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Bundesliga

Mit Schaum vor dem Mund eingekauft

Frank Baade | Dienstag, 7. April 2009 1 Kommentar

26. Spieltag, Teil 2: Traurige Tonart beim Karlsruher SC / Nicht Klinsmann ist Schuld an Bayerns Wankelmütigkeit / Einigung zwischen DFB und Babbel in der Trainerschein-Frage

Nach dem 1:4 in Bremen malt die taz die Lage für Hannover grau, aber nicht schwarz: „Hannover 96 wird ernsthaft mit dem Abstiegskampf zu tun haben, kann aber immerhin auf eine solide Abwehrleistung in der ersten Halbzeit verweisen. Werder hat den Knoten zerschlagen. Die Bremer haben sich warm geschossen für das Uefa-Cup-Spiel gegen Udinese Calcio. Eine Mannschaft übrigens, der es ähnlich wie Werder geht: in der Liga viel zu weit unten und nun mit allen Hoffnungen unterwegs im europäischen Wettbewerb.“

Frank Heike (FAZ) sieht die Hannoveraner Leistung anders. Nach guten ersten sechzig Minuten bliebe am Ende nur ein „Desaster“ zu bilanzieren. Der von den Bremer Fans als „Schießbuden-Enke“ verhöhnte Robert Enke müsse wohl auch im nächsten Jahr bei Hannover 96 bleiben, da es keine inländischen Interessenten gebe. Zu diesem Thema befragt, wendet Enke ein, dass niemand wisse, ob Hannover noch einmal so eine schlechte Saison spiele.

Tendenz zur Selbstzerfleischung

Nach dem 0:0 zwischen Karlsruhe und Mönchengladbach verteilt Frank Ketterer (Financial Times Deutschland) ein für Fußballmannschaften bitteres Lob: „Auch die Partie gegen Gladbach lief nach typischem KSC-Muster ab: Die Badener boten erneut keinen schlechteren Fußball, sie trafen nur wieder nicht ins Tor. Die seuchenhafte Torlosigkeit ist im Prinzip das einzige, was man der Mannschaft vorwerfen kann und damit dem Trainer.“

Oliver Trust zählt im Tagesspiegel den beliebten Countup: „Edmond Kapllani hat seit 944 Minuten nicht mehr getroffen, Sebastian Freis kommt bisher auf 572 Minuten ohne Tor. Da die beiden Stürmer des Karlsruher SC auch gegen Mönchengladbach nicht trafen, kann sich der KSC langsam aber sicher auf die Zweite Liga vorbereiten.“

„Traurige Molltöne“ hört Michael Ashelm (FAZ), wenn er der Hausmusik in Karlsruhe lauscht. Auch er findet nichts Positives an der Lage des KSC: Die eigenen Fans verhöhnten das erfolglose Sturmpaar, aus der Vereinsführung werde gegen den Manager geschossen und die Stadionfrage leide darunter, dass es mehr um Hahnenkämpfe beteiligter Personen als um eine sinnvolle Lösung für den Karlsruher SC ginge. Obwohl Edmund Becker noch Trotzparolen verbreite, glaubten nur noch die wenigsten an eine Rettung des Klubs: Dafür müsse schließlich mal jemand ein Tor für den KSC erzielen.

Pfiffe und Beschimpfungen

Von der lange faden Partie zwischen Köln und Leverkusen berichtet Richard Leipold (Tagesspiegel): „Im ersten Durchgang wollte auf dem Rasen keine Derbystimmung aufkommen, auch wenn die FC-Fans ihre Elf fast durchweg voller Inbrunst anfeuerten. Der Ball kam nur selten in Tornähe, die Offensivkräfte stellten sich nicht sonderlich geschickt an. In der ersten Hälfte gab es nicht einen vielversprechenden Angriff. Nach der Pause wurde Leverkusen ein wenig energischer. Und prompt gelang den Leverkusenern der Treffer, den sie so dringend brauchten, um wieder Mut zu fassen im Kampf um einen Platz im Europapokal.“

