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Bundesliga

Mieser Schalker Stil

Oliver Fritsch | Freitag, 27. März 2009 8 Kommentare

Fred Ruttens Entlassung kann jeder verstehen, doch über das Wie schütteln die Journalisten den Kopf

Andreas Hunzinger (FR) knöpft sich Clemens Tönnies und Josef Schnusenberg vor: „Dass Rutten die Erwartungen nicht erfüllt hat, ist unbestritten. Dass er mehr Respekt verdient hätte, ebenso. Wie mit ihm umgesprungen wurde, ist indiskutabel. Einen Trainer erst scheibchenweise zu demontieren, um dann eine wahrscheinlich längst beschlossene Entlassung künstlich hinauszuzögern, ist mieser Stil. Aber nachdem mit Andreas Müller ähnlich verfahren worden war, konnte man wahrscheinlich von den führenden Köpfen nicht erwarten, dass sie im Fall Rutten mehr Niveau zeigen. Oliver Kahn sollte sich sehr genau überlegen, ob er es sich wirklich antun will, auf Schalke Manager zu werden.“

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) reißt bei der kicker-Lektüre die Augen auf: „Schalke leidet unter einem fatalen Mangel an Führungskraft und einer beispiellosen Unfähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung. Es ist zu lesen, dass Tönnies im Zuge seiner Managersuche auch bei Arsène Wenger angeklopft hat. Gibt es dafür noch einen anderen Ausdruck als Größenwahn?“

Selbst Schalke-Kenner Richard Leipold (FAZ) muss schmunzeln: „Ein Bundesligatrainer, der seine (bevorstehende) Entlassung selbst ankündigt, während die Vorstandsmitglieder auswärtige Termine wahrnehmen – dies ist sogar für Schalker Verhältnisse ungewöhnlich.“

Klassekicker von morgen

Matti Lieske (Berliner Zeitung) gefällt die Art, wie Andreas Beck spielt und verteidigt: „Eine Untersuchung in England ergab, dass Außenverteidiger in vier Kategorien mit führend sind: Pässe, Flanken, Zweikämpfe und Kopfbälle. Beck sieht seine Stärken vor allem bei Pässen und Zweikämpfen. Kopfball sei wegen der Spielweise in der Bundesliga nicht so maßgeblich, zum Flanken komme er nicht so oft, ‚weil wir viel am Boden spielen‘. Ziemlich verpönt bei Ralf Rangnick ist die hohe Flanke aus dem Halbfeld, bei etlichen Teams, nicht zuletzt den Bayern, eine gern praktizierte Verlegenheitslösung.“

In einem Portrait vom Mittwoch würdigt Leipold Alexander Baumjohann, der „Kunst und Kampf in Einklang“ bringe. Mit Marko Marin „ermöglicht er Mönchengladbach eine Spielkultur, die über das hinausgeht, was Mannschaften dieser Couleur in der Regel zu bieten haben“. Den Wechsel nach Bayern betrachtet Leipold nicht so pessimistisch wie viele andere: „Für die Münchner ist es einer dieser Transfers auf Verdacht. Neben lauter Stars nehmen sie gelegentlich auch ein Sternchen in ihr kickendes Portfolio auf, in der Hoffnung, günstig einen Klassekicker von morgen zu erwerben.“

Die SZ überrascht uns mit einer Spekulation über ein Comeback: Wenn sich vier streiten, freut sich der Fünfte. Die vier sind Enke, Adler, Wiese und Neuer. Der Fünfte ist Lehmann. Die FR widmet sich der Führungsspielerdebatte um Michael Ballack und der „Opposition“ Miroslav Klose, Philipp Lahm und Arne Friedrich.

Kommentare

8 Kommentare zu “Mieser Schalker Stil”

  1. S04-Fan
    Freitag, 27. März 2009 um 19:58

    „Unfähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung“, „Größenwahn“, „fataler Mangel an Führungskraft“ und natürlich immer wieder Profilneurosen wirft man den Handelnden auf schalke vor.

    Viele Journalisten machen es sich aus meiner Sicht da viel zu einfach. Keiner dieser Journalisten kennt Schnusenberg oder Tönnies persönlich und ich behaupte mal die oben zitierten Journalisten haben noch nicht einmal ein Interview mit einem der beiden bekommen.

    Vielleicht zur Info: Schnusenberg ist ein sehr frommer, tief gläubiger Mensch, der seinen Vostandsposten im nächsten Jahr freiwillig zur Verfügung stellt, als bestimmt keiner, der sich in den Vordergrund spielen will.

    Tönnies ist ein mehr als erfolgreicher und milliardenschwerer Unternehmer, der es als letzter nötig hätte sich in den Vordergrund zu spielen.

    Es mag ja sein, dass diese Leute mit der Pressemeute (keineswegs nur der Boulevard), die nur noch Schalgzeilen und Auflage mit Schalke machen will und teilweise jedes Mittel dabei recht ist, nicht umgehen können. Aber will man ihnen das wirklich vorwerfen?

