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Bundesliga

Zwei Vereine und seine Trainer

Oliver Fritsch | Samstag, 22. Oktober 2005 Kommentare deaktiviert für Zwei Vereine und seine Trainer

Zwei Vereine und seine Trainer stehen derzeit unter besonderer Beobachtung: der 1.FC Köln mit Uwe Rapolder und, nach wie vor, der VfB Stuttgart mit Giovanni Trapattoni.
Rapolder ist mächtig in die Defensive geraten, weil er den angeschlagenen und formschwachen Lukas Podolski eine Halbzeit lang auf die Bank gesetzt hat, eigentlich eine Selbstverständlichkeit, und diese Maßnahme nicht genügend begründet, eigentlich eine Lappalie. Ins Visier gerät sein Umgang mit Spielern, unklar bleibt die Wirkung seiner akademisch anmutenden Rhetorik auf die Mannschaft. Die Sport Bild hat das Formblatt eines „Mentalen Vertrags“ veröffentlicht, den Rapolder seit je mit einem Teil seiner Spieler schließt. Darin heißt es in einem Mix aus Soziologenjargon und Marketing-Geduz: „Dieses Gespräch dient einer übereinstimmenden Positionierung Deiner aktuellen Situation und Leistungen.“
„Das Uefa-Cup-Wunder des VfB“ stichelt die taz, doch dass der 2:0-Sieg in Rennes, die Stuttgarter unter Trapattoni auf die richtige Bahn bringen wird, glauben die wenigsten der Journalisten. „Zwischenhoch oder Reifeprozeß?“ lautet die freundlichste Schlagzeile (FAZ).

Schaden

Daniel Theweleit (taz) kommentiert die Aussprache zwischen Rapolder und Podoski: „Keiner hat sein Gesicht verloren. Das drängendste Problem konnte also vorerst ausgeräumt werden, und trotzdem zeugt der Ärger von atmosphärischen Störungen zwischen Rapolder und seinem Kader. Nach außen wirkt der Schwabe hoch kommunikativ und umgänglich; einzelne Spieler fühlen sich hingegen immer wieder falsch verstanden oder unfair behandelt. (…) Gerade im Fall Podolski wäre es hilfreich, alle Sensibilität der Welt einzusetzen, um die ungewöhnlichen Fähigkeiten des Stürmers für den Abstiegskampf freizusetzen. Denn in seiner gegenwärtigen Verfassung ist der Star des Teams auf dem Platz wenig hilfreich – und außerhalb eine ständige Gefahr für das Klima im Klub. Mit einer simplen Beschwerde hat er Rapolder ernsten Schaden zugefügt.“

Konfus

Auch Gregor Derichs (FAZ) beäugt die Wirkung von Rapolders Rhetorik: „Wenn der eloquente Süddeutsche sich darauf einläßt, seine Strategien zu erläutern, malt er gerne eindrucksvolle Skizzen seiner Vorstellungen vom idealen Spiel. Paßfolgen, Ball- und Laufwege sind festgelegt. Fast jede Trainingseinheit geht er vorher mit den Spielern an der Tafel durch. Aber in Köln haben seine Ideen noch nicht so gezündet wie bei den Arminen, die sich unter Thomas von Heesen vom Rapolder-System abgekehrt haben. Beobachter in Köln stimmt bedenklich, daß die Mannschaft, die noch nie zwei Spiele hintereinander mit der gleichen Formation bestritt, zuletzt immer konfuser agierte.“

Welt-Interview mit Rapolder

Niemand sonst wollte ihn

Liebesheiraten halten am kürzesten – Bernd Dörries (SZ): „Seit langem mal wieder ein ordentliches Spiel gemacht. Es besteht aber nur geringe Gefahr, dass der Erfolg die Probleme überdeckt. (…) Trapattoni kam wohl nach Stuttgart, weil ihn sonst niemand mehr wollte und er den Fußball mehr liebt als seine Frau. Es ist nicht ganz klar, ob er vor seiner Ankunft in Stuttgart genau über die hiesigen Verhältnisse informiert war. Ob er wusste, dass dies keiner der Top-Klubs in Europa ist, von denen er so gerne erzählt. Manches spricht dagegen.“

Innere Opposition

Klaus Teichmann (FR) beschreibt das Verhältnis zwischen Trainer und Gefolgschaft: „Längst ist offensichtlich, dass etablierte Kräfte im Team zumindest in einer inneren Opposition zum Coach stehen. Es heißt, er würde gerade nicht die Besten auf den Platz schicken. Selbst der sonst so loyale Manager Briem deckelte sanft, es könne nicht sein, dass Spieler auf der Bank sitzen, die eindeutig besser in Form seien.“

Reif für den Abschuss

Eine Glosse über die Abfindungsvereinbarung zwischen dem VfB und seinem Trainer, die öffentlich geworden ist – Tim Bartz (FTD) rechnet mit der baldigen Entlassung Trapattonis und mit einem ähnlichen Ungemach für Michael Skibbe: „Heiligs Blechle, da hat aber einer gut verhandelt – und der andere irgendwie nicht. Der Abfindungsfall könnte früher eintreten, als sich all die Wunschträumer im Ländle, die sich auf dem Weg in die Spitze des europäischen Fußballs wähnten, gedacht haben. Am Sonntag treten die Stuttgarter bei den ebenfalls bemitleidenswert mies kickenden Bayer-Jungs an, und wenn nicht alles täuscht, ist der Altmeister bei einer Niederlage reif für den Abschuss. Zwar hat Leverkusen mit Michael Skibbe nicht gerade eine Erfolgsgarantie an der Seitenlinie stehen, aber der Ex-DFB-Tainer wird wohl erst in der Rückrunde ein Fall für den Arbeitsrichter werden. Bis dahin dürfte der Italiener Trappatoni seine karge Abfindung bereits vernudelt haben.“

Christoph Biermann (SZ) nennt das Defizit Bayer Leverkusens: „Michael Skibbe hat einen falsch zusammengestellten Kader mit vielen Webfehlern geerbt, zu denen auch der Mangel an Führungskräften gehört.“

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