Langsam, auch im Denken

Michael Rosentritt nimmt Jürgen Klinsmann im Tagesspiegel aus der gestern noch ausgeprägten Kritik und weist auf die Unausgewogenheit des Münchner Kaders: „Klinsmann vorzuhalten, er sei kein guter Trainer, ist simpel. Im herkömmlichen Sinne war er das noch nie, und wird es vielleicht auch nicht mehr. Das größere Problem beim FC Bayern ist das Personal. Der teure Kader ist nicht harmonisch besetzt. Der Fehler liegt zwei Jahre zurück, als man wegen eines vierten Platzes in der Liga Schaum vor dem Mund trug und nur eine Idee hatte, nämlich die, das Festgeldkonto zu erleichtern. Der FC Bayern holte Ribéry, Toni und Klose für 40 Millionen Euro. Wo aber war die Überlegung, die Balance? Das Management übersah, dass in der Defensive Qualität fehlte. Wenn es dann auch noch Gegentore hagelt wie bei der 1:5-Demütigung in Wolfsburg, landet die Kritik schnell bei Klinsmann. Entgegen der herkömmlichen Annahme hat er den Kader nicht zusammengestellt.“

Egozentrischer Trottel

Auch Christoph Biermann (Spiegel Online) lässt kein gutes Haar an den Akteuren auf dem Feld: „Viel Platz hat Klinsmann immer wieder den Egos seiner Stars eingeräumt. Aber dann erwies sich einer wie Lúcio im entscheidenden Moment als egozentrischer Trottel, weil er vor Wolfsburgs drittem und vorentscheidendem Tor in dramatischer Selbstüberschätzung nicht einmal seine Verletzung akzeptieren wollte und zum Eckball nach vorne preschte. Lukas Podolski war, obwohl dringend gebraucht, sowieso nur eine Karikatur. Und Mark van Bommel ließ wieder einmal wenige Taten sprechen, er verlagert sich längst lieber auf Worte. Doch die Demontage durch Wolfsburg vernagelte den Spielern alle Hintertürchen, denn sie war nicht tragischen Umständen geschuldet, irgendwelchen Fehlern eines unerfahrenen Trainers, sondern lag allein in der Verantwortung der Mannschaft. In München gibt es deshalb nun eher eine Spieler- als eine Trainerdiskussion.“

Ungeahnte Flexibilität

In der Stuttgarter Zeitung kommentiert Peter Stolterfoht die Einigung zwischen Markus Babbel und dem DFB in der Frage der Trainerausbildung Babbels. Neben zwei Gewinnern erkennt er auch Verlierer: „Sowohl der Verein als auch der Verband gehen als Sieger aus dieser seit Monaten währenden Hängepartie hervor. Der oft so schwerfällig agierende DFB lässt eine ungeahnte Flexibilität erkennen. Der Verband tut gut daran, wenn er sich nicht mehr nur hinter starren Richtlinien verschanzt, sondern Beschlüsse noch einmal überdenkt und gegebenenfalls korrigiert. Dagegen hat der Fall Babbel auch Verlierer. Das sind der DFB-Sportdirektor Matthias Sammer und der DFB-Chefausbilder Frank Wormuth, die sich von Anfang an gegen einen Kompromiss ausgesprochen hatten und damit einer Einigung lange im Weg standen. Zuletzt ging es im Verband nur noch darum, wie beide aus dieser Sache herauskommen, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Nun wurde die beste Lösung gefunden.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Mit Schaum vor dem Mund eingekauft”

  1. Thomas
    Mittwoch, 8. April 2009 um 11:17

    „Das Management übersah, dass in der Defensive Qualität fehlte.“

    Welche Defensivabteilung war es noch gleich die in der letzten Saison einen Gegentornegativrekord aufstellte?

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