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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Die größte Leistung

Oliver Fritsch | Montag, 11. April 2005 Kommentare deaktiviert für Die größte Leistung

Peter Penders (FAZ 11.4.) lenkt den Blick auf Bert van Marwijk: „Bei allem Respekt – selbst wenn Felix Magath mit den Bayern noch die Champions League gewinnt, selbst wenn Ralf Rangnick mit Schalke den Titel holt, oder wenn Jürgen Klopp und Uwe Rapolder mit Mainz und Bielefeld die Klasse halten: Vielleicht hat ihr Dortmunder Trainerkollege Marwijk unter den besonderen Umständen die größte Leistung vollbracht. Denn derzeit ist die Borussia nur noch drei Punkte vom sechsten Platz entfernt. Wenn sie in Dortmund darauf im Dezember ihr letztes Geld gesetzt hätten, wären sie nun ein paar Schulden los. Angesichts des bekanntgewordenen Geschäftsgebarens wundert es fast, daß niemand darauf gekommen ist.“

In den Grundfesten erschüttert

Oliver Trust (Tsp 11.4.) beschreibt Schalker Frust: „Die gesamte Schalker Fußballfamilie stellte bisher Gültiges in Frage. Im Kollektiv warf man hinderlichen Ballast von den Schultern, um fortan wenigstens noch als Außenseiter ohne Erwartungsdruck das Minimalziel Champions League erreichen zu können. Um den Titel müsse man sich „in dieser Verfassung keine Gedanken machen“, sagte Ralf Rangnick. Wie ein Schlag, der den ganzen Verein in seinen Grundfesten erschütterte, hatten die drei Tore Kuranyis gewirkt.“

Schwülstiger ging es nicht mehr

Matthias Wolf (FAZ 11.4.) ist von der Berliner Soap um Marcelinho genervt: „Zwei Tage lang hatte der schmollende Brasilianer gewartet, bis er sich entschuldigte – und eine Geldstrafe zahlte. Nun gliederte er sich wieder ein ins Familienleben. Dieter Hoeneß blickte zufrieden. Der Herrscher des Vereins hat mit harter Hand wieder mal alle auf Kurs gebracht im Biotop, wo angeblich seit dieser Saison nur noch Erfolg und Teamgeist Nährboden finden. Wen störte es da, daß die Nur-die-Liebe-zählt-Inszenierung allzu kitschig geriet? (…) Diesen Satz hätte er sich lieber sparen sollen: „Ich widme den Treffer Arne. Arne hat Charakter“, weil er „meine Entschuldigung nach meinem Fehlverhalten angenommen hat. Jetzt sind wir versöhnt.“ Schwülstiger ging es nicht mehr. Falko Götz schwärmte, er sei „sehr, sehr froh“, so einen Spieler zu haben. Das gilt bis zum nächsten Aussetzer des Exzentrikers, der ja nicht nur hart zuschlagen, sondern auch zu schnell fahren, zu lang schlafen, zünftig feiern und mehr Geld ausgeben kann, als er auf dem Konto hat.“

Morgenthau-Plan

Philipp Selldorf (SZ 11.4.) befasst sich mit der Entwicklung Bayer Leverkusens, die Welt zitierend: „„Bayer plant das Ende des attraktiven Fußballs in Leverkusen“. Das klingt nach einer Art Morgenthau-Plan der Firmenzentrale: technische Demontage, Rückkehr zu den primitiven Ursprüngen. Die Vorstellung wurde mit Recht als Zumutung empfunden, Teile der Anhängerschaft forderten sühnehalber ein Menschenopfer und suchten sich dazu Vereinschef Wolfgang Holzhäuser aus. Was für ein brisanter Zufall, dass an diesem Tag nach monatelanger Absenz der alte Volkstribun Reiner Calmund zu Besuch erschienen war. Auf das jahrelang durch aufregenden Sport und großes Spektakel verwöhnte Publikum wirkt Calmund wie der Repräsentant der goldenen Vergangenheit, Holzhäuser dagegen als Betriebswirt, der mit kalter Präzision den Verein abwickelt. Fair ist das nicht, aber seit wann sind Fußballfans fair? Holzhäuser darf keinen Beifall erwarten bei seiner Aufgabe, mit weniger Geld Calmunds sportliches Erbe fortzuführen. Man gewinnt den Eindruck, dass sich Bayer 04 vorsätzlich ins Mittelmaß zurückzieht.“

Unberechtigte Selbstzufriedenheit

Mauern auf dem Spielfeld, Angreifen nach dem Schlusspfiff – die neue Wolfsburger Strategie, meint Uwe Marx (FAZ 11.4.): „Der gute alte Catenaccio lebt. Und das nicht nur in Italien, wo sie diese Mauertaktik erfunden haben. In Mainz war jetzt die niedersächsische Variante zu sehen: Mut zum häßlichen Spiel, abwehren, was das Zeug hält, möglichst lange möglichst wenig angreifen, bloß kein Risiko eingehen – und dann zuschlagen. Die Torchancen zwei und drei in diesem unansehnlichen Spiel wurden zu den Toren eins und zwei genutzt. Wer 2:0 gewinnt, kann spielen, wie er will, er hat hinterher die Deutungshoheit. (…) Nach den jüngsten Rückschlägen war Selbstzufriedenheit verständlich. Berechtigt war sie nicht.“

Christian Tretbar (Tsp 11.4.) bemerkt dazu: „Der Streit um Thomas Brdaric ist wohl eine Projektionsfläche für das angespannte Verhältnis zwischen Erik Gerets und Thomas Strunz.“

Lange Ungesehenes wieder in Schemen erkennbar

Bochum kommt in Fahrt – Christoph Biermann (SZ 11.4.): „Die Dinge haben eine erfreuliche Wendung genommen. Erleichtert kann man feststellen, dass Peter Neururer auf dem Weg dazu ist, wieder so verschwurbelt zu reden wie in seinen besten Tagen. Nachdem seine Rede angesichts des Elends immer knapper und präziser geworden war, plustert sich seine Sprache endlich wieder auf. „Ich könnte jetzt hochphilosophisch werden und sagen: Aus der Resthoffnung ist eine größere Resthoffnung geworden“. Nichts an seiner Äußerung war überhaupt mittel- oder niederphilosophisch, aber irgendwo am Ende des Bochumer Tunnels flackert das Licht einer zarten Hoffnung auf den Klassenerhalt und lässt lange Zeit Ungesehenes zumindest wieder in Schemen erkennen. „Wir sehen den Weg, den wir beschreiten müssen und der eindeutig mit Punkten gekennzeichnet ist.““

Trainerstimmen zum 28. Spieltag, sueddeutsche.de

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