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Bundesliga

Von sich selbst umzingelt

Frank Baade | Samstag, 18. April 2009 4 Kommentare

Ehemalige Bayernspieler bilden den Kern anderer Teams / Zachhubers Renaissance in Rostock / Kölns Klasse-Verteidiger Geromel durch studentische Datensammler entdeckt

Christof Kneer (SZ) weist auf die auch andernorts viel diskutierte Tatsache hin, dass Bayern München viele Spieler ausgebildet habe, die nun bei anderen Bundesligateams keine schlechte Rolle spielen. Sicher sei, dass der FC Bayern am Ende die Meisterschaft feiere, nur welcher FC Bayern, ob der in München, der in Hamburg oder der in Wolfsburg, das sei noch offen. Und nennt dabei die Namen von Guerrero, Trochowski, Jarolim und Jansen sowie Misimovic für Wolfsburg. Während Jansen kaum als echtes Bayern-Gewächs durchgehen darf, berichtet Kneer von einer Saison bei den Bayern-Amateuren, in der Guerrero und Misimovic gleichauf Torschützenkönige geworden seien.

Gleichzeitig liefert er aber auch die Gründe für den Weggang all dieser Spieler: Zu ihrer Zeit bei den Amateuren des FC Bayern hätten bereits fertige Spieler vom Schlage eines Jeremies, Scholls oder Lizaruzas die Plätze im Profi-Kader belegt, und diese seien vom Nachwuchs nicht zu verdrängen gewesen. Das Unken bezüglich schlechter Personalpolitik im Nachwuchsbereich sei somit unbegründet.

Gleiches Sieb für alle

Schon vor dem gestrigen neuerlichen Sieg Hansa Rostocks empfahl Peter Stützer in der Welt einen Blick auf einen ehemaligen Klassenkameraden Jürgen Klinsmanns beim Trainerlehrgang, Andreas Zachhuber, und räumt dabei gleich mit den übrigen vermeintlich großen Namen auf:

„Die Klasse von 2000. Das sind Namen, die haben einen Klang im deutschen Fußball. Jürgen Klinsmann zum Beispiel. Oder Pierre Littbarski. Matthias Sammer. Manfred Kaltz, Bernd Hölzenbein. Guido Buchwald, Stefan Reuter. Dieter Eilts. Jürgen Kohler. Durch die Bank Weltmeister und Europameister. Und Klassenkameraden. Mittendrin und damals nicht eben auffällig: Andreas Zachhuber, der sich dann beim Greifswalder SV verdingte, fünfte Liga. Mit den großen Namen hat er in Köln die Schulbank gedrückt, den Trainerschein gemacht. Nicht, dass er denen die glorreiche Vergangenheit geneidet hat, aber was die Zukunft anbelangt, da war ihm schon klar, und mittlerweile haben sie es auch kapiert: sie können sich vom Damals nichts kaufen. Das Sieb ist für alle Trainer gleich: Wer nicht punktet, fällt durch. Reihenweise ist das passiert mit der Klasse von 2000. Die meisten sind auf die Nase gefallen. Und die nächsten Stürze stehen bevor. Aber Zachhuber befindet sich plötzlich mitten im Interesse. Er wird dringend als Retter benötigt. Als Retter von Hansa Rostock und somit irgendwie auch des Ost-Fußballs.“

Den Stoiker „unbedingt verpflichten!“

Daniel Theweleit beschäftigt sich in der Stuttgarter Zeitung mit den Früchten der vom Datensammler „Sports-Lab“ gelieferten Informationen, einem Partner des 1. FC Kölns: „Christoph Daum hält inne, als er die Akte Pedro Geromel gefunden hat. Ganz oben auf der ersten Seite steht der Vermerk ‚Unbedingt verpflichten!‘. Sein Urteil im Sommer 2008: dieser Spieler macht die Mannschaft besser. Der Transfer gilt als bislang größter Erfolg des Sports-Lab. Diese Einrichtung ist Daums Erfindung: Studenten analysieren alle wichtigsten europäischen Ligen, füttern eine Datenbank und filtern jene Fußballer heraus, die interessant sein könnten für den FC. Geromel ist aufgrund seiner tollen Zweikampfbilanz und seiner Fehlerlosigkeit im Passspiel beim portugiesischen Aufsteiger Vitoria Guimaraes aufgefallen. Er kostete 2,5 Millionen Euro, ein Schnäppchen, inzwischen gilt der 23-Jährige als einer der besten Verteidiger der Liga. Zudem ist Geromel keiner dieser Spielertypen, die immer dorthin gehen, wo jemand ein paar Euro mehr bietet. Er ist ein rationaler Mensch, auch auf dem Platz. Die Stürmer bringt dieser Stil des fortwährend konzentrierten Stoikers reihenweise zur Verzweiflung. Im Hinspiel beim VfB Stuttgart war Mario Gomez chancenlos gegen die Sachlichkeit Geromels, wenn es darauf ankommt, ist er enorm schnell.“

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Kommentare

4 Kommentare zu “Von sich selbst umzingelt”

  1. Tobias (Meine Saison)
    Samstag, 18. April 2009 um 23:35

    „Zudem ist Geromel keiner dieser Spielertypen, die immer dorthin gehen, wo jemand ein paar Euro mehr bietet. Er ist ein rationaler Mensch…“

    Würde ein rationaler Mensch nicht genau dorthin gehen, wo ihm ein paar Euro mehr geboten werden?

  2. Oliver Fritsch
    Sonntag, 19. April 2009 um 14:31

    Vielleicht. Aber es kann ja durchaus rational sein, auf einen jetzigen Nutzen zu verzichten – und auf lange Frist gesehen einen größeren zu ziehen.

  3. Tobias (Meine Saison)
    Sonntag, 19. April 2009 um 19:16

    Auch wieder wahr. Das wäre dann für einen Fußballer aber wirklich äußerst ungewöhnlich.

  4. Michael
    Montag, 20. April 2009 um 10:09

    Ist es nicht das allgegenwärtige Phänomen, dass Spieler aus der eigenen Jugend zu anderen Vereinen gehen um sich zu etablieren? So wie es auch viele Schalker erst in anderen Vereinen Fuss fassen konnten. Es ist doch eher die Ausnahme als die Regel, dass sich Spieler wie Adler oder Neuer im Profikader aufsteigen und Stammspieler werden. Auch ein Philip Lahm ist über einen Umweg Stammspieler bei Bayern geworden.
    Von daher sehe ich auch keinen Grund für einen Vorwurf bei den Verantwortlichen, dass Spieler wie Trochowski oder Kroos bei anderen Vereinen spielen und man sie hat gehen lassen.

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