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Champions League

Erfolgreiche Doppelspitze

Oliver Fritsch | Freitag, 20. Oktober 2006 Kommentare deaktiviert für Erfolgreiche Doppelspitze

Zuversicht nach Siegen von Bayern und Bremen / Chelseas Sieg gegen Barcelona im Schatten des Rosenkriegs von Paul McCartney und Heather Mills

Klaus Hoeltzenbein (SZ) schöpft aus den Siegen Bayerns und Werders frischen Mut: „Wer Mannschaften an ihren Höhen mißt und darauf vertraut, daß diese Höhen bei guter Trainerarbeit häufiger zu erklimmen sind, dem muß nicht mehr gar so bang sein um die Repräsentanz der Bundesliga. Zumindest in ihrer Doppelspitze nicht: Die Bayern haben mit drei Siegen und ohne Gegentor einen rekordverdächtigen Start hingelegt, die Bremer haben sich in ihrer Hammertodeswahnsinnsgruppe in Chelsea nicht blamiert, sie hatten Titelverteidiger FC Barcelona am Rand der Niederlage, gegen Sofia haben sie routiniert gewonnen. Nun gut, das Fußvolk aus Hamburg, Schalke oder Berlin lahmt, aber die Doppelspitze nimmt Tempo auf.“ Dem weiteren Saisonverlauf blickt Hoeltzenbein mit Zuversicht entgegen: „Vielleicht wird Bremen dieses Jahr noch auf der Strecke bleiben, auch für Bayern wird’s in der K.o-Runde mit den Super-Reichen eng, aber Fußball ist auch die Kunst, in den Augenblicken mitzufiebern.“

Ralf Wiegand (SZ) hebt Bremens neue Abwehrstärke hervor: „Auf der neuen Defensivbasis lassen sich auch unangenehme Aufgaben wie die gegen Sofia unaufgeregt bewältigen. Die biederen Bulgaren boten lange solide Gegenwehr, verwickelten die Bremer in ein lästiges Klein-Klein, raubten ihnen phasenweise jede Kreativität durch hartnäckige Defensivschufterei.“ Frank Heike (FAZ) betont den Zufall und die Bedeutung des Führungstreffers: „Die Bulgaren spielten mit acht Mann defensiv, und wäre nicht Naldos Freistoß in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit ins Tor gerutscht, es wäre wohl ein Wettlauf mit der Zeit und gegen ein drohendes 0:0 geworden.“

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Europas Fußballgipfel als Randnotiz

Raphael Honigstein (Tsp) beschreibt den 1:0-Erfolg Chelseas gegen Barcelona als ein zähes Ringen, von Sicherheitsdenken geprägt: „Beide Teams waren offensichtlich nur auf einen Punktsieg aus. Die Künstlergruppe aus Barcelona kam zwei, drei Mal mit sehr präzisen Zickzack-Pässen gefährlich vor den Kasten von Hilario, dem Ersatz des Ersatztorwarts; doch mit fortschreitender Dauer driftete die Souveränität ein wenig ins Bornierte ab. Als Didier Drogba die Gäste nach der Pause mit dem 1:0 überfiel, konnten sich die Granden nicht mehr aus der eigenen Behäbigkeit reißen. Chelsea dagegen rauschte plötzlich wie ein hochfrisierter Lastschlepper durch das offene Mittelfeld, und mit dem überragenden Michael Essien am Steuer kam ordentlich Fahrt rein. Michael Ballacks Eingriffe ins Spiel waren eher chirurgischer Natur. Chelsea wurde letztlich wieder seinem Ruf als unverwüstlicher Ergebnis-Apparat gerecht, doch es war diesmal nicht das Kollektiv, sondern die individuelle Klasse des unaufhaltbaren Drogba, die den Ausschlag gab.“

Christian Eichler (FAZ) schildert die Reduktion des Konflikt- und Koversationswertes des Spiels: „Kaum etwas fesselt das Publikum so sehr wie Kleinkrieg auf höchstem Niveau, wie häßlicher Streit unter den Schönen und Mächtigen der Welt. Viermal füllte das Duell Chelsea gegen Barça diese Dallas-und-Denver-Marktnische im Fußballsegment. Erst beim fünften Mal schrumpfte Europas Fußball-Gipfel zur Randnotiz auf Englands Titelseiten. Dort hatte er keine Chance gegen den Rosenkrieg von Paul McCartney und Heather Mills. Geschlagene Ehefrauen sind noch besser für die Auflage als geschlagene Champions-League-Sieger. Keiner schimpfte, keiner sah Verschwörungen. Die Meister der beiden stärksten Ligen der Welt pflegen die neue Sachlichkeit. Dazu paßte die Darbietung von Michael Ballack. Für sie kennt der Fußball-Jargon den schönen Begriff ‚unauffällig‘. Aber auch Barça blieb, was es sonst nie ist: unauffällig. Chelsea zeigte, wie man die hochtourigste Offensivmaschine des europäischen Fußballs abwürgen kann.“

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