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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Deutsche Elf

Ziel erreicht

Oliver Fritsch | Montag, 20. Juni 2005 Kommentare deaktiviert für Ziel erreicht

Nach dem 3:0 über Tunesien: ein Zwischenfazit von Michael Ashelm (FAZ 20.6.): „Für Jürgen Klinsmann kann der Confederations Cup nicht mehr negativ enden. Das erklärte Ziel Halbfinale haben er und sein Team im WM-Test erreicht – bei allen Holprigkeiten auf dem Weg dorthin ist die große Desillusionierung ausgeblieben. Klinsmann kann die nächste Stufe seines ehrgeizigen und für deutsche Fußballverhältnisse innovativen Förderprogramms angehen. Seine auf Jugend getrimmte Mannschaft hat gezeigt, daß sie die Fähigkeit besitzt, sich auf mittlerem internationalen Niveau durchzusetzen.“

Lerner

Note 3 bis 4, heißt das wohl – Michael Rosentritt (Tsp 20.6.) gönnt Jürgen Klinsmann ein Schulterklopfen: „Klinsmann ist ein junger, ein lernender Trainer. Wenn er seine 20 Jahre alten Spieler in der Verteidigung lobt, schützt und ihnen Fehler zugesteht, tut er das auch für sich. Auch Klinsmann macht Fehler, und die kann man ihm zugestehen. Auch wenn er noch nichts gewonnen hat, so hat er sich bereits jetzt verdient gemacht um den deutschen Fußball. (…) Gefunden werden muss ein balanciertes Spielsystem; temporeich und aggressiv in der Offensive und dabei trotzdem kompakt und gut organisiert in der Defensive. Die Spiele gegen Australien und Tunesien boten beide Extreme. Daraus werden der Trainer und sein Team lernen. Und alle anderen lernen ein bisschen mit.“

Abhängigkeit

Ludger Schulze (SZ 20.6.) findet die Ursache für den Sieg: „Man kann unterschiedliche Gründe anführen, es ist jedoch ausgeschlossen, Michael Ballack dabei nicht zu erwähnen. Man kann auch Kritik daran üben, wie lange sich das Team schwer tat, um letztlich ein schmeichelhaftes Resultat zu erzielen, Michael Ballack aber muss man davon ausnehmen. (…) Schon kleine Formschwankungen lösen merkliche Änderungen aus: Spielt Ballack betont offensiv, schwächelt die Defensive. Geht er nach hinten, holpert die Offensive. Wenn es dem Trainerstab gelingt, ihm mehr Unterstützung zu verschaffen, gewänne die Elf ein Stück Unabhängigkeit und Unberechenbarkeit.“

Nur rosarote Wölkchen

Jörg Hanau (FR 20.6.) hält die Bewertung des Siegs durch Klinsmann für beschönigend und monoton: „Der Fundus an Superlativen im Sprachschatz des Bundestrainers scheint grenzenlos. Wenn Klinsmann nach getaner Arbeit Rede und Antwort steht, lässt er kaum einmal eine Gelegenheit aus, allzu krittelnde Medienvertreter mit seiner Sicht der fußballerischen Spaßgesellschaft zu beglücken. Am Firmament nur rosarote Wölkchen. Die Welt des Jürgen K. kennt keine dunklen Seiten. Die Zuversicht des 40 Jahre alten Fußball-Lehrers gipfelt dabei stets in ein und demselben Satz: „Wir sind sehr, sehr zufrieden.“ Fünf Worte wie in Stein gemeißelt. Fünf Worte, die der Schwabe seit elf Monaten bei jedem Auftritt mit dem Erdnussgrinsen eines kalifornischen Beach Boys in die Mikrophone trällert. In Köln war das nicht anders. Dass die deutschen Kicker den tollen Kölner Fans mehr als eine Stunde lang fußballerische Schmalkost vorgesetzt, die Nordafrikaner mit ihrem überragenden Kapitän Hatem Tabelsi von Ajax Amsterdam die größeren Spielanteile besessen hatten, spielte unter dem Strich keine Rolle mehr.“

Publikumsliebling aus Mitleid

Stefan Hermanns (Tsp 20.6.) befasst sich mit der Unterstützung der Zuschauer für Robert Huth (den die Bild-Zeitung als Sündenbock ausgemacht hat für…, ja wofür eigentlich?): „Der deutsche Fußball erlebt zurzeit eine Inflation an Publikumslieblingen, und die Auswahlkriterien gelten bis auf weiteres als diffus. Auf so kuriose Weise wie er ist noch niemand zum Helden aufgestiegen: Robert Huth, man muss es leider so deutlich sagen, ist Publikumsliebling aus Mitleid geworden. (…) Thomas Hitzlsperger hat jetzt gute Chancen, der nächste Liebling des deutschen Publikums zu werden.“

FAZ-Spielbericht

Verschluckt und ausgespuckt

Michael Horeni (FAZ 20.6.) tröstet Fabian Ernst: „Die Fallhöhe in der Nationalmannschaft ist unter Jürgen Klinsmann hoch, nicht nur für Fabian Ernst, er ist derzeit nur der prominenteste Spieler auf der abschüssigen Bahn, auf die bis zur Weltmeisterschaft noch ein Dutzend Nationalspieler geraten können. Um das fragile Innenleben in jenem Teil dieser Nationalmannschaft zu beschreiben, greift man am besten auf einen Begriff aus dem Radsport zurück. Ein Fahrer wird „durchgereicht“, heißt es dort, wenn ein Pedaleur während eines Rennens zurückfällt, wenn ihn nach einer Fahrt an der Spitze die Kraft verläßt und er von der jagenden Meute verschluckt und irgendwo am Ende des Feldes wieder ausgespuckt wird. (…) Aber auch der Weg nach oben ist kurz in Klinsmanns WM-Unternehmen. Podolski und Schweinsteiger haben sich in die erste Reihe vorgearbeitet, Deisler ist auf dem Weg dorthin.“

FR-Spielbericht Australien-Argentinien (2:4)

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