Bundesliga
Des Rätsels Lösung dank Biomechanik
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| Dienstag, 13. Januar 2009Ralf Rangnick lässt sehr konkret Einblicke in sein Training zu (SZ) / Uli Hoeneß über seinen Nachfolger (FAS) / Franck Ribéry will Stars, Jürgen Klinsmann ein Team (FAZ)
Ralf Rangnick gibt der SZ ein langes Interview, unter anderem über die Scharmützel mit den Bayern. Liest sich anstrengend, weil er sich erklärt oder gar rechtfertigt. Die spannenden Teile des Gesprächs finden wir am Ende des Textes. Da erläutert Rangnick Aufgaben und Ergebnisse des neuen Techniktrainers Marcel Lucassen, der seinem Verteidiger Marvin Compper in Mönchengladbach das Flanken beigebracht habe (von Christian Ziege, nebenbei, hätte er es dort auch nicht lernen können): „Lucassen hat mit seinem biomechanisch geschulten Auge gemerkt, dass Marvins Bewegung nicht optimal war, weil er vor dem Flanken zu viel Boden traf. Das hatte ihm noch nie jemand gesagt. Lucassen entwickelte Übungsformen. Heute kann Marvin flanken.“
Auch die Schwächen Chinedu Obasis, die seiner Fußballsozialisation geschuldet sind, werde man mit Methode bearbeiten: „Er ist ein besonders interessanter Fall: Uns ist aufgefallen, dass er volley fast jeden Ball perfekt verarbeitet, aber wenn er aus 16 Metern flach schießen soll, kommt oft nur ein Kullerball heraus. Ich habe ihn gefragt, wie er früher als kleiner Bub in Nigeria gekickt hat. Er sagte: Wir hatten zuhause nie vernünftige Rasenplätze, deshalb haben wir den Ball immer in der Luft gespielt. Da hatten wir des Rätsels Lösung. Aber es reicht nicht, dass wir das jetzt wissen. Ab sofort kann Obasi mit Lucassen daran arbeiten, sauberer zu schießen. Das sind kleine Elemente, von denen wir uns große Wirkung versprechen.“
Und über das künftige Schusstraining sagt Rangnick: „Unsere 6er Luiz Gustavo und Isaac Vorsah haben beide einen Schuss wie ein Pferd, aber noch kein einziges Fernschusstor erzielt, weil ihre Bälle oft sontswohin fliegen. Normalerweise sagt ein Trainer dann dem Spieler: Du musst dich mehr über den Ball beugen! Das ist sicher auch ein Teil der Wahrheit, aber wenn sich ein Biomechaniker mit dem Bewegungsablauf befasst, kommen noch mehr Erkenntnisse heraus.“
Fußball ist eher ein Sport mit offenen Fertigkeiten, von Techniken kann im trainingswissenschaftlichen Sinne nur bedingt die Rede sein – im Gegensatz zum Speerwurf, aber auch Handball ist „standardisierter“. Alle Handlungen im Fußball vollziehen sich unter Gegner-, Zeit- und Raumdruck und sind situationsabhängig. Daher kann Techniktraining im Fußball nur kleine Erfolge erzielen, gerade bei Erwachsenen. Was nicht heißen soll, dass man es zu lassen hat. Jedenfalls sind solche Einblicke, wie sie Rangnick gewährt, selten. Zumal sie erstens eigentlich Betriebsgeheimnisse sind. Zweitens kommt bestimmt wieder jemand daher und wirft ihm „Besserwisserei“ vor.
Auch ein aufschlussreiches Detail: Rangnick sagt, dass Marvin Compper ihm von Lucassen erzählt habe. Mit den Leuten reden, heißt wohl seine Devise.
Irrer Vorteil
Uli Hoeneß spricht mit der FAZ am Sonntag und mit breitester Brust darüber, was er macht, wenn er in einem Jahr als Manager zurückgetreten sein wird: „Ich gehe nicht in Pension. Ich werde weiterhin jedes Wochenende für unseren Erfolg da sein und die Geschicke des Vereins sehr aktiv bestimmen. Ich werde eng am Team sein.“
Sein Nachfolger ist zu beneiden. Das folgende liest sich teilweise wie eine Drohung: „Ich werde jedem Nachfolger von mir, ob es ein erfahrener oder unerfahrener ist, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Derjenige, der zu den Bayern kommt, hat den irren Vorteil, dass im Hintergrund kein Uli Hoeneß auf ihn wartet, der darauf hofft, dass alles schiefgeht, damit sein Stern der vergangenen 30 Jahre kräftig weiterleuchtet.“ Ist das ein Gruß an Franz Beckenbauer?
Dass Jürgen Klinsmann Hoeneßens Posten gleich mit übernimmt, schließt Hoeneß aus: „Die Doppelbelastung als Trainer und Manager ist nicht einfach zu bewältigen. Deshalb wird dies bei Bayern sicherlich keine Lösung sein. Einen Trainer und Manager Klinsmann wird es nicht geben.“
Beulen
Volker Stumpe (FAS) schreibt eine feine Glosse über Beckenbauers Größenwahnvorwurf an Hoffenheim: „Beckenbauers Neujahrsansprache – eine Mahnung an jene höhenluftbenebelten Majestätsbeleidiger, die mit billigen, provozierenden Witzen am Lack der wahren Elite, der wahren und ewigen und einzigen Nummer eins kratzen.“
Michael Horeni (FAZ) beleuchtet Franck Ribérys Forderung nach mehr Stars und dass das Jürgen Klinsmanns Entwurf widerspreche: „Ribérys Konzept ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was seinem Trainer vorschwebt. Klinsmann setzt auf Teamgeist und individuelle Verbesserungen, Ribéry auf Individualismus und das klassische, selbstherrliche Star-Prinzip. Auch wenn die Bayern und Ribéry weiter im selben Bus unterwegs sind – auf dieser Reise können noch ein paar Beulen dazukommen.“
Gregor Derichs (FAZ) widmet sich dem schwierigen Comeback Bernd Schneiders.