    Was Schalke wirklich braucht ist ein Fachmann auf dem sportlichen Gebiet, also einen sportlichen Manager. Der wird gerade gesucht, mehr kann man von den beiden o.g. und immer wieder kritisirten Tönnies und Scnusenberg nicht verlangen. Ein bisschen Zeit für eine so wichtige Suche sollten selbst die „schnellsten“ Journalisten den beiden einfach mal – wie anderswo auch – lassen.

  2. Lasse
    Samstag, 28. März 2009 um 10:01

    Die Frommen waren schon immer die Schlimmsten.

  3. Nürnberger
    Samstag, 28. März 2009 um 10:05

    Das einzige worüber ich als Leser den Kopf schüttele ist wie Sportjournalisten immer wieder krampfhaft versuchen mit Schalke Schlagzeilen zu machen. Ist der Verein Schalke 04, dessen Mannschaft inzwischen sportlich ins Mittelmaß der Bundesliga abgerutscht ist, wirklich so wichtig und interessant für die Presse und ihre Leser? Wenn ja, dann Kompliment Schake, ihr werdet wohl nie zu einer grauen Maus, egal wie es sportlich läuft.

    Wenn nur 1% der Leute, die angeblich bei Schalke im Gespräch waren, zu Schalke gekommen wären, müsste Schalke mit fünf Profimannschaften inkl. Trainerstab antreten – mindestens!

    Man darf gespannt sein, wer der nächste Trainer oder Manager ist, der Schalke über die Medien absagt, ohne je gefragt worden zu sein.

    Gut informiert über Schalke fühlt man sich als aufmerksamer Leser trotz all der Schalgzeilen, Thematisierung und Kommentierungen in der Presse ürigens nicht, im Gegenteil!

  4. Manfred
    Samstag, 28. März 2009 um 11:08

    @1: Schnusenberg ist ein selbstverliebter Schwätzer, liest du hier: http://www.weltfussball.de/news/bundesliga/_m21310_schnusenberg-kein-chaos-hinter-diesen-mauern/
    Anstatt einfach mal dem Nuhrschen Grundsatz zu folgen und die Fresse zu halten, wird dumm geschwätzt, dass sich selbst die Balken zu schade sind zum biegen.
    Neinnein, kein Chaos, aber ein Strang, sicher. Der letzte Satz ist die Blaupause für das ganze Gezeter und Gezerre, bei den hinreichend beweisen wurde, dass die vollkommene Unfähigkeit, eine klare und deutliche Antwort zu geben bzw eine selbige Entscheidung zu fällen, nicht von ungefähr kommt. So wurde mit Müller und jetzt Rutten verfahren und das ist mieser Stil. Zum Glück hat Kahn anscheinend abgesagt, das ist ja mal eine gute Nachricht. Jetzt kann man einen erfahrenen und guten Manager suchen und sich nicht mit einem Azubi aufhalten. Obwohl die völlige Ahnungslosigkeit auf die Art perfekt illustriert worden wäre.

  5. echfahne04
    Samstag, 28. März 2009 um 17:05

    Ich kenne Schnusenberg nicht, deswegen erlaube ich mir kein Urteil („selbstverliebter Schwätzer“, „Profilneurotiker“ und so vieles mehr).
    Fest steht, dass es ohne ihn kein neues Stadion gegeben hätte (die Bewunderung dafür hat immer Assauer, nicht Schnusenberg eingeheimst). Schnusenberg gibt selbst zu, dass er kein Fußballfachmann ist (gibt es von denen so viele in den Vereinsvorständen und Aufsichtsräten der anderen Vereine?) und will nächstes Jahr aufhören. Hört sich für mich nicht so an, als ob er gerne den Zampano spielen will.

    Ohne Tönnies und dessen Millionen (Kredite, Bürschaften und Cash Flow zu Assauers Endzeit als immer nur ausgegeben und nichts eingenommen wurde) gäbe es Schalke schon lange nicht mehr.

    Irgendwie sind die beiden die ärmsten Säue, weil sie für den sportlichen Niedergang unter Rutten nun wirklich nichts können und Müllers und Ruttens sportliches Missmanagement jetzt vorgeworfen bekommen. Nur zur Erinnerung: Vor einem Jahr stand Schalke im Viertelfinale der Champions League. Dann wurde noch einmal für Rutten rund 20 Mio Euro (z.B. für Farfan und Engelaar) locker gemacht. Damals waren die beiden auch schon da, waren aber in der Öffentlichkeit kaum präsent.

  6. fan04
    Sonntag, 29. März 2009 um 12:50

    Die umfangreiche Berichterstattung über Schalke in der Presse ist absolut angemessen und gerechtfertigt. Schließlich ist Schalke der mit Abstand wichtigste und bedeutendste Verein in Deutschland!

  7. Heffer
    Sonntag, 29. März 2009 um 21:14

    @fan04

    Ich hab laut gelacht!

  8. Bilic weiß sich seines Glückes zu erwehren « Fakten und Gerüchte aus dem Stadionbus
    Dienstag, 31. März 2009 um 11:44

    […] Über die derzeitige Orientierungslosigkeit beim FC Schalke 04 haben sich ja inzwischen allerorten die Sportjournalisten mit staunendem Unverständnis und Kritik geäußert. Heute komme ich erst dazu […]

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