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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Offizier unter Deck

Oliver Fritsch | Freitag, 20. Februar 2009 Kommentare deaktiviert für Offizier unter Deck

Andreas Müller ist in Seenot und muss sich viele Fehler vorhalten lassen / Müller: „Ich will nicht so sein wie Rudi Assauer“ / Klinsmann und Podolski, warum passt das nicht mehr?

Einen Blick hinter die Schalker Fassade gewährt uns Richard Leipold in der FAZ. In einem für diese Zeitung ungewöhnlich bissigen Ton macht er sich über die Öffentlichkeitsarbeit Andreas Müllers her. Zwar stützt sich Leipold auf Aussagen von Kollegen: „Von Reportern, die den Verein ständig begleiten, wird seine Außenwirkung irgendwo zwischen verwirrend und verheerend angesiedelt. Der Manager zieht es vor, grundsätzlich zu schweigen und allenfalls über die Homepage des Vereins zu kommunizieren.“

Doch wirft er ihm auch direkt Feigheit vor: „In Erklärungsnot geraten, wirkt Müller wie ein Kapitän oder wenigstens ein erster Offizier, der sich unter Deck verkriecht, während ein keineswegs sturmerprobter Steuermann wie Fred Rutten mit teils disziplinlosen Matrosen schweren Wassern zu trotzen versucht. Müller wagt sich nicht raus in den Sturm, dorthin, wo jene Fragesteller sitzen, die nicht von PR-Beratern ausgewählt werden. Stattdessen sendet er aus seiner Kajüte Vertrauenssignale in Richtung Rutten.“

Das ist harte Kritik, die Leipold anhand eines Beispiels untermauern kann: „Müller wolle sich schützen, heißt es offiziell. Vor der Bild-Zeitung, deren Spielball er zu sein glaubt? Oder vor den Medien insgesamt? Oder doch vor sich selbst, der sich in wunderliche Widersprüche verwickelt hat, als es darum ging, die Spekulationen über einen möglichen Transfer Kevin Kuranyis zu kommentieren?“

Auch der Schalker Trainer bekommt es mit Leipold zu tun: „Rutten ist aus Enschede gekommen, um die Ergebnisse seines unbeliebten Vorgängers Slomka (mindestens) zu bestätigen, sie aber in attraktiverem Gewand zu präsentieren. Gelungen ist bisher weder das eine noch das andere.“ Weil Rutten behauptet, dass Schalke anders spiele als in der vorigen Saison und allen, die das nicht erkennen, Inkompetenz unterstelle, bescheinigt ihm Leipold einen „Hauch von Arroganz“.

Kein Respekt

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) legt nach: „Müller trägt die Hauptverantwortung für die Situation. Zwar gibt er Slomka eine Teilschuld für die Fehleinkäufe und lobte sich für die vielen Transfers, mit denen Schalke Gewinne machen konnte. Doch die Millionen aus der erfolgreichen Champions-League-Saison 2007/2008 sind ausgegeben, und die Mannschaft hat sich nicht weiter entwickelt. Jetzt, wo ein Umbau dringend nötig wäre, ist kein Geld mehr da. Vielmehr mussten Leistungsträger wie Fabian Ernst verkauft werden.“

Jan Christian Müller & Andreas Morbach (FR) halten Müller Schwankungen in seiner Menschenführung vor: „Müller hat es in einem sehr schwierigen Umfeld nicht geschafft, sich Respekt zu erarbeiten. Er hat es auch nicht geschafft, in eine ausgewogene Halbdistanz zu den Profis zu gehen. Im Grunde seines Herzens wäre Andi Müller lieber mehr Freund als Vorgesetzter, mehr Seelenmasseur als Brachialkritiker. Doch ihm dünkt nun schmerzhaft, dass jene musterhafte Einstellung, die er als aktiver Profi lebte, seltener geworden ist. Er reagiert mit Zuckerbrot und Peitsche. Bloß, dass man ihm das Peitschenschwingen nicht abnimmt. Nun ist Müller neben dem seltsam konturlosen Trainer Fred Rutten der Einzige im Klub, der in sportlichen Fragen Kompetenz vorweisen kann. Das wissen auch die Finanzfachleute Tönnies, Peters und Schnusenberg, und das könnte Müller vorerst den Job retten.“

