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Bundesliga

Spielt die Bundesliga verrückt?

Oliver Fritsch | Freitag, 2. Februar 2007 Kommentare deaktiviert für Spielt die Bundesliga verrückt?

Thomas Doll entlassen – Kritik und Verständnis in der Presse; Radikalkritik an der Ungeduld der Vereine mit ihren Trainern

Ralf Wiegand (SZ) kritisiert die Entlassung Thomas Dolls: „Es liegt nicht am Trainer. Mit einem schlechten Coach hätte der HSV nicht – trotz zeitweise neun verletzter Stammspieler – die fünftbeste Abwehr, hätte nicht nur ein Spiel mehr verloren als die Bayern, hätte gegen Cottbus keine drei Großchancen herausgespielt oder sich in Partien wie Aachen oder Bielefeld die Tragik verdient, Siege in letzter Sekunde herzuschenken. Mannschaften im Abstiegskampf mit schlechtem Trainer fallen auseinander. Wenn aber beim HSV etwas eine Einheit war, dann Trainer und Team. Der Absturz des HSV ist ja vor allem eine Folge der Selbstüberschätzung eines Vereins, der sich stets für einen Weltklub hielt – auch wenn er zwanzig Jahre in der Versenkung verschwunden war.“

Ralf Köttker (Welt) hingegen hätte Doll schon vor der Winterpause entlassen: „Am Ende der Hinserie war für jeden erkennbar, daß auch der Trainer des HSV am Ende war. Doch die Klubleitung machte den Fehler, aus löblicher Loyalität zu einem leitenden Angestellten Lethargie werden zu lassen. Niemand hatte den Mut, den Liebling der Fans zu entlassen, um die verfahrene Situation aufzulösen. Es war nicht falsch, den redlichen aber ratlosen Doll zu entlassen. Das ganze kommt nur zwei Monate zu spät. Statt einem Neuen die Chance zu geben, die Mannschaft in der Winterpause auf den Abstiegskampf einzustellen, muß jetzt ein Retter einspringen.“

Roland Zorn (FAZ) mahnt die Liga zu Besinnung und Geduld: „Spielt die Bundesliga verrückt? Sind Männer wie Thomas Schaaf etwa schon Relikte aus der guten alten Zeit? Seit 1999 führt der frühere Werder-Profi als legitimer Nachfolger des Langzeittrainers Otto Rehhagel die Bremer von Erfolg zu Erfolg. Werder wird wegen Schaaf und des ähnlich lange dem Verein verhafteten Sportdirektors Klaus Allofs überall beneidet. Unaufgeregtheit im Stil, konzeptionelles Denken bei der Arbeit, Kontinuität im Handeln und Menschlichkeit im Umgang miteinander: wo gibt’s denn so was? Nur bei der Nummer eins der Bundesliga, wo das Leistungsprinzip seit langem mit wirksamen Programmen und kluger Personalpolitik unterlegt ist. Ein einzigartiger Glücksfall? Sicher, solange an anderen Liga-Standorten immer wieder verzweifelt nach Trainern gefahndet wird in einer Landschaft, in der es augenscheinlich kaum Neues zu entdecken gibt.“

Kim Il McRummenigge

Radikalkritik – american arena fordert einen Wandel der Strukturen und des Denkens: „Wenn die Bundesliga amerikanischer wäre, wären die Rummenigges und Konsorten nicht quasi unkündbar und könnten nicht permanent so tun, als ob die Fehler immer nur bei den anderen lägen, aber nie bei ihnen. Dann würden auch an sie an den Leistungen und den Erwartungen gemessen und an dem Geld, das sie verschleudern. Wenn die Liga amerikanischer wäre, würden Leute bei den Fernsehsendern sitzen, die sich Sorgen machen über den return on investment und wie das alles weitergehen soll. Denn wie soll es weitergehen? Auf diese gleiche unnütze Weise?“

Auch Volk ohne Raumdeckung knöpft sich Rummenigge vor: „Es ist der Wurm drin beim FC Bayern. Ich glaube, dieser Wurm heißt Kim Il McRummenigge, der Mann der aus dem FC Bayern eine Weltmarke machen wollte wie McDonalds oder Swissair oder Enron oder die KPdSU. Vielleicht hat er ein gewisses Talent, anderen Menschen das Leben zu vermiesen, vielleicht ein Nicht-Wie-Beckenbauer-Gen, der – man kann es drehen und wenden – ein richtiger Charmebolzen ist. Er hat etwas von Muhammed Ali, eine Leichtigkeit in der Größe, die es nie wieder geben wird. Und er ist nicht nur Liebling der Deutschen, sondern hat bei seiner WM-Tournee eigentlich überall ganz gut ausgesehen, sogar in Holland. McRummenigge strahlt weder Leichtigkeit noch Größe aus, sondern eine gewisse brüske Verkniffenheit, ein bißchen wie Wolfgang Clement. Kein Charmebolzen im klassischen Sinne, eher wie der Tasmanische Teufel aus Bugs Bunny mit Krawatte.“

SZ: Dolls Entlassung – Abschied vom Gute-Laune-Flummi

BLZ: Trainer aus der Mottenkiste – Ottmar Hitzfeld bringt den Bayern neue Hoffnung

FAZ-Portrait Lincoln

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