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Bundesliga

Einige waren längst zufrieden

Oliver Fritsch | Samstag, 19. März 2005 Kommentare deaktiviert für Einige waren längst zufrieden

Hypothek gute Hinrunde – „Hannover 96 hängt in der Abwärtsspirale und ist womöglich noch gar nicht am Boden angekommen“, fürchtet Frank Heike (FAZ 19.3.): „Martin Kind und Ilja Kaenzig haben lange nachgedacht, um den Absturz zu erklären. Es bleiben Rätsel, und Ansätze: „Die Spieler waren im Kopf nicht bereit, den Lauf fortzusetzen. Die Planungssicherheit für 2005/2006 war plötzlich schon da, der Druck hat gefehlt“, sagt der Manager. Es ist wohl wirklich so, glaubt man ihm, daß ein Profi nur funktioniert, wenn er Druck und Ziele hat. Insofern hat Hannover 96 einen Fehler gemacht, die Siegesserie ohne neue Vorgaben jenseits des Klassenverbleibs verpuffen zu lassen. (…) Kaenzig sagt: „So viele unserer Spieler sind geprägt vom Abstiegskampf, die konnten es gar nicht verstehen, plötzlich dort oben zu stehen.“ Im Klartext: einige waren längst zufrieden – es fehlte die Spannung. (…) „Erstmals haben wir im Winter nicht mehrere Spieler geholt, erstmals haben wir frühzeitig Planungssicherheit“, sagt der Präsident, „wir sind Zehnter, wir spielen nicht gegen den Abstieg. Ich bin zufrieden.“ Eigentlich könnte Ruhe einkehren im dritten Hannoveraner Bundesliga-Jahr. Wenn nur diese schrecklich gute Hinrunde nicht wäre.“

Er hat das verstaubte Profil des Klubs aufgefrischt und mehr Transparenz geschaffen

Ronny Blaschke (SZ 19.3.) schildert den Erfolg von Jörg Bergers externer Kommunikation: „In Rostock hat es eine Weile gedauert, bis sie sich an den Schönfärber gewöhnten. Armin Veh war ein launischer Typ. Sein Nachfolger Juri Schlünz war ein Mann der leisen Töne. Er schien den sportlichen Niedergang weniger zu verkraften als seine Spieler. Beide Männer hatten Probleme mit der Außendarstellung. Berger nimmt sich Zeit für die Öffentlichkeit. Die Jahre, als Pressekonferenzen im Ostseestadion siebeneinhalb Minuten dauerten, sind vorüber. Berger beantwortet wirklich jede Frage. Er schafft eine bessere Stimmung im Umfeld, vertreibt die Aussichtslosigkeit und wirkt glaubwürdig. In der Chefetage ist nicht jeder davon begeistert. Schließlich kann man das auch als Öffentlichkeitssucht auslegen. Berger hat in den Krisenwochen trotzdem die beste Figur im Verein abgegeben. Er ist der lauteste Wachrüttler in der von alten Seilschaften geprägten Diplomatenkombo. Er hat das verstaubte Profil des Klubs aufgefrischt und mehr Transparenz geschaffen.“

Nicht zu fassen

Phänomen Marek Mintal – Gerd Schneider (FAZ 19.3.): „Er ist ein rätselhafter Mensch, dieser Mintal, und er ist ein rätselhafter Spieler. Die wenigen, die ihn in Nürnberg kennen, charakterisieren ihn so: unnahbar, verschlossen, bodenständig, bescheiden. Es heißt, der ganze Trubel um seine Person sei ihm lästig. Auch als Spieler läßt sich der 27 Jahre alte Slowake schlecht einordnen. Er ist kein Dribbelkönig, er kann das Spiel nicht mit brillanten Pässen sezieren, er ist auch kein spektakulärer Haudrauf. Aber er ist immer in Bewegung. Und deshalb nicht zu fassen. Eine Sphinx. (…) Man kann sich leicht ausrechnen, wie der „Club“, ein namenloses Ensemble mit dilettantischer Abwehr, ohne ihn dastünde. Wie bei allen außergewöhnlichen Vollstreckern im Fußball bleibt ein Rest, der sich den Erklärungsmustern entzieht.“

Fernseh-Scout

Roland Wiedemann (taz 19.3.) schildert die Entdeckung Mintals: „Es geschah auf einer der zahlreichen Geschäftsreisen, die den 40-Jährigen Autohändler Peter Hammer regelmäßig in die Slowakei führen. Hammer, der Landessprache nicht mächtig, schaltete wie üblich abends in seinem Hotelzimmer den Fernseher ein, um sich mit Fußball aus der ersten slowakischen Liga die Zeit zu vertreiben. Dabei bekam er große Augen. Er sah einen leichtfüßigen Angreifer, der rannte, als ginge es um sein Leben, und der beidfüßig unglaublich präzise schießen konnte. Und weil jener bis dahin in der großen Fußballwelt unbekannte Marek Mintal von MSK Zilina in den nächsten Wochen jedes Mal wieder glänzte, wenn der Gast aus dem Frankenland vor dem Fernseher saß, geriet etwas ins Rollen, was dem 1. FC Nürnberg möglicherweise den Klassenerhalt und später einmal jede Menge Geld bescheren könnte. Dank sei Peter Hammer und dem Zufall. Denn Autohändler mit Fußballverstand gibt es viele. Aber in Hammers Fall kommt hinzu, dass Trainer Wolfgang Wolf ein Haus der Mutter des Fußballnarren bewohnt.“

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