Ich will nicht so sein wie Rudi Assauer

Müller setzt sich in einem Interview mit Welt Online zur Wehr und von seinem Vorgänger ab: „Machos sind doch mega out. Ich will nicht so sein wie Rudi Assauer. Es hat nichts mit Härte zu tun, proletenhaft in der Presse herum zu schreien. Härte zeigt man durch konsequentes Handeln. Wenn man den Spielern klar sagt: Hier ist die Grenze, wenn die überschritten wird, hat das Folgen. Also vergessen Sie all diese Psycho-Märchen über mich. Die Wirklichkeit ist viel spannender.“

Rudi Assauer entgegnet in der FR (aber nicht nur da, sondern irgendwo hab ich noch ein Interview mit Horst Schlämmer gelesen): „Warum sollte ich Schadenfreude spüren? Ich gönne dem Klub nichts Schlechtes und habe es vermieden, mich einzumischen. Ich habe mich auch über Andreas nie negativ geäußert. Ich bin sehr überrascht über diesen verbalen Angriff. Damit hätte ich nicht gerechnet. Dafür gibt es auch keinen Grund. Das ist sehr enttäuschend.“

Münchner Fußballfirma

Dass Lukas Podolski (auch) an Jürgen Klinsmann scheitern wird, hätte vor einem Jahr keiner voraussagen können. Andreas Burkert (SZ) versucht, dem gestörten Verhältnis auf den Grund zu gehen, bleibt aber im Vagen: „Es ist nicht mehr genau zu ermitteln, wann sich der frühere Bundestrainer Klinsmann und sein damaliger Auswahlstürmer Podolski entzweiten in der Münchner Fußballfirma, der zurzeit noch beide dienen.“ Oder steckt die Botschaft des Artikels in dieser Zeile: „… Münchner Fußballfirma, der zurzeit noch beide dienen“?

Trifft es Rotbäckchen Rummenigge – sei’s drum

Eine etwas verspätete jüngere Vereinschronik 1860 Münchens lesen wir von Elisabeth Schlammerl (FAZ). Der Verein ließ vor zehn Tagen einen bereits vermeldeten Investoren-Deal platzen, noch bevor die DFL etwas öffentlich beanstanden konnte. „Die Machtkämpfe hinter den Kulissen“, heißt es, „machen aus dem Münchner Komödienstadl in den vergangenen Jahren einen Intriganten- und Dilettantenstadl.“ Von der „folkloristischen Seifenoper 60“ ist die Rede, und die Anekdote aus ienem Jugendspiel mit der Backpfeife für den zwölfjährigen Franz Beckenbauer, der deswegen nicht zu den Blauen, sondern zu den Roten wechselte, fehlt nicht. Ist dieser Strolch eigentlich je ausfindig gemacht worden?

Sehr gut gefällt mir der Kommentar des Users Hartmut Albrecht (Drahtfuchs): „Wie in der Politik (Barbarossa-Mythos) erwartet der 60-Fan, dass die Brunnenmeier (†), Heiß, Kohlars, Rebele, die Luttrop, Küppers und natürlich Petar Radenkovic in irgend einer Form auferstehen, das Ruder in die Hand nehmen und den Rothosen den nötigen Respekt beibringen. Wenn dann nochmal eine Watsch‘n ausgeteilt werden muss, und es trifft ‚Rotbäckchen‘ Rummenigge, sei’s drum.“

Was noch? Der Ticketverkauf für die WM 2010 beginnt. Im Tagesspiegel und in der Berliner Zeitung erfahren wir erste Hintergründe und Tipps.

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