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Champions League

Klinsmann’scher Qualitätskannibalismus

Oliver Fritsch | Donnerstag, 2. Oktober 2008 Kommentare deaktiviert für Klinsmann’scher Qualitätskannibalismus

Ist der Bayern-Trainer auf dem richtigen Weg? Die Presse schwankt auch nach dem 1:1 gegen Olympique Lyon zwischen Skepsis und Abwarten, doch der Ton wird zum Teil giftiger

Sebastian Krass (taz) schildert die Nebenwirkungen des Klinsmannschen Experimentierens: „Der Bayern-Trainer betreibt eine pädagogische Feldforschung in der testosterongesteuerten Welt des Männerfußballs: Wie setzt sich die Hierarchie einer Mannschaft neu zusammen, wenn die alte durch Einflüsse von außen nicht mehr in Kraft ist? Das Thema interessiert Klinsmann schon länger. Eine seiner ersten Amtshandlungen als Bundestrainer war es, Oliver Kahn die Kapitänsbinde wegzunehmen und sie an Michael Ballack weiterzureichen. Sein Forschungsprojekt birgt ein großes Risiko: dass nämlich ein Machtvakuum entsteht, unter dem der Teamgeist und letztlich auch die Spielweise leiden.“

Ralf Köttker (Welt) kritisiert das Rein und Raus, das Hott und Hü: „Auch wenn den Münchnern rechnerisch ein ordentlicher Start in die Champions League gelungen ist, ändert das Resultat nur wenig am zum Teil konfusen Gesamteindruck des Meisters. Klinsmann weiß, wo er hin will. Aber er weiß offenbar noch nicht, mit wem und wie. In seiner bisherigen Amtszeit wirkt vieles wie Aktionismus: Buddhas wurden aufgestellt und abgebaut, die Dreierkette eingeführt und abgelöst, Demichelis als Stabilisator der Abwehr gefeiert und dann ins Mittelfeld gestellt. Van Bommel wurde zum Kapitän gemacht und dann zum Ersatzspieler degradiert. Es gehört zu Klinsmann, positive Unruhe zu verbreiten. Aber derzeit scheint ihm dabei der klare Kurs zu fehlen.“

Scheinfreundlichkeit

Michael Neudecker (Berliner Zeitung) will sich in seinem Urteil noch nicht festlegen: „Man kann es auch so sehen: Während Hitzfeld stets risikolos die gleichen Spieler aufstellte und teure Einkäufe wie Breno frühzeitig als Fehleinkauf abschrieb, gibt sich Klinsmann Mühe, das Mannschaftsgefüge dynamisch zu gestalten. So ist das eben bei Jürgen Klinsmann: Die Beurteilung all dessen, was er tut, ist reine Interpretationssache. Noch jedenfalls.“

Andreas Burkert (SZ) gelingt eine schön-fiese Wortschöpfung: „Klinsmann’scher Qualitätskannibalismus“. Kollege Klaus Hoeltzenbein hingegen mahnt zu Geduld: „Wer einen Baumeister holt, muss ihm ein paar Tage geben, seine Straße zu bauen.“ Schließlich wolle Bayern seinen „internationalem Abstieg“ bremsen, der seit 2001 anhalte. Roland Zorn (FAZ) hält Klinsmann die gleiche „Scheinfreundlichkeit“ gegenüber Mark van Bommel wie damals gegenüber Oliver Kahn vor: „Klinsmann verkündet seine härtesten Beschlüsse kalt lächelnd.“ Ein krasses Plakat soll in Bayerns Fan-Kurve gesichtet worden sein: „Ami go home!“

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