren! nicht sonderlich euphorisch über den hiesigen Fußball geschrieben. Zu langsam, zu statisch – zu deutsch eben. Reformstau auf dem Rasen, wohin das Auge blickt. Der Vizeweltmeistertitel von Yokohama? Ein Zufall, begünstigt durch das Losglück des Jahrhunderts. Die EM in Portugal? Eine Pleite, wie nicht anders zu erwarten. Der Vereinsfußball? Eine einzige Schmach, abzulesen an den immer weniger werdenden Punkten in der Uefa-Wertung. Deutschland ist der kranke Mann Europas – auch im Fußball. Jetzt aber, inmitten der tristesten Jahreszeit, leuchtet Deutschlands Fußball wie der Stern von Bethlehem in der Heiligen Nacht. (…) Deutschland ist wieder wer – ganz ohne patriotisches Plappern.“

Aus der schönen Bilanz jedoch einen anhaltenden Leistungstrend abzuleiten, wäre naiv

Andreas Burkert (SZ 10.12.) warnt: “Erfreulich ist, dass Werder und Bayer trotz ihrer natürlich begrenzten Finanzpotenz mit den Ultrareichen der Luxusliga mithalten. Die Bundesliga kalkuliert ja vergleichsweise seriös und liefert neuerdings erfolgreiche Konzeptarbeit ab – das ist eine gute Nachricht. Aus der schönen Bilanz jedoch einen anhaltenden Leistungstrend abzuleiten, wäre naiv.“

Auch England jubelt, NZZ

Bayer Levekusen-Dynamo Kiew 3:0

Tauglichkeit zu Serienhelden?

Was spricht für Leverkusen, den einzigen deutschen Gruppensieger? Was dagegen, Roland Zorn (FAZ 10.12.)? „Spielverlauf, Ergebnis und auch alle anderen Zahlen und Fakten sprachen am Ende deutlich für die zurückeroberte Qualität der Rheinländer, international Zeichen zu setzen und Respekt zu ernten. (…) So ganz trauen sie ihrer Tauglichkeit zu Serienhelden noch nicht. Denn was in der Champions League, abgesehen vom 2:4 in Kiew, nie mit einer Niederlage endete, fiel im Alltag allzu oft betriebsimmanenter Unbeständigkeit zum Opfer.“

Der Spielzerstörer als Spielzeugzerstörer

So klingen Lobeshymnen auf Carsten Ramelow – Bernd Müllender (taz 10.12.): „Ramelow darf als lebender Beweis für die ganze Widersprüchlichkeit des Fußballs und seine unterschiedliche Wahrnehmung gelten. Defensiv hatte er einen hocheffektiven Auftritt gegen Dynamo Kiews gefürchteten Brasilianer Diogo Rincón hingelegt. Gleichzeitig hatte er das Publikum wie so oft gequält – mit seinem so schwer erträglichen Stocherfußball in der Offensive und grotesken Schussversuchen. Durchaus symbolisch also, dass er es war, der Ende der ersten Halbzeit derart energisch nach dem Ball trat, dass dieser mit einem lauten Knall platzte. Der Spielzerstörer also auch als Spielzeugzerstörer. Dafür hat er Applaus bekommen.“

Ajax Amsterdam-Bayern München 2:2

Die Münchner fühlen sich wieder als Vorreiter des deutschen Fußballs

Michael Ashelm (FAZ 10.12.) lässt sich die Säcke nicht voll machen: „Der FC Bayern wäre nicht der FC Bayern, würde er sich nicht am liebsten in besonderem Licht darstellen wollen. Zwar waren die Münchner längst für die Knockout-Runde qualifiziert, dennoch nutzten sie die Gunst der Stunde zu fast staatstragender Rhetorik. „Das ist ein großer Tag für den deutschen Fußball“, resümierte Karl-Heinz Rummenigge. Nach 14 vergeblichen Anläufen erreichte der Rekordmeister als erstes Bundesligateam einen Europapokalpunkt in Amsterdam. Darüberhinaus sehen sich die selbstbewußten Bajuwaren als Trendsetter einer positiven Gesamtentwicklung. Die wenig spektakuläre, über Strecken dürftige Pflichtübung gegen das junge niederländische Team spielte eine nebensächliche Rolle. Vielmehr fühlen sich die Münchner wieder als Vorreiter des deutschen Fußballs.